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Das Patriarchat kostet Frauen 28.000 Euro im Jahr

Unbezahlte Arbeit im Haushalt und in der Pflege ist Österreichs größter Wirtschaftszweig!

Seit gut einer Woche füllt sich die Mailbox der Redaktion mit mehr oder weniger politischen Statements zum heutigen Weltfrauentag am 8. März. Alle haben einen gemeinsamen Nenner: Frauen sind wirtschaftlich nach wie vor strukturell gegenüber Männern benachteiligt. In welchem Ausmaß und aus welchen Gründen wird aus unterschiedlichsten Perspektiven beleuchtet.

Ohne die unbezahlte Arbeit von Frauen würde die Gesellschaft nicht funktionieren. Foto: iStock/zoranm

Das gewerkschaftsnahe Momentum Institut liefert dazu nicht nur eine erhellende Berechnung, sondern auch das von vielen Wirtschaftsforscher:innen geteilte Fazit: Ohne die unbezahlte Arbeit von Frauen würde die Gesellschaft nicht funktionieren. Aus der Sicht der Expert:innen fehlt dennoch eine ernsthafte Strategie, um dieses Ungleichgewicht in Balance zu bringen und die Arbeit fairer zu verteilen, was – und das ist entscheidend – Vorteile für alle bringen würde.

Wie kann man die Ungleichheit quantifizieren?

Wie kann man das Ungleichgewicht zwischen männlicher und weiblicher Arbeit quantifizieren? Auch dazu gibt es unterschiedlichste Berechnungsmethoden. Katharina Mader, Chefökonomin am Momentum Institut und Expertin in Gleichstellungsfragen legt folgende Berechnung vor:

Österreich arbeitet jährlich 15,9 Milliarden Stunden. Doch davon sind 8,9 Milliarden Stunden unbezahlt – mehr als in allen Wirtschaftssektoren zusammen. Die Wertschöpfung unbezahlter Arbeit beträgt 100 Milliarden Euro – mehr als der größte Wirtschaftssektor, die Warenherstellung. Von den 100 Milliarden gehen 80 Milliarden Euro auf Hausarbeit (Putzen, Kochen, Einkaufen) und 20 Milliarden Euro auf Care-Arbeit (Kinderbetreuung, Pflege) zurück.

Frauen leisten zwei Drittel der unbezahlten Arbeit im Land – damit tragen sie auch stärker zur Wirtschaftsleistung bei als Männer. Unbezahlte Tätigkeiten machen insgesamt ein Fünftel der Gesamtwertschöpfung aus. Gemessen an der Wirtschaftsleistung – dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) – entspricht die unbezahlte Arbeit etwa 23 Prozent. Dabei tragen Frauen zu zwei Drittel und Männer zu einem Drittel zur Wirtschaftsleistung bei.

Wie hoch ist der Einkommensverlust von Frauen?

Nun stellt sich als nächstes die Frage, ob sich diese Ungleichheit in Geld ausdrücken lässt. Hier rechnen die Ökonominnen am Momentum Institut folgendermaßen: Weil Frauen so viel Zeit mit unbezahlter Arbeit verbringen, fehlt sie für bezahlte Jobs. Die Folge: Einkommensverluste von rund 28.000 Euro pro Jahr.

Das hat erhebliche Auswirkungen auf das Einkommen von Frauen, denn sie arbeiten häufiger in Teilzeit, bekommen dadurch weniger Gehalt und haben später niedrigere Pensionen. Männer etwa verbringen zwei Drittel ihrer Arbeitszeit in bezahlter Erwerbsarbeit – Frauen nur 40 Prozent. Die geschlechtsspezifische Pensionslücke beträgt 40 Prozent.

Was müsste getan werden, um die Lücke zu schließen?

Damit Frauen kein Schaden aufgrund von geleisteter unbezahlter Arbeit entsteht, empfiehlt die Denkfabrik drei zentrale