Chrissi Gwiggner in ihrem Element. Foto: Flo Taibon Photography.

Chrissi Gwiggner in ihrem Element. Foto: Flo Taibon Photography.

„Noch einmal den Wind im Haar spüren!“
„Noch einmal den Wind im Haar spüren!“
Chrissi Gwiggner erzählt von ihrem Engagement bei der Schneeschmelzgaudi, einem etwas anderen Tiroler Charity-Event.

Es war im November 2017, ein paar Mitglieder des „Snow Clans“, einem Verein zur Förderung des Behindertenschilaufs, hatten eine Idee: ein Schitag, der Spaß machen und Geld für Familien in Not einbringen solle. Schon im März darauf wurde die Idee umgesetzt. Mehrere hundert Personen kamen, 101 Personen machten bei dem Schirennen mit. Sie war die 101. Teilnehmerin.

Am Sonntag, 10. März 2019, findet das Rennen wieder statt. Mitmachen kann alt und jung und egal ob auf zwei Schiern oder auf Monoski. Es geht weniger ums Gewinnen, als um das Miteinander und um den Spaß, wie sie nicht müde wird zu betonen. Sie, das ist Chrissi Gwiggner. Wenn sie von der „Schneeschmelzgaudi“ schwärmt, glaubt man ihr gerne, dass es dabei auch darum geht, „Vorurteile schmelzen zu lassen, für Integration und Inklusion“, sagt sie.

Chrissi Gwiggner will Vorurteile schmelzen lassen, für Integration und Inklusion. Foto: Privat

Damit ist es für Chrissi Gwiggner nicht getan, denn das ist nur eine ihrer Tätigkeiten neben ihrem Job an der Bezirkshauptmannschaft Lienz. Aufgewachsen ist Chrissi Gwiggner in einem bekannten Tourismusbetrieb in Matrei. In der Gemeinde lebt sie nach einigen Jahren in Innsbruck heute wieder – wenn sie nicht gerade unterwegs ist, denn das ist sie oft, um sich für den Behindertensport zu engagieren, um Menschen zu treffen oder ihre Schwester in Spanien zu besuchen. Letztens hat sie die Ausbildung zum Behinderten-Ski-Instruktor gemacht, so nebenbei.

Nur die Stille mag sie nicht

„Mir macht es mehr Spaß, den Leuten etwas zu zeigen, als selbst Rennen zu fahren, denn man kann im Rollstuhl eigentlich alles machen, außer Stiegen steigen.“ Chrissi ist eine begeisterte E-Bikerin, denn „du bist dann einfach mittendrin. Da stellt sich nicht die Frage, können wir das mit der Chrissi machen, sondern hat sie Lust oder nicht?“

Dass sie all diese Tätigkeiten glücklich machen, sieht man ihr an, doch nicht immer ist dieses Tun fröhlich. Da war einmal ein Mädchen mit einem Tumor. Die Gruppe ermöglichte es ihr, noch einmal einen Schitag mit ihrer Familie zu erleben. „Noch einmal den Wind spüren“, sagt Chrissi Gwiggner, das sei ganz wichtig. Deshalb engagiere sie sich gerne.

Das Fest nach dem Schirennen am 10. März nennt sie Charity-Afterparty, doch klassische Charity ist das nicht, denn es geht um viel mehr als um die Überweisung von Geld. Personen, die Hilfe brauchen, werden ausgewählt, kontaktiert und dann wird gemeinsam mit ihnen überlegt, wie man am besten helfen kann.

Die „Schneeschmelzgaudi“ ist ein lustiges Event mit ernstem Hintergrund.
Chrissy und ihr „Snow Clan“, ein sozial engagierter Verein.

Das sind die Dinge, die uns ausmachen

Letztes Jahr hörte sie vom Schicksalsschlag einer Osttiroler Familie. „Da habe ich einfach angerufen und gesagt: Hallo, ich bin die Chrissi von der Schneeschmelzgaudi.“ Gemeinsam mit einem Kollegen fuhr sie hin. „Es war so still im Auto. Wir haben beide nicht gewusst, was auf uns zukommt. Das war sicher für alle eine schwierige Situation, auch für die Familie.“ Sie wurden freundlich empfangen und nun ging es darum herauszufinden, wie sie helfen könnten; ob jemand zum Mähen organisiert werden oder ob sie selbst kommen sollten. Es stellte sich heraus, dass bereits viele Nachbarn halfen. „Daraufhin haben wir beschlossen, wir machen eine Art Erntefeier und bedanken uns so bei den Helfern. Wir reden heute noch davon, denn unsere zehn Nordtiroler Männer kamen mit einem LKW voller Essen, Griller und sogar Dekoration.“ Chrissi erinnert sich noch an eine alte Frau, die sich bei ihr bedankte: „Heute habe ich das erste Mal seit zehn Jahren wieder getanzt.“ Chrissi wird kurz still und meint dann: „Das sind genau die Dinge, die uns ausmachen.“

Heuer möchten sie zurückkommen, denn generell bleiben sie in Kontakt mit den Betroffenen. Um diese Menschlichkeit geht es und „das Alter ist total egal. Wir sind eine Familie.“ Das durfte auch eine Frau im Rollstuhl erleben, die stets drei Jahre spart, um dann für drei Tage mit ihrer Betreuung an den Gardasee fahren zu können. Heuer wird sie dank der Schneeschmelzgaudi ein paar Tage mit ihrer Betreuerin verreisen, das Meer sehen und zudem noch eine medizinische Behandlung bekommen. Die Sprachnachricht mit ihren Dankesworten trägt Chrissi mit sich und hat Tränen in den Augen, als sie sie vorspielt.

Vielleicht gelingt es nächstes Jahr, das Fest nach Osttirol zu bringen.

Die Osttiroler geben besonders viel

Letztes Jahr wurden 17.353 Euro an Menschen in Notsituationen verteilt. Ohne Sponsoren wäre all das nicht möglich, und anscheinend sind die Osttiroler Unternehmen besonders freigiebig. „Da sind auch die Nordtiroler begeistert, wieviel die Osttiroler geben“, sagt sie, Isel Gin, Felbertauern, Tourismusverband und viele mehr helfen mit. „Ohne unsere Sponsoren ginge gar nichts“, sagt sie, aber auch die Freunde der Vereinsmitglieder helfen beim Fest mit, sonst ließe es sich nicht machen.

Diesmal findet die Schneeschmelzgaudi im Nordtiroler Rinn statt, aber vielleicht gelingt es ja schon nächstes Jahr, das Fest nach Osttirol zu bringen. Wer die Anreise diesmal nicht schafft, kann das Projekt auch mit dem Kauf von Merchandisingartikeln unterstützen, doch das sagt Chrissi nur noch so nebenbei, denn sie ist schon wieder beschäftigt mit dem nächsten Projekt: ihre Nichten besuchen. „Allein bin ich nie. Das mag ich nicht. Vielleicht hat das auch mit dem Gasthauskind zu tun. Es waren immer Leute da.“ Eine Art Familienfest bleibt auch die Schneeschmelzgaudi, auch wenn sie noch hinzufügt: „Aber natürlich ist es schon schön, wenn sehr viele kommen.“

Credits
  • Autorin: Daniela Ingruber
  • Fotografie: Flo Taibon Photography.

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