Es gibt wohl kaum einen Vogel in unseren Breiten, der alleine durch sein Aussehen bei vielen für Begeisterung sorgt: Und das liegt nicht nur an der langen Federhaube, die dieser Vogel beim Rufen, aber auch bei Erregung wie eine „Irokesen-Frisur“ emporstreckt. Auch das orangefarbene Gefieder und die kontrastierenden schwarz-weiß gefärbten Flügel und Schwanzfedern sind eine einzigartige Farbkombination in der hiesigen Vogelwelt. Nicht nur Vogelbegeisterte werden mir beipflichten: Wer einmal einen Wiedehopf zu Gesicht bekommen hat, dem bleibt er für immer in Erinnerung.
Der etwa amselgroße Wiedehopf (Upupa epops) ist eine von weltweit nur zwei Arten der gleichnamigen Familie der Wiedehopfe. Die Verbreitung der bei uns heimischen Art verläuft von Spanien ostwärts über ganz Mittel- und Osteuropa und weiter über Kleinasien, Kasachstan, Indien und Südrussland bis nach China. Auch in weiten Teilen Afrikas südlich der Sahara ist die Art zu finden. Zu den nächsten Verwandten zählen die in Afrika beheimateten Baumhopfe und die Nashornvögel, die vorwiegend in Afrika, aber auch Indien bzw. Indonesien vorkommen.
Als Zugvogel legen die in Europa brütenden Vögel trotz ihres etwas flapsig wirkenden Flugverhaltens alljährlich große Strecken zurück. Denn obwohl Teile der Population in Spanien bzw. im Mittelmeerraum überwintern, überquert der Großteil der Vögel die Sahara, um im Savannengürtel Afrikas von Senegal bis Nigeria, Kenia und Tansania zu überwintern. Das sind mehrere Tausend Kilometer, die zweimal jährlich zurückgelegt werden! Die ersten Vögel erreichen die mitteleuropäischen Brutgebiete und damit auch Osttirol in Abhängigkeit der Witterung ab Ende März. Der Großteil der Individuen ist ab April im Land, wo kurz darauf auch das Brutgeschäft beginnt. Schon kurz nach der Ankunft hört man die dumpfen, dreisilbigen „huphuphup“-Rufe des Wiedehopfs. Sie stecken einerseits akustisch ein Revier ab und erregen andererseits die Aufmerksamkeit eines Weibchens.
Während der Brutzeit bevorzugt der Wiedehopf offene Lebensräume mit warm-trockenem Klima, denn nur dort findet er ausreichend Nahrung. Diese sucht er vor allem am Boden. Hierzu dient ihm sein langer, leicht nach unten gebogener Schnabel als optimales Werkzeug, um in der Erde nach Insekten und anderem Getier zu stochern. So zählen Heuschrecken, Grillen, Käfer oder Spinnen zu seiner bevorzugten Nahrung. Aus diesem Grund sucht der Wiedehopf gerne Flächen mit einer kurzen, lückigen Vegetationsdecke auf.
Neben Streuobstwiesen sind auch Viehweiden, in denen die Vegetation kurz und offen gehalten wird, sehr gute Nahrungsflächen. Man kann den Wiedehopf daher durchaus als eine Art „Kulturfolger“ betrachten, da er in von Menschen extensiv gepflegter Landschaft mit Wiesen, Einzelbäumen und von Hecken begrenzten Weideflächen einen geeigneten Lebensraum findet. Und genau hier liegt auch das Gefährdungspotenzial: Intensive Landwirtschaft, die Aufgabe von Weiden zugunsten von Maisäckern und der Verlust von Streuobstwiesen bedingen einen Lebensraumverlust für diesen prächtigen Vogel.
