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Es braucht vor allem mehr junge Frauen in der Politik. Foto: iStock/gorodenkoff

Es braucht vor allem mehr junge Frauen in der Politik. Foto: iStock/gorodenkoff

Lasst die Jugend endlich an die Macht!

Immer schon wurde über die nächste Generation geschimpft. Der Ausweg lautet, ihr die Macht anzuvertrauen.

Es scheint eine gnädige Geste des menschlichen Gehirns zu sein, dass wir das Negative vergessen oder verdrängen können. Die Nostalgie hüllt alles in mattes Pastell und plötzlich waren „wir damals“ fleißiger, sozial engagierter, kreativer als die Jungen. Die nächste Generation ist dann automatisch „fauler“ und es scheint fraglich, wie sie es in Zukunft schaffen sollen, die Welt zu regieren, wenn sie doch so gleichgültig sind. Die Antwort ist einfach: Lasst die Jugend übernehmen!

Junge Menschen geraten immer dann in den Politikfokus, wenn es Probleme gibt, etwa die Jugendkriminalität oder die psychischen Probleme, die beide seit der Pandemie deutlich zugenommen haben. In der jüngsten Ö3-Jugendstudie 2025 (mit 27.959 Befragten die größte österreichweite Umfrage unter jungen Menschen) gaben 74 Prozent an, dass es ihnen psychisch gut gehe. 88 Prozent sind mit der Beziehung zu ihren Eltern zufrieden, 87 Prozent mit ihrem Freundeskreis und ebenso viele generell mit ihrem Leben. Dolomitenstadt hat zu den Ergebnissen der unter der Leitung von Foresight durchgeführten Studie bereits berichtet.

Lebensfreude statt Karriereplanung

Bleiben wir trotzdem nochmals bei den Ergebnissen, weil diese klar demonstrieren, wie haltlos die Klischees älterer Generationen sind. Nein, die Jugend ist nicht faul, sie geht nur klüger mit dem Leben um und stellt die Karriere nicht vor Familie, Freunde, Gesundheit und Lebensfreude. Wenn sie passende Arbeitsbedingungen für alle fordert, sollte das nicht ständig kritisiert, sondern die Qualität am Arbeitsplatz tatsächlich verbessert werden. Nichts anderes fordert die Arbeiterkammer schon lange.

Spannend wird es, wenn es um das Miteinander in der Gesellschaft geht, denn hier ist die Jugend ein politisches Vorbild. Dass unterschiedliche Lebensentwürfe völlig selbstverständlich sind und die Mehrheit sagt, dass die Probleme der Gegenwart und Zukunft sehr wohl bewältigbar sind, wenn wir gemeinsam daran arbeiten, ist weitsichtiger als so manches Wort von Politikern.

Lediglich beim Wunschberuf überwiegt noch der Gender Gap. Mädchen neigen zu sozialen Berufen, Burschen zu technischen. Letztere wollen ein gutes Gehalt, während es den Mädchen wichtiger ist, im Job ernstgenommen zu werden. Der Aufruf muss daher lauten, dass es vor allem mehr junge Frauen in der Politik braucht.

Angst und Vertrauen

Generell unterscheiden sich die „neuen“ Jugendlichen nicht sehr von den alten. Sie hören Musik, treffen gerne ihre Freunde und wollen zusammensitzen, ohne gleich etwas unternehmen zu müssen. Und ja, es gibt Ängste, die größte ist jene vor dem Krieg (82 Prozent). Die Jugendlichen sprechen mit ihren Sorgen klassische Themen der Menschenrechte an: Das Recht auf Wohnen, auf Sicherheit und auf eine gesunde Umwelt. Alle drei werden aktuell bedroht, doch im Gegensatz zu allen Unkenrufen lähmt das die Jugend nicht, sondern sie weiß, wo die politischen Baustellen sind: 80 Prozent betrachten die Wirtschaftskrise und die Widersprüche zwischen Arm und Reich als das dringendste Handlungsfeld. So ist Gerechtigkeit ein immer wiederkehrendes Thema.

Zu diesen Daten passt die Vertrauensverteilung der Jugendlichen: Mit Abstand am meisten vertrauen der Wissenschaft (86 Prozent), gefolgt von Hilfsorganisationen (77 Prozent). Schlechter sieht es bei den Religionsgemeinschaften aus, denen nur 35 Prozent ihr Vertrauen schenken, noch viel weniger der Politik (22 Prozent). Sieht man sich den aktuellen Nationalrat an, ist er gegenüber der letzten Legislaturperiode zwar ein wenig verjüngt, doch dass nicht so sehr das Alter sondern das Eingehen auf Jugendliche den Unterschied machen würde, hat sich kaum herumgesprochen.

