Motiv aus „Toubab im Senegal“ von Patrick Bonato.

Motiv aus „Toubab im Senegal“ von Patrick Bonato.

Ein Comic in der Galerie
Ein Comic in der Galerie
Zwischen Literatur und Kunst: Patrick Bonatos Graphic Novel „Toubab im Senegal“ findet ihren Platz in zeitgenössischen Galerien.

„Comics hatten und haben auch ihren festen Platz in meinem Elternhaus, nämlich auf der Toilette, und sie gehörten zu meinem ersten ‚Lesestoff‘, noch bevor ich die Texte tatsächlich lesen konnte“, erzählt Patrick Bonato in einem Interview für den Katalog einer Ausstellung, die derzeit im Lienzer RLB-Atelier zu sehen ist.

Den 1983 in Innsbruck geborenen Comiczeichner verschlug es vor ein paar Jahren in den Senegal, wo er im Rahmen einer Artist-Residency sein erstes Comicbuch entwickelte. Zuvor studierte er Graphic Design an der Universität für angewandte Kunst Wien und Illustration in Luzern. Eine gezielte Ausbildung zum Comiczeichner gibt es in Österreich nicht – allgemein genießen Comics hierzulande keinen großen Stellenwert und werden von der Kunstwelt oft wenig ernst genommen. Daher ist es vielleicht auch ungewöhnlich, dass Bonatos Graphic Novel im zeitgenössischen RLB Atelier ausgestellt ist.

Präsentiert werden dort aber nicht die einzelnen Seiten des Comicbuchs, sondern vor allem der Prozess seiner Entstehung. „Das Buch kann ja gut für sich alleine stehen. Im Ausstellungskontext muss da noch mehr passieren. Da ist es spannend, etwas zu zeigen, das über das Buch hinaus geht. Die Entstehungsgeschichte eines Comics ist etwas, das man sonst eher selten zu sehen bekommt“, findet Bonato. Außerdem gehe es nicht nur um die Materialien, die gezeigt werden, sondern auch darum, mit dem Raum zu arbeiten.

Auf einer der Ausstellungswände sind zahlreiche Zettel im A3- und A4-Format angebracht. Sie zeigen das gesamte Storyboard des Comics, handgezeichnet. „Im Laufe der fünf Jahre, in denen das Buch entstanden ist, war es ein ziemliches Hin und Her – ein ständiges Verwerfen, Umstellen und Neu-Machen der Geschichte – und das ist am Storyboard ganz gut zu sehen“, sagt Bonato.

Das RLB-Atelier bietet auch einen Einblick in die Arbeitsweise des Künstlers.
Patrick Bonato bemalte eigens für die Ausstellung eine Wand der Galerie.

Zusätzlich finden sich dort die Skizzenbücher aus seinem Aufenthalt in Senegal und erste Comiczeichnungen in Farbe, die vor Ort entstanden sind. Neu angefertigt wurden eigene Kunstdrucke ausgewählter Comicbilder: „Es ging mir darum, zu schauen, wie die einzelnen Bilder für sich allein stehen, ohne Text. Dass sie auch mal als Bilder wahrgenommen werden, weil man im Comic-Lesefluss oft nur schnell über die Zeichnungen drüber schaut“.

Die aktuelle Ausstellung mit dem Untertitel „Making of a Graphic Novel“ erlaubt einen Blick in die Arbeitsweise des Künstlers selbst. Zugleich wird aber auch die Geschichte von „Toubab im Senegal“ ausgestellt, in der Bonato mit geistreichem Witz das vielschichtige und komplexe Thema des Rassismus behandelt.

Angelehnt an die weltbekannte Comicreihe „Tim und Struppi“ des Belgiers Hergé, in der ein stark stereotypes Bild von Afrikanern als Unzivilisierte und Wilde gezeichnet wird, kehrt Bonato in seinem Comic die Richtung um und lässt den Weißen als Lachfigur erscheinen. Teilweise autobiografisch und selbstironisch bewegt sich Toubab (so werden Weiße im Senegal genannt) durch die Straßen und stolpert dabei ungeschickt und tollpatschig in das ein oder andere Fettnäpfchen. Es macht sich erkenntlich, wie unwissend und hilflos der „gebildete“ Europäer plötzlich einer ihm fremden Kultur ausgesetzt ist.

Ich habe einen Weg gefunden, politisch korrekt zu lachen.
Patrick Bonato

Sich als weißer, europäischer Autor diesem aufgeladenen Thema künstlerisch und humorvoll zu nähern, erforderte viel Sensibilität. „Ich bin eigentlich total positiv überrascht – und auch ein bisschen erleichtert, dass das Buch so wohlwollend aufgenommen worden ist und ich sozusagen einen Weg gefunden habe, politisch korrekt zu lachen“, meint Bonato, „das Buch ist genau so verstanden worden, wie ich es intendiert habe“.

Auch zukünftig bleibt der ausgebildete Illustrator der Comicwelt treu. In seinem Kopf findet sich schon die ein oder andere Idee für weitere Geschichten. Bis Ende des Jahres arbeitet Bonato an einem kleineren Projekt, das sich um die Rückkehr der Wölfe in die Alpen dreht. Einen Auszug davon hat er bereits letztes Jahr im Rahmen der Ausstellung „Cohabitation“ im Kunstraum Innsbruck gezeigt. Der Weg für den Comic in den zeitgenössischen Ausstellungsraum sei somit nun auch in Tirol geebnet.

Credits
  • Autorin: Brigitte Egger
  • Illustrationen: Patrick Bonato
  • Fotografie: Martin Lugger, Silvia Höller

Keine Postings

Ein Posting verfassen

Sie müssen angemeldet sein, um ein Posting zu verfassen.
Anmelden oder Registrieren