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Über den Sommer zeigt das Lienzer RLB Atelier eine Installation von Daniel Leiter. Alle Fotos: RLB Atelier/Martin Lugger

Über den Sommer zeigt das Lienzer RLB Atelier eine Installation von Daniel Leiter. Alle Fotos: RLB Atelier/Martin Lugger

Es weht ein frischer Kunstwind im RLB Atelier

Gezeigt wird Daniel Leiters Rauminstallation „Virtual Wind“. Vernissage am 11. April um 19.00 Uhr.

Der Zusammenhang zwischen wirtschaftlichen Interessen und ihren Auswirkungen auf die Umwelt ist oft schwer zu erfassen, weil sich die Folgen menschlicher Eingriffe in die Umwelt häufig erst nach Jahrzehnten zeigen. Daniel Leiters Rauminstallation „Virtual Wind“ im RLB Atelier unternimmt den Versuch, diese Beziehung in eine visuelle Erfahrung zu übersetzen. Die Ausstellung wird am 11. April offiziell eröffnet und ist dann bis 14. August zu den Öffnungszeiten der Bankstelle zu sehen.

Gekoppelt mit Aktienkursen simulieren diese Kabelzüge Windbewegungen.
16 Elektromotoren steuern die Kabelzüge im Inneren der Schirme.

In einer künstlichen Strandkulisse werden zwei Sonnenschirme durch das Einspielen von Echtzeit-Börsendaten fossiler Rohstoffkonzerne in Bewegung versetzt, um eine virtuelle Windbewegung zu simulieren. Die unsichtbaren Verbindungen zwischen globalen Wetterphänomenen und menschlichem Handeln werden so durch jede noch so geringe Veränderung der Aktienkurse in messbare „Windschwankungen“ übersetzt.

Daniel Leiter (geboren 1999 in Lienz, lebt in Wien) nutzt die Aktienkurse von Unternehmen wie Shell, BP oder ExxonMobil, um die Zusammenhänge zwischen der Ausbeutung der Umwelt und klimatischen Auswirkungen zu veranschaulichen. Ein Mini-Computer lädt Echtzeit-Börsendaten der Unternehmen herunter und rechnet diese in Motorbewegungen um. 16 Elektromotoren steuern Kabelzüge im Inneren der Schirme, deren Streben sich entsprechend den Kursveränderungen verbiegen.

Konkret bezieht sich Leiter auf Aktienkurse von Firmen, die auf das „Reserve Replacement Ratio“ (RRR) reagieren, eine Größe, die misst, wie viele nachgewiesene Erdöl- oder Erdgasfelder einem Unternehmen im Verhältnis zur aktuell geförderten Rohstoffmenge zur Verfügung stehen. „Kommt weniger Öl hinzu als abgebaut wird, sinkt das RRR unter 100 Prozent, die Aktionäre reagieren besorgt, verkaufen ihre Aktien, der Kurs sinkt – ein Ansporn für Shell, ExxonMobil, Chevron und Co., immer destruktivere Methoden wie Fracking anzuwenden, um neue Vorkommen zu erschließen“, erläutert Linnea Streit in ihrem Katalogbeitrag zur Ausstellung.

Daniel Leiter vor seiner Installation. Der in Lienz geborene Künstler lebt in Wien.

Auf einem kleinen Bildschirm wird im 30-Sekunden-Takt ein Aktienkurs abgefragt und mit dem vorherigen Wert verglichen. Steigt der aktuelle Aktienwert, wird ein Wind simuliert, dessen Stärke vom Ausmaß des Zuwachses abhängt. Fällt der Kurs hingegen, lässt der Wind nach.

Die üblicherweise geringen Schwankungen werden in eine leichte Bewegung der Sonnenschirme im Wind übertragen. Die speziell angefertigten Sonnenschirme, die sich optisch kaum von handelsüblichen Modellen unterscheiden, sind jedoch auch für große Kursschwankungen ausgelegt. Jedes einzelne Bauteil dieser Schirme wurde mit großem Aufwand eigens für diesen Zweck gefertigt, um einer größtmöglichen Belastung Stand zu halten.

Leiter wählt den Wind, denn die Luft ist „als einziges der vier Grundelemente unsichtbar und wird erst durch die Interaktion mit Gegenständen sichtbar. Dementsprechend schien mir ein simulierter Wind in einem windstillen Raum den Zusammenhang am besten zu verkörpern. Der Wind weht, obwohl wir diesen nicht spüren können, genauso wie die Ausbeutung der Umwelt sich im Klimawandel niederschlägt, obwohl der Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung kein unmittelbar offensichtlicher ist“, erläutert Daniel Leiter im Interview für den Ausstellungskatalog.

Auch beeinflusst der Klimawandel den Wind auf vielfältige Weise. Neben Starkniederschlägen, extremer Hitze und Trockenheit nehmen auch Stürme zu. Ein wichtiger Faktor ist der Jetstream, ein Ausgleichswind, der in etwa zehn Kilometern Höhe weht. Normalerweise entsteht er durch Temperaturunterschiede zwischen dem Äquator und den Polen und sorgt für einen Druckausgleich. Allerdings wird der Jetstream durch die stärkere Erwärmung der Pole im Vergleich zu den Tropen geschwächt. Diese Abschwächung führt dazu, dass Wetterlagen länger an einem Ort verweilen, was Hitzewellen, längere Regenperioden und Überschwemmungen begünstigen kann.

Leiters Installation möchte uns für unsichtbare, aber folgenreiche Prozesse sensibilisieren. „Es reicht nicht, wenn wir erst reagieren, wenn die Folgen des aktuellen Handelns der Menschheit in zukünftigen, größeren Umweltzerstörungen sichtbar werden“, schreibt Linnea Streit in ihrem Beitrag zur Ausstellung von Daniel Leiter. „Vielleicht kann er uns aber auch Hoffnung geben, dass wir mit vielen kleinen, zunächst fast unsichtbaren Gesten doch eine sichtbare Veränderung schaffen können – Zeit für einen (nicht nur virtuellen) Wind of Change, der Menschen auf der ganzen Welt in einem gemeinsamen Ziel vereint!“


Daniel Leiter, Virtual Wind
RLB Atelier Lienz, Johannesplatz 4
14. April bis 14. August
Montag bis Freitag von 8.30 bis 12.15 Uhr und von 14.00 bis 16.30 Uhr

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