Magdalena Pircher kommt Ihnen bekannt vor? Der Grund ist vermutlich ihr musikalisches Talent und zahlreiche Auftritte auch im Bezirk Osttirol. Die 23-jährige Lienzerin startet im Herbst ins elfte von zwölf Semestern des Fagottstudiums in Wien. Bis Februar 2020 ist sie bei den Münchner Philharmonikern als Akademistin angestellt. Mit ihrer Schwester und ihrer Cousine umrahmt sie als Trio „Schobertöne“ vorwiegend kirchliche Anlässe. Dabei steht sie entweder am Mikrofon oder sitzt am Klavier.
Es ist aber nicht die Musik, die bei diesem Interview im Vordergrund steht. Magdalena hat noch eine zweite Leidenschaft, die vielen wahrscheinlich weniger bekannt ist. Oder wussten Sie, dass sie am 10. Juni die erste Kleidertauschparty im Bezirk veranstaltet hat? Wer sich jetzt fragt, was eine Kleidertauschparty ist und welche interessanten Geschichten es noch so von der jungen Frau zu hören gibt, der bleibe dran.
Im Jahr 2019 hat sich die Studentin das große Ziel gesetzt, nichts Materielles zu kaufen. Bis jetzt ist ihr das auch tadellos gelungen. Ihr Mülleimer in München hat sich innerhalb von sieben Monaten nur zu drei Vierteln gefüllt. In ihren tristen Kleiderkasten, bestehend aus Grau, Braun und Schwarz, wollte sie, ihrem so fröhlichen Charakter entsprechend, etwas Farbe hineinbringen. Doch wie stellt man das an, wenn man auf den Kauf von Konsumgütern verzichten will?
Dem Trend zu folgen steht bei Magdalena nicht im Vordergrund. Wichtiger ist für sie, dass sie sich in ihrer Kleidung wohlfühlt und dass weder Umwelt noch Menschen unter ihrem Konsumverhalten leiden. So kam ihr die Idee, eine Kleidertauschparty in Lienz zu veranstalten. In Großstädten wie Wien und München gibt es solche Verstaltungen bereits, in Lienz wurde erstmals am Pfingstmontag im Jugendheim St. Andrä Kleidung ausgetauscht. Was übrig blieb, erhielt der Sozialverein s’Gwandtl.
„Für mich hat es einfach einen viel höheren Wert, wenn ich weiß, dass ein Produkt von hier ist!"
Magdalena Pircher lebt generell ein konsequent nachhaltiges Leben. Angefangen hat alles in der Fastenzeit 2018. Damals verzichtete die Studentin nicht auf Süßigkeiten, sondern auf Plastik. Darauf folgten erste Besuche in Unverpackt-Läden, die sie bis dahin aufgrund des Preises eher abgeschreckt hatten. Seitdem gibt es für Magdalena nur in Notfällen die Alternative eines Supermarktbesuchs. Das Besondere an einem Unverpackt-Laden ist, dass man hier eigene Behälter mitnimmt, die man dann mit den Einkäufen füllt. Man wird hier nicht mit einem Zuviel an Produkten überfordert, sondern es gibt einfach weniger Auswahl, dafür aber alles was man braucht mit der Garantie einer fairen Herstellung.
„Somit kauft man eigentlich nur das ein, was man wirklich benötigt. Außerdem denkt man vorher schon viel bewusster nach, was man eigentlich kaufen will!“, so Magdalena. In Osttirol, wo es keine Unverpackt-Läden gibt, geht Magdalena direkt zu örtlichen Bauern, um heimische und saisonale Produkte zu kaufen. Und auch dorthin nimmt sie ihre eigenen Gefäße mit und bittet um eine unverpackte Übergabe. „Für mich hat es einfach einen viel höheren Wert, wenn ich weiß, dass ein Produkt von hier ist und nicht von weit her angeliefert werden muss“, so die Studentin.
Im März diesen Jahres hat Magdalena neben dem Musikstudium einen einjährigen Fernlehrgang in Natur- und Umweltpädagogik begonnen. Ihren Willen und Ehrgeiz bei der Umsetzung eines nachhaltigen Lebensstils sieht man auch, wenn man sich ihre Geburtstags-Wunschliste anschaut. Denn anstatt einem neuen Handy, einem Laptop oder Kleidung wünschte sich Magdalena, die Anfang Juli ihren 23. Geburtstag feierte, lieber etwas, was der Umwelt guttut. Mit dabei waren ein Kleidersack für die Waschmaschine, der verhindert, dass Mikrofasern aus der Kleidung ins Abwasser treten, eine auffüllbare Wimperntusche aus Bambus und ein Edelstahltrinkbecher!
„Ich verwende so gut wie keine Einwegprodukte, versuche frisch zu kochen und wenn ich essen gehe, habe ich immer meine Thermobox dabei."
