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Schuld- und Freispruch im Prozess um Kunsthändlerin

Acht Monate bedingte Freiheitsstrafe und 960 Euro Geldstrafe für die Lienzer Galeristin. Ex-Gatte freigesprochen.

„Ich halte das nicht mehr aus. Daher sage ich, dass ich schuldig bin, denn das muss endlich ein Ende haben“ - die Lienzer Kunsthändlerin Christina W. ist tief gefallen. Die langwierige Scheidung von ihrem Ehemann habe bewirkt, dass die Inhaberin der mittlerweile ruhend gestellten Galerie in ihrem Leben falsch abgebogen sei. So schilderte es zumindest Rechtsanwalt Erich Wibmer zu Beginn der Verhandlung am 19. März am Innsbrucker Landesgericht. 

In Osttirol war der Prozess mit Spannung erwartet worden, die Galeristin und ihr geschiedener Gatte gehörten über viele Jahre zur lokalen „Society“. Wegen versuchtem Prozessbetrug und Veruntreuung musste sich die gebürtige Londonerin am Mittwoch verantworten. Auch ihr Ex-Ehemann nahm vor Richter Bernhard Rüsskamp und zwei Schöffen wegen mutmaßlicher falscher Beweisaussage Platz.

In einem Zivilprozess im Jahr 2023 hatten die Ex-Eheleute unter anderem angegeben, dass ihnen ein Werk des Künstlers Franz Walchegger (1913 - 1965) im Jahr 2007 von einem Freund der Familie geschenkt worden sei. Kurz vor seinem Tod soll dieser seinem Sohn eine Liste mit Kunstwerken überreicht haben, die sich weiterhin in seinem Besitz befanden, jedoch in der Galerie von Christina W. ausgestellt waren. 

Auf der Liste befand sich auch das besagte – als Fresko bezeichnete – Werk mit dem Titel „Der Auferstandene“. Das Foto der Liste wurde im Zivilprozess unter anderem als Beweis dafür herangezogen, dass sich die Galeristin illegal bereichert habe und im Fall des Freskos als Bestätigung, dass der Exmann zugunsten seiner Exfrau falsch ausgesagt und die Schenkung nie stattgefunden habe.

Der Lienzer Arzt kann aufatmen. Er wurde freigesprochen. Foto: Dolomitenstadt/Steger

Er wolle nicht, dass jemand unschuldig zum Handkuss komme, erklärte jedoch der Sohn des verstorbenen Freundes der Galeristin und ihres Exmannes im Prozess. Unter anderem diese selbst aufgebrachten Zweifel und die Tatsache, dass der Schöffensenat keinen Grund finden konnte, weshalb der Lienzer Arzt seine Exgattin nach langwieriger Scheidung vor Gericht wahrheitswidrig decken sollte, veranlasste das Gericht zu einem Freispruch des Arztes. „Der Schöffensenat ist überzeugt, dass die Schenkung stattgefunden hat“, so die Begründung des Richters.

Im Fall der Veruntreuung hatte sich die Galeristin schon zu Prozessbeginn schuldig bekannt. Neben einigen Objekten auf der Liste mit Werken von Walchegger, wollte die Angeklagte auch nicht ausschließen, dass sie bis zu drei Werke des Lienzer Künstlers Peter Niedertscheider veräußert hatte und diesem den Erlös abzüglich der einbehaltenen Provision nicht ausbezahlt hatte. 

Die Kunsthändlerin erklärte unter Tränen, dass ihr leid tue, was sie getan habe und dass ihr nach ihrer Scheidung alles egal gewesen sei. Die Staatsanwaltschaft räumte ein, dass die Beweisführung im Verfahren schwierig sei, was auch durch die Aussage eines Künstlers, der seine Werke in der Galerie ausstellen und verkaufen ließ, bestätigt wurde. Auch er konnte vor Gericht nicht genau sagen, wie viele Werke über die Gallery 9900 verkauft wurden. Die Verteidigung führte ein reumütiges Geständnis und die Tatsache ins Rennen, dass die Galeristin mittlerweile mittellos sei und ihre soziale Stellung in der Lienzer Gesellschaft verloren habe.

Dies und die Tatsache, dass die Angeklagte bisher unbescholten war, veranlassten den Schöffensenat nach kurzer Beratung eine bedingte Freiheitsstrafe von acht Monaten und eine Geldstrafe von 960 Euro zu verhängen.

Michael Steger hat Politikwissenschaft studiert und arbeitet als freier Journalist in Innsbruck. Der versierte Reporter berichtet für Dolomitenstadt über aktuelle Themen rund um die Stadt- und Landespolitik.

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