Was wäre ein DOLOMITENSTADT-Winterheft ohne Krampusse? Seit vielen Wintern beschreiben wir diesen nachweislich in Osttirol geborenen oder zumindest zur Hochblüte entwickelten Brauch, einmal historisch, einmal psychologisch, mit Bildern voll archaischer Wucht, die zeigen, wie die imposanten Pelzträger in den Nächten vor dem Nikolaustag durch die heimischen Dörfer und die Lienzer Innenstadt stürmen. Krampusfans finden ältere Magazinartikel hier. Dazu gibt es eine eigene „Krampus-Playlist“ auf unserem YouTube-Channel. Sie wird millionenfach aufgerufen.
In diesem Jahr nähern wir uns dem Thema aber aus einem neuen Blickwinkel. Stefanie Wurnitsch begab sich mit ihrer Kamera auf visuelle Spurensuche. Sie stammt aus Virgen, studiert an der „Angewandten“ in Wien und bat die Akteure dieses alten Schauspiels einzeln vor den Vorhang, ganz ohne Rauferei und Adrenalinkick auf nächtlichen Dorfplätzen. So arbeitet die junge Fotografin heraus, was in den rauen Nächten oft vor lauter Wirbel nicht zu sehen ist: die Persönlichkeit der einzelnen Gestalten und die Schönheit des Schaurigen.
Steffi gibt den wilden Kerlen einen neutralen Raum und uns die Zeit, genau hinzuschauen. Kurt Glänzer aus Lienz schnitzte die abgebildeten Masken. Er ist einer der profiliertesten Larvenschnitzer Osttirols, Obmann des Lienzer Vereins Nikramo und Mitherausgeber des Buches „Entlarvt“. Dessen Titel ist Programm. Der schön gemachte Band, der 2011 erschien, schildert ohne sentimentale Brauchtumsverklärung die Entstehung und die Entwicklung der Osttiroler Krampus- und Klaubauf-Kultur, die seit jeher die Gemüter erhitzt.
Aus dem „Perchtenspringen“, das schon Ende des 17. Jahrhunderts urkundlich erwähnt wird, und den rund hundert Jahre später auftauchenden „Nikolausspielen“ entwickelte sich der heute bekannte Brauch, der von Dorf zu Dorf variiert. Das Spektakel, heute auf Markt- und Sportplätzen zelebriert, fand lange Zeit vorwiegend in den Bauernhäusern statt. Die wilde Gesellschaft zog in alten Zeiten von Hof zu Hof, in einer festgelegten Dramaturgie. Mancherorts kündigten ein „Vorläufer“ und oft ein Spielmann den herannahenden Zug mit Nikolaus, Krampussen und weiteren Figuren an, darunter fast immer Lotter und Litterin, vulgo Narr und Närrin, arm wirkende Gestalten, die Gaben absammelten, wie bei anderen „Heischebräuchen“ auch. Heute dominieren bei Schauläufen die Krampusse selbst und ihr ritualisierter Kampf gegen wagemutige junge Herausforderer, die sich in das Innere der abgesperrten Arena wagen. Damals waren die anderen Akteure genauso wichtig.
Schnitzer Kurt Glänzer holt bei den Läufen der rund 300-köpfigen Nikramo-Krampusgruppe einige der Figuren aus den „Nikolausspielen“ des 18. Jahrhunderts wieder auf die Bühne, lässt sie den wilden Zug begleiten und für DOLOMITENSTADT auch vor der Kamera von Steffi Wurnitsch posieren. Dabei wird neben historischer Charaktervielfalt noch etwas sichtbar. Die Fotografin, die im kreativen Alltag auch Mode ablichtet, zeigt uns die herausragende Qualität heutiger Krampus-Outfits, die keinen Vergleich mit den Urvätern zu scheuen braucht. Im Gegenteil. Es ist noch keine hundert Jahre her, da reichten alte Fetzen als Krampusbekleidung und manches Gesicht war auch nur mit Lumpen verhüllt.
Die Krampusse unserer Tage – das zeigt Steffis Bildstrecke eindrucksvoll – sind kunstvoll ausgestattete Ikonen eines Kults, der selbst in der Zeit animierter Fantasy-Monster nichts von seinem „Thrill“ eingebüßt hat. Wer einem dieser Gesellen Auge in Auge gegenübersteht, kann sich dem schaurig schönen Schrecken nicht entziehen. Und so wird es noch lange bleiben.
Stefanie Wurnitsch
Jahrgang 1994, stammt aus Virgen in Osttirol. Sie besuchte nach der Matura zunächst die Universität für Bodenkultur, sattelte aber um in das kreative Fach und absolvierte das Kolleg für Fotografie und audiovisuelle Medien an der Grafischen in Wien. Seit 2015 studiert Steffi in der „Klasse für Ideen“ an der Universität für angewandte Kunst. Die „Angewandte“ gilt als Kaderschmiede vor allem für die Werbe- und Kreativbranche. Steffis Liebe gilt nach wie vor der Fotografie, nicht nur mit digitalen Kameras, sondern auch mit der guten alten Analog-Methode.
Kurt Glänzer sen.
Kurt Glänzer ist gelernter Maschinenschlosser und einer der wirklich „Krampuskundigen“ in Osttirol. Er ist nicht nur Schnitzer, sondern auch Mitbegründer des größten Krampusvereins, Nikramo, der rund 300 Maskenträger auf die Straße bringt. Glänzer, der das Larvenschnitzen von seinem Vater lernte, hat sich viel mit der Tradition des in Osttirol wurzelnden Brauchs beschäftigt und ist Mitherausgeber des Buchs „Entlarvt“, das zu den besten Quellen für Krampusfans zählt.
2 Postings
es is zumindest is oanzige mol, dass manda a dirndl anziagn
Mit anderen Worten "Alpen-Transen"
Sie müssen angemeldet sein, um ein Posting zu verfassen.
Anmelden oder Registrieren