"Vater" lautet der Titel der Erzählung Salchers, die nun auf der Bühne der Tiroler Volksschauspiele aufgeführt wird.

"Vater" lautet der Titel der Erzählung Salchers, die nun auf der Bühne der Tiroler Volksschauspiele aufgeführt wird.

"Ein kurzes langes Leben"
"Ein kurzes langes Leben"
Hans Salcher philosophiert über das Leben und erzählt aus seinem autobiografischen Werk "Vater", das nun von den Tiroler Volksschauspielen auf der Bühne zum Leben erweckt wird.

„Der Nachmittag ließ die Sonne hinter die Berge fallen und meine dünnen kleinen Füße sprangen in großen Schuhen zum Vater. Große Hände fingen meine fünf Finger, im Kreis tanzte ich um ihn und immer wieder und immer schneller stolperte ich vor seine großen Füße. Ich sah zu ihm auf, als wäre er ein neuer Berg, der vor mir stand.“

Literatur mag nicht das erste sein, an das man denkt, wenn man den Namen Hans Salcher hört. Und doch scheint auch das Geschriebene unverkennbar aus seiner Feder zu stammen, gleicht es doch seinen minimalistischen und mit dem Allernotwendigsten auskommenden Bildern. Wenn man den Text liest, erscheinen selbst die Bilder, die im Kopf entstehen, in Salchers Grundfarben schwarz, rot, gelb und blau gehalten zu sein.

Hans Salcher mit seinen unverkennbaren Bildern in seinem Lienzer Atelier.

In diesen Farben empfängt er mich auch in seinem Atelier in der Lienzer Altstadt. Es wuselt gerade in seinem Kunstkämmerchen, Salcher malt, ein Herr möchte ein Bild kaufen, seine Schneiderin hat ihm ein neues Hemd vorbeigebracht – in blau, rot und gelb natürlich.

Nicht irgendein Hemd, sondern das Hemd, das Salcher bei den Tiroler Volksschauspielen am kommenden Wochenende tragen wird, wo seine Erzählung „Der Vater“, dramaturgisch umgesetzt von Ekkehard Schönwiese, erstmals auf der Bühne aufgeführt wird. Es ist nicht das erste seiner Werke, das als Theaterstück zum Leben erweckt wird. Im Jahr 2009 wurde „Himmelblau“ in Dölsach aufgeführt, im selben Jahr auch „Der Selbstmörder Franz“ im Westbahntheater in Innsbruck.

„Kunst ist ja heute alles mögliche.“
Hans Salcher

„Ich schreibe ja schon seit etwa 40 Jahren, auch ‚Vater‘ hab‘  ich schon vor längerer Zeit geschrieben“, so Salcher, „Schreiben ist ja genauso eine Bildsprache wie das Malen“. Ob er das eine oder das andere lieber mache? „Da könnte ich mich nicht entscheiden“, schmunzelt der Künstler, der eigentlich nur ungern als ein solcher und lieber als Handwerker bezeichnet werden möchte, denn: „Kunst ist ja heute alles mögliche.“

In der Erzählung „Vater“ verarbeitet der gebürtige Bannberger seine eigene Kindheit und sein Verhältnis zu seinem Vater. „Alle meine Werke beruhen auf wahren Begebenheiten“, so Salcher, „Ich glaube auch nicht, dass irgendwer eine reine Fantasiegeschichte verfassen kann, irgendein Teil des Autors ist immer dabei.“

Salcher liest aus seiner autobiografischen Erzählung "Vater".

Aus der naiven Sicht eines Kindes, das den Vater bewundert, beschreibt Salcher das Leben auf einem Bergbauernhof in einem kleinen Dorf, alte Gebräuche bei einem Todesfall und die Lasten der Nachkriegszeit. Der Vater hatte lange im Krieg gedient, er trägt die Kälte der Front immer in sich und friert ständig, seine Stimme hatte er im Krieg gelassen. Die Mutter leiht im die ihrige:

„[…] Er hat auch dich marschieren gesehen im knietiefen Schnee, er hat die Schüsse gehört, die Toten fallen gesehen und dich, wie du frierend und zitternd an die Heimat gedacht hast. Spürst du die Wärme von dem verbrannten Mantel? Wärm dich am Ofen, du brauchst die Wärme jetzt noch viel mehr, damit wir mit dir leben können!“

Die Kälte des Krieges spiegeln auch die anderen Dorfbewohner wider, sie haben kein Verständnis für die Eigenheiten des Heimkehrers und meiden den Hof der Familie.

Ohne Worte, dafür mit viel Feinheit und Geschick gelingt es dem Vater in der Erzählung schlussendlich doch, die Menschen im Dorf zum Guten zu bekehren.

„Ich glaube, dass ich ein Stück vom Krieg in mir mittrage“, so Salcher. Sein Vater hatte sechs Jahre lang im Krieg gedient. „Er war ein guter Mensch. Und betonte, dass Frieden immer das Wichtigste sei. Angefangen in der eigenen Familie.“

Auf der Bühne wird die Erzählung ein wenig anders umgesetzt: Der Sohn des Vaters ist der Maler Till, Sepp und Kaspar sind seine Kumpel. Da Till bei seiner Vernissage mit dem Titel „Vater“ nicht erscheint, rätseln sie, was die Ursache seiner Abwesenheit sein könnte. Ist er gesundheitlich gefährdet? Wird er bedroht? Sie beginnen für die Gäste Geschichten aus dem Leben des Malers Till zu erzählen, schlüpfen dabei in unterschiedliche Rollen und erzählen auf diese Weise die Begebenheiten aus dem Werk Salchers.

Doch nicht nur in der dramaturgischen Umsetzung der Erzählung gibt es eine Ausstellung, auch im Rahmen der Tiroler Volksschauspiele wird Hans Salcher einige seiner Werke in der Villa Schindler in Telfs ausstellen – Schrift und Bild sind eben untrennbar miteinander verbunden.

Ob man sich in Zukunft mehr vom einen oder vom andern von Salcher erwarten kann? „Das weiß ich nicht“, lacht er, „ein kurzes langes Leben wünsche ich mir“.

Bei Salcher verschwimmen die Grenzen zwischen Schrift und Bild: "Beides ist eine Form der Sprache."

Gerade als ich meine Kamera und das Notizbuch wieder einpacke, kommen Tochter und Enkelsohn von Hans Salcher in sein kleines Atelier – er ist eben nicht nur Sohn, sondern auch selbst Vater und Großvater.

Infos zu den Tiroler Volksschauspielen

Die Premiere von „Vater“ wird am Samstag, 17. Juli, in der Villa Schindler in Telfs stattfinden, von da an wird das Stück an jedem Tag bis zum 24. Juli gespielt. Tickets kann man auf der Webseite der Tiroler Volksschauspiele erwerben.

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