Er ist mir bereits bei so manchem Ausflug ins Debanttal zum Wandern, Biken, Klettern oder Entspannen an der Talsperre aufgefallen: Toni Woanig. Immer mal wieder erblickte ich ihn, wie er als einer der ersten E-Biker in Lederhose und Stutzen durchs Tal „wetzte“.
Die Erscheinung mit der auffallenden und immer perfekt gestylten ländlichen Kleidung und der lockigen Haarpracht ist auch schwer zu übersehen. Sein Name fällt immer wieder in Zusammenhang mit dem Debanttal und das Schild mit der Aufschrift „Woanig- Höfe“ am Weg ins Tal verspricht, dass er ein echter Local ist und bei keiner Debanttal-Story fehlen darf.
Ich hatte bereits erfahren, dass Toni verantwortlich für die Fischerei im Tal und außerdem ein leidenschaftlicher Jäger ist – auch Facetten des Debanttals, die mich für diese Reportage brennend interessierten. Und der Zufall sollte mich mit ihm zusammenführen: Nach einem langen und intensiven Tag in der Schobergruppe voller Hikes, Fotoarbeit und Gesprächen fuhr ich spät nachmittags talauswärts.
Fast war ich schon in Nußdorf, als ich Toni am Straßenrand mit einem anderen Autofahrer plaudern sah. Ich nutzte die Chance, sprach ihn an und fragte, ob ich ihn denn einmal zum Jagen begleiten und diesen Ausflug fotografisch dokumentieren dürfe. Tatsächlich hatte er vor, noch an diesem Tag auf die Jagd zu gehen, und diese Gelegenheit wollte ich nicht verstreichen lassen. Keine fünf Minuten später fand ich mich – angesteckt von Tonis Enthusiasmus und Energie – auf dem Weg taleinwärts zu den Woanig-Höfen.
Seine Frau Bärbel ist genau so schwungvoll wie Toni selbst und an Gastfreundlichkeit kann man die Woanigs wohl kaum übertreffen. In wenigen Minuten steht eine so ausgiebige Jause auf dem Tisch, dass dieser sich fast biegt. Ich erfahre von Toni, dass ich mich im alten Schulhaus des Debanttals befinde. Hier ist sogar er selbst noch zur Schule gegangen. 1967 wurde sie aufgelöst. Damals zählte man 16 Schüler. Toni führt mich durchs Gebäude, zeigt mir die Relikte des Schulhauses, ehemalige Klassenzimmer, die der begabte Tischler selbst innovativ umgebaut hat und die Chronik der Schule.
Toni klopft die Jahreszahlen aus dem Effeff, so erfahre ich zum Beispiel, dass die Woanig-Höfe ein eigenes Wappen besitzen und bereits 1291 zum ersten Mal erwähnt wurden. Nach einiger Zeit muss ich Tonis Redefluss aber doch unterbrechen, denn es ist schon reichlich spät und ich will noch fotografieren. Er fackelt wieder nicht lange und schon sitzen wir in seinem Auto auf dem Weg zum Jagdsitz. Bis auf wenige hundert Meter können wir heranfahren.
Irgendwie habe ich mir das „romantischer“ vorgestellt. Aus dem Auto ausgestiegen, imitiere ich Tonis schleichende Bewegungen und bleibe dicht hinter ihm. Hin und wieder gibt er mir Handzeichen oder flüstert mir etwas zu. Ich bleibe stehen und will meine Kamera zum Fotografieren ansetzen, doch Toni sagt mir, dass ich an ihm dran bleiben muss und nicht aus der Spur gehen darf – sonst nehmen die Tiere unsere Fährte wahr. So beginne ich zu ahnen, dass sich das Fotografieren heute schwierig gestalten könnte. Beim Jagdsitz angekommen, gibt mir Toni endgültig zu verstehen, dass ich drinnen sitzen bleiben muss, damit wir das Wild nicht verscheuchen. Schließlich gebe ich mein eigentliches Vorhaben auf, entspanne mich, sitze mit Toni im Jagdsitz, lausche seinen unterhaltsamen Geschichten und beobachte Wild durch das Spektiv, bis es stockdunkel ist.
Wenige Tage später treffe ich mich frühmorgens mit Toni zum Fliegenfischen. Wieder ist er adrett gekleidet, vom Hut bis zu den Gummistiefeln. Toni ist Fischereipächter und wenn man dazu – oder zu anderen wichtigen Dingen des Lebens – etwas wissen will, muss man Toni fragen. Nicht umsonst wird er inoffiziell auch als „Bürgermeister vom Debanttal“ bezeichnet. Sei es die Jagd, die Fischerei, Möbeldesign, Historisches, ja sogar zum Thema Chemtrails hat Toni Zahlen und Fakten auf Lager. Mit Handys und Internet hingegen hat er nicht so viel am Hut, hier zieht er seine Frau Bärbel zu Rate.
Zusammen fahren wir wieder ins Tal und wer denkt, Fischen sei langweilig, sollte unbedingt mal mit Toni zum Fliegenfischen gehen – das ist Action pur! Nachdem er mir gezeigt hat, wie man sich für eine der farbenprächtigen Fliegen entscheidet und diese an der Angelschnur befestigt, versuchen wir unser Glück an verschiedenen Plätzen.
Spektakulär auf der Mauer der Talsperre stehend oder in wilderen Bereichen des glasklaren Debantbaches, Toni kennt das imposante Gewässer in- und auswendig und weiß natürlich, wo die guten Spots zum Fischen sind. Er wirft den Köder treffsicher und gekonnt mit fließenden Bewegungen der Angelrute aus, so sind wir ganz schön erfolgreich und es vergehen keine fünf Minuten, in denen nichts passiert. Etliche kleine Fische lässt Toni aber wieder behutsam frei. Einmal verheddert sich die Schnur in einem Baum und die gute „Fliege“ muss geopfert werden. Einen Fisch holt Toni schließlich heraus. Er wickelt ihn nach dem Ausnehmen und Waschen in Farnblätter ein und schenkt ihn mir großzügig.
Vom Jagen konnte auch Toni mich nicht überzeugen, aber Fliegenfischen ist ein Erlebnis. Ich freue mich bereits auf das nächste Mal, wenn sich unsere Wege im Debanttal wieder zufällig kreuzen.
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