Das eigene literarische Schaffen und das meines Vaters: Zwei Wege verlaufen einmal parallel, dann in entgegengesetzte Richtungen. Ich erforsche ihre Ausgänge, Lichtungen, Abkürzungen und Umwege. Fallen meine Wörter in seine Fußstapfen, so treffen sie in den Abdrücken auf Jahrzehnte alte Bäume. Fällt von ihnen ein Apfel, dann bestimmt nicht weit vom Stamm! Ich möchte schriftstellerisch herausfinden, ob sich der eine oder andere unserer Trödelwege kreuzt.
„ … Einmal gingen wir, meine Frau, die beiden Töchter und ich, einen Berg hinauf. Um die Kleine – sie war 6 Jahre alt – über die Mühe des Steigens und die lange Weile hinwegzutäuschen, erfanden wir ein Suchspiel: meine ältere Tochter – sie war 13 Jahre alt – und ich ließen uns einen Vorsprung geben und machten Bildnisse aus den Gegenständen, die am Weg lagen aus dürren Zweigen, Fichtenzapfen, isländischem Moos usw. Die unsere Kleine an der Hand ihrer Mutter finden und erkennen sollte. Sie blieb aber nicht mehr an der Hand der Mutter, sie ließ sich nicht mehr ziehen, sie drängte dem nächsten Bild zu, ihre Wangen wurden rot, die Ausrufe ihres Erstaunens ließen uns lachen und trieben uns weiter, einer nächsten Spielfigur zu. So hatten wir alle unsere Kurzweil, und alle die kleinen Dinge, mit denen der lichte Hochwald seinen Boden bedeckt, richteten sich gefügig nach unserer Vorstellung. Da blieb ein Zigarrenraucher liegen und eine Schlange und ein paar Sterne auf dem trübgoldenen Bodenhimmel der Lärchennadeln. Auf einmal waren wir im Ausgang des Waldes, im weiten und traumhaften Ausblick über das Land. Die Zeit und ihre Zwecke hatten wir ganz vergessen. … “
Christoph Zanon, kleine Vorbetrachtung, Auf dem Trödelweg. Verstreutes aus den Jahren 1986-1988. (Edition Raetia, Bozen 1997 ISBN8872831032)

Die Vorbetrachtung in Christoph Zanon’s „Auf dem Trödelweg“ animierte mich dazu, das Erlebnis aus meiner eigenen Perspektive zu schildern. Die Erinnerungen sind vage und fragmentarisch. Um sie zu Geschichten zusammenzufügen, tauche ich ein in eine traumhafte Phantasiewelt. Sie kommt der Atmosphäre meiner damaligen, stark gefühlsgebundenen Wahrnehmung am nächsten und stellt für mich die wahrhaftigste Erzählweise dar.
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