Seit mehr als 100 Jahren werden genaue Aufzeichnungen über das Vorkommen sowie die Hauptflugjahre des Maikäfers in Österreich geführt. Einst wurden die Daten mit der Unterstützung von LehrerInnen erhoben, die über die Sichtung von Maikäfern Bericht erstatteten, heute funktioniert die Meldung online über ein Formular der AGES (Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit).
Wo Kinder einst ganze Kübel voll brummender Käfer gesammelt haben, da hat der Marienkäfer dem Maikäfer heute längst den Rang als beliebter Protagonist in Kinderliedern abgelaufen. In Frankreich und Deutschland wurden Maikäfer bis Mitte des 20. Jahrhunderts an die Hühner verfüttert und sogar von den Menschen selbst verspeist: kandiert oder in der Suppe. Das hat sich längst geändert, den LandwirtInnen und GärtnerInnen treiben die erwachsenen Käfer und ihre Larven (Engerlinge) jedoch weiterhin Sorgenfalten auf die Stirn.
Obwohl der Maikäfer in Österreich eine Zeit lang stark zurückgedrängt wurde, habe man seit Jahren – etwa seit den 90ern und 2000ern – mit einer ständigen Populationssteigerung des Maikäfers zu kämpfen, sagt Hermann Strasser, Professor am Institut für Mikrobiologie der Universität Innsbruck und Leiter des BIPESCO Team Innsbruck. Dass die Zahl der Maikäfer in starken Flugjahren dennoch nicht mehr an die der 50er-Jahre herankommt, hat laut Strasser auch mit der erfolgreichen Bekämpfung des Schädlings zu tun.
Sogenannte Hauptflugjahre des Maikäfers finden alle drei bis vier Jahre statt, dann fliegen die frisch geschlüpften Käfer einer ganzen Population aus, um sich zu paaren. Die Weibchen legen kurze Zeit später ihre Eier in bis zu 30 Zentimetern Tiefe im Erdreich ab, wo die Larven zwischen drei und vier Jahre verbringen, bis sie in einem erneuten Hauptflugjahr ebenfalls ausschwärmen. Dabei fressen die liebestollen Käfer mitunter einiges kahl. Äcker, Wälder und Gärten sind betroffen. Das größere Problem stellen heutzutage aber die Larven im Erdreich dar, welche sich von Pflanzenwurzeln ernähren und die Pflanzen auf diese Weise töten.
Laut Strasser sind die Schäden für die Pflanzen trotz einer geringeren Zahl an Maikäfern weiterhin groß. „Zunehmende Trockenheit sowie weniger Niederschlag führen dazu, dass weniger Schädlinge trotzdem den gleichen Schaden anrichten.“
Das betrifft nicht nur die Felder der österreichischen Landwirtschaft, die in der Folge mit Ernteausfällen zu rechnen haben, sondern vor allem Baumschulen: Hier stellt bereits ein Engerling pro Quadratmeter ein Problem dar. Betroffen sind aber auch private Gärten und Beete, in deren Erde sich mitunter dutzende der weißen Käferlarven tummeln. Es finden sich deshalb eine Vielzahl an Hausmittelchen, die gegen die Engerlinge helfen sollen.
Diese reichen von eher ungewöhnlichen Methoden wie dem Aussetzen von Fadenwürmern, dem Vergraben eines mit Pferdemist oder Kompost gefüllten Kübels oder der Pflanzung von Knoblauch, Rittersporn oder Geranien, deren Wurzeln für die Engerlinge giftig sind, bis hin zu Praktiken, derer sich auch Landwirte bedienen und welche auch die AGES empfiehlt.
Käfernetze, welche über die zu schützenden Pflanzen gespannt werden, verhindern, dass weibliche Maikäfer ihre Eier ablegen beziehungsweise dass junge Maikäfer zur Paarung ausfliegen. Das Umgraben des Erdreichs entfernt einen Teil der Engerlinge, erfüllt seinen Zweck aber nur bevor sich die Larven für den Winter in tiefere Erdschichten zurückziehen.
Schließlich gibt es auch Pflanzenschutzmittel, die gegen Engerlinge helfen. Das Mittel NeemAzal-T/S ist in Österreich zwar vom Bundesamt für Ernährungssicherheit zugelassen, kann aber Gewässer gefährden und ist auch für andere Insekten und Nützlinge schädlich.
Eine biologische und umweltfreundlichere Alternative zu NeemAzal-T/S stellt die sogenannte Melocont Pilzgerste dar, welche von Professor Hermann Strasser entwickelt wurde. Es handelt sich dabei um einen natürlich vorkommenden Pilz (BEAUVERIA), der mithilfe eines Trägers – in diesem Fall das Gerstenkorn – und einer speziellen Maschine im Erdreich verteilt wird. Der Pilz befällt die Engerlinge und tötet diese innerhalb weniger Tage, wird dabei aber ausschließlich den Maikäferlarven gefährlich, Regenwürmern schadet der Pilz beispielsweise nicht.
Die Pilzgerste wird in Österreich schon seit 20 Jahren erfolgreich zur Schädlingsbekämpfung eingesetzt, vor allem in Tirol und Südtirol greift man schon seit vielen Jahren auf diese Methode zurück. Erlaubt ist der Einsatz aktuell in sieben der neun österreichischen Bundesländer, in Wien und im Burgenland ist die Melocont Pilzgerste laut Pflanzenschutzmittelregister nicht genehmigt.
Obwohl die Pilzgerste als sicher gilt und prinzipiell auch in Privatgärten eingesetzt werden kann, ist der Einsatz momentan nur mit einer behördlichen Bewilligung erlaubt. „Die Pilzgerste ist nur aufgrund der sogenannten Notfallzulassung zugelassen, darf also nur eingesetzt werden, wenn Gefahr in Verzug ist“, sagt Strasser. Auf landwirtschaftliche Anbaugebiete treffe das zu, da die Wirte hier vom Anbau ihrer Produkte abhängig sind, auf Privatgärten jedoch nicht.
Der Maikäfer ist aber nicht nur ein Schädling, er stellt auch eine wichtige Futterquelle für Tiere dar, die in der Nahrungskette über ihm stehen. Bei Vögeln und kleinen Räubern wie Maulwürfen oder Spitzmäusen steht schon mal Maikäfer auf dem Speiseplan.
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