Ansonsten versucht sie, im Alltag viel mit dem Rad zu fahren oder nimmt auch gerne mal einen längeren Fußweg in Kauf, um auf’s Auto zu verzichten. Nicht so einfach zu vereinbaren ist das mit ihrer Ausbildung. Denn Konzertreisen mit dem Orchester gehören einfach dazu. Doch auch hier hat Magdalena eine Lösung, wie sie damit umgeht. So nimmt sie, sofern es der Terminplan erlaubt, bei der Rückreise den Zug anstatt mit den anderen zurückzufliegen und baut Zwischenstopps ein, um sich Städte anzusehen. Führt kein Weg daran vorbei, das Flugzeug zu nehmen, so versucht sie zumindest plastikfrei zu reisen. Das hat erstaunliche Konsequenzen. So verzichtet Magdalena beispielsweise auf das Flugzeugessen oder lässt sich das Getränk in ihre Trinkflasche füllen, anstatt einen Plastikbecher anzunehmen. Und auch sonst finden Einwegprodukte bei der Studentin keinen Platz. Vielmehr bevorzugt sie Alternativen, die bei der Anschaffung vielleicht etwas teurer sind, dafür aber möglicherweise sogar ein Leben lang halten. So verwendet sie eine Trinkflasche aus Edelstahl an der Stelle von Plastikflaschen, hat immer ihr eigenes Besteck dabei wenn sie unterwegs ist, benutzt gebrauchte Briefkuverts als Notizzettel oder bastelt aus fehlgedrucktem Papier Notizblöcke.
Bei der Frage, wie ihr Leben vor dem Sinneswandel ausgeschaut hat, lacht Magdalena. Denn man kann es glauben oder nicht – ihr Leben vor dem vergangenen Jahr war ein komplett anderes. Schnäppchenjagd war die Devise und das Ergebnis stapelte sich in ihrem Zimmer. „Brauche ich das alles?“ Diese Frage stellte sich immer öfter. „Es hat Tage gegeben, wo ich die am Vortag gekaufte Kleidung am nächsten Morgen wieder zurückgebracht habe“, so Magdalena.
Immer schon ökologisch waren die Bastelutensilien, mit denen die Studentin eine weitere kreative Seite auslebt und beispielsweise mit ihrem Bruder ein Insektenhotel für die Eltern bastelte. „Das haben wir ihnen dann zu Weihnachten geschenkt!“, berichtet Magdalena. Als sie im letzten Jahr aus ihrer Wohnung in Wien auszog, wurde ihr das erste Mal so richtig bewusst, wie viele Sachen sie eigentlich besitzt, die sie nie verwendet. Auch das hat zum Umdenken geführt.
Inspiration holt sich Magdalena aus Büchern – Second Hand natürlich –, Podcasts oder von Personen, die diesen Lebensstil in einer ähnlichen Weise leben. Diese erreichte sie über Social Media, welches sie mittlerweile aber eher ablehnt. So verzichtet sie momentan auf Apps wie WhatsApp, Instagram oder Facebook, um Zeit für Wichtigeres im Leben zu haben. Allerdings hat sie sich auch das Ein oder Andere von ihrem Bruder abgeschaut, der ebenfalls sehr bedacht lebt und sie damals zum ersten Mal in einen Bioladen begleitet hat. Zu ihrer Lebensweise bekommt sie durchaus positive Rückmeldungen. So nimmt die Studentin, wenn sie in einem Restaurant isst, immer eine Brotbox mit, wo sie das Übriggebliebene reingibt. „Einmal war ein Kellner so begeistert davon, dass er mir und meinen Freundinnen ein Getränk spendiert hat“, erzählt sie.
Auf die Frage, ob der Fokus ihrer beruflichen Zukunft auf der Musik bleibt, oder ob sie auch ihrer Vorliebe zur Nachhaltigkeit beruflich nachgehen möchte, antwortet Magdalena: „Der Fokus bleibt auf alle Fälle auf der Musik. Nebenbei will ich aber auf jeden Fall auch etwas in Bezug auf Nachhaltigkeit machen. Beides zusammen ist nämlich das, was mich interessiert und bewegt.“ So kann sie sich vorstellen, in Zukunft nicht nur mit ihrem Fagott auf der Bühne zu stehen, sondern vielleicht auch mit einem Mikrofon, um ihre Botschaft zu verbreiten. Denkbar wäre für sie auch, andere Personen in Seminaren oder durch Präsentationen mit ihrer Passion anzustecken.
Und auch an der Organisation von Kleidertauschpartys in Lienz möchte die Studentin festhalten. So soll es auf jeden Fall weitere geben – wann ist noch nicht sicher, vielleicht aber schon im Oktober.
2 Postings
Alle Achtung! Sensationell! Absolutes Vorbild! Weiter so...und hoffentlich noch viele viele weitere Menschen die dir folgen! Hut ab vor Menschen wie dir und ein riesiges DANKE!
Super Magdalena!!! Mach weiter so!!!
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