In Osttirol kommen nur die Tallagen und südexponierten Hänge als Brutbiotop in Frage. Über die genaue Verbreitung im Bezirk ist noch wenig bekannt und derzeit gerade Teil der Forschung im Rahmen der Arbeiten zum Tiroler Brutvogelatlas. Bis dato sind brutzeitliche Vorkommen insbesondere aus dem Lienzer Becken bekannt, welches aufgrund seiner weitläufigen südexponierten Hänge für diese Art vermutlich sogar tirolweite Bedeutung besitzt. Besiedelt werden aber auch die Sonnenhänge des Iseltals bis nach Matrei und das Virgental bis Prägraten (M. Mühlburger, mündl.). Und auch aus dem Pustertal gibt es einzelne brutzeitliche Meldungen. Wenngleich er nicht zu den häufigen heimischen Vogelarten zählt, ist er im Bezirk vermutlich weiter verbreitet als ursprünglich angenommen.
Als Höhlenbrüter, der diese allerdings nicht selbst anlegen kann, ist der Wiedehopf auf bestehende Halb- oder Ganzhöhlen aller Art angewiesen. Dabei ist er nicht wählerisch und zieht seine Jungen in ausgefaulten Astlöchern und Spechthöhlen, Mauerspalten und Felslöchern, aber auch Erdlöchern nahezu jeder Art auf. Fehlen natürliche Höhlen, werden auch künstliche Nisthilfen angenommen.
Im Gegensatz zu vielen anderen Vogelarten unserer Breiten dürfte der Wiedehopf bei uns nur einmal pro Jahr brüten. Dabei legt das Weibchen, das sich optisch nicht vom Männchen unterscheidet, meist zwischen fünf und acht Eier, die danach für gut zwei Wochen ausgebrütet werden. Während dieser Phase ist das Männchen für die Versorgung des Weibchens mit Futter zuständig. In der Bruthöhle sind Wiedehopfe äußerst wehrhaft: Bereits kurz nach dem Schlüpfen versuchen die Jungen mittels lautem Pfauchen etwaige Eindringlinge zu vertreiben. Wenn auch das nicht reicht, verspritzen sie ein äußerst stinkendes, eigens dafür produziertes Sekret in Richtung Angreifer.
Nach dem Ausfliegen der Jungvögel, was weitere drei bis vier Wochen in Anspruch nimmt, bleiben
die Jungvögel noch bis zu einem Monat im Familienverband. Ab Mitte Juli, spätestens aber im August, verlassen die Vögel das Brutgebiet, um sich auf die weite Reise nach Afrika zu begeben. Und wenn alles gut geht, kann man sie im Jahr darauf wieder rufen hören. Wiedehopfe bleiben ihrem Geburts- und Brutort treu. Sie kehren in jene Gebiete zurück, in denen sie geboren wurden. Mir ist eine Bruthöhle im Lienzer Becken bekannt, die seit mehreren Jahren alljährlich besetzt ist.
Die Angewohnheit von Jungvögeln und Weibchen, Angreifer mit einem stinkenden Sekret zu bespritzen, brachte dem Wiedehopf auch den Namen „Kothahn“, „Stinker“ oder „Dreckvogel“ ein. Und natürlich wurden rund um diese Eigenschaft die verrücktesten Geschichten erzählt und Märchen erfunden. Der offenbar unreine – da stinkende – Vogel wurde unter anderem als ein Begleiter des Teufels angesehen.
Doch auch Positives wurde ihm angedichtet: In der Vogelhochzeit gilt er – wohl des Reimes wegen – als Überbringer eines Blumentopfes. Zudem hat sich das Bild des Wiedehopfes stark gewandelt: Als „gefiederter Indikator“ für eine funktionierende, extensive Kulturlandschaft rückt der Vogel in den Fokus des Naturschutzes. Vor allem auch deswegen, weil die Bestände europaweit in den vergangenen Jahrzehnten leicht rückläufig sind. Laut Roter Liste Österreich ist der Wiedehopf als „stark gefährdet“ eingestuft, in Tirol gilt er sogar als „vom Verschwinden bedroht“.
Im Zuge der Kartierungen zum Tiroler und Österreichischen Brutvogelatlas werden aktuell auch die Vorkommen des Wiedehopfes erfasst. Wenn Sie über ein Vorkommen dieser besonderen Vogelart in Osttirol Bescheid wissen, würden wir uns über Ihre Meldung via Homepage der Naturkundlichen Arbeitsgemeinschaft Osttirols (www.nago-osttirol.at) sehr freuen.
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Nähere Informationen zur NAGO hier:
www.nago-osttirol.at
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