Immerhin zwei Drittel (77 Prozent) interessieren sich deutlich für Politik. Es kann nicht oft genug betont werden, dass trotzdem nur 22 Prozent der Jungen angeben, dass sie sich von der Politik gehört und vertreten fühlen. Darin liegt ein Warnzeichen für die Demokratie. Hört das denn wirklich niemand? Menschen, die sich nicht beachtet fühlen, neigen dazu, zu Nichtwählern zu werden und verlieren auch sonst den Willen zur Beteiligung. Dabei wäre ein Viertel der Jugendlichen durchaus bereit, selbst in der Politik tätig zu werden. Aus anderen Umfragen weiß man, dass dies eher für die Regionalpolitik als für den Nationalrat gilt, was auch damit zu tun hat, dass man dort weniger mit Parteipolitik zu tun hat, die bei Jugendlichen zunehmend unbeliebt wird.

Bildung noch immer vom Haushaltseinkommen abhängig

Wo die Schüler und Schülerinnen die Politik längst überholt haben, ist das Wissen um eine gute Schulbildung: Nur 37 Prozent haben Vertrauen in das Bildungssystem, weil sie glauben, zu wenig auf das vorbereitet zu werden, was nach der Schule kommt. So würden sie Schulfächer einführen, die sich mit Finanzbildung (83 Prozent), psychischer Gesundheit (61 Prozent) und gesunder Ernährung (61 Prozent) beschäftigen. Immerhin rund die Hälfte möchte zudem mehr Medien- und Demokratiebildung und 87 Prozent halten ein Mindestalter von 18 Jahren für die Nutzung von Social Media für sinnvoll und wichtig.

Aber noch einen Punkt zeigt die Studie: Dass nach all den Bemühungen unter Bruno Kreisky in den 1970er Jahren noch immer lediglich ein Fünftel der Jugendlichen aus Haushalten mit niedrigem Einkommen studiert, ist deshalb traurig, da dies laut dieser Umfrage und allen ähnlichen Studien strukturell verankert und nicht so gewählt ist. Vielleicht hätten Jugendliche auch hier eine Antwort, weil auch das zum Hauptthema passt, das sich durch die gesamte Umfrage zieht: Gerechtigkeit und ein Miteinander.

Politiker und Politikerinnen sitzen in Österreich sehr lange auf ihren Posten. Doch junge Menschen vorzulassen bedeutet nicht, sich abzuwenden und in den Ruhestand zu müssen, sondern würde den Älteren die Möglichkeit geben, den Jungen beizustehen, ohne sie dabei zu bevormunden. Das könnte zu Regierungen führen, die aus einem gesunden Mix aus Alter, Geschlecht und Herkunft bestehen, weder zu jung und unerfahren, wie es schon der Fall war, noch zu alt(backen) und wenig mutig.

Zu guter Letzt rangieren bei jungen Menschen in Bezug auf die Partner*innenwahl Liebe und Humor an erster Stelle. Das ist doch ein guter Anfang, oder?

Daniela Ingruber stammt aus Lienz und arbeitet als Demokratie- und Kriegsforscherin am Institut für Strategieanalysen in Wien. 

2 Postings

Lienzner7
vor 2 Stunden

"Lebensfreude statt Karriereplanung"....genau, das ist heute das einzig Wichtige. Hauptsache alles macht Spass und die Arbeit bleibt übrig. Keine Leistung, keine Noten, ja, nicht Mal eine Jurie beim Band BATTLE ;-). "Immerhin zwei Drittel (77 Prozent) interessieren sich deutlich für Politik." ....aus welcher Statistik geht denn das hervor? Wenn man sich alledings "nur" interessiert, aber dann die Lebensfreude und nicht die Arbeit in den Vordergrund stellt, werden auch diese Probleme nicht gelöst werden, sondern wie es heut "nice" ist, nur aufgezeigt. Soll die Jugend mitsprechen dürfen, ja, zu einem gewissen Grad in gewissen Bereichen. Sollen die Jugend an die Macht? Bitte nicht.

 
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wolf_C
vor 18 Stunden

... unsere österreichische Wissenschaftsministerin ist glücklicherweise eine richtige! Und wenn man den Lienzer Gemeindrat zsammt Bürgermeisterin betrachtet, dann entsteht großes Bedauern ...

 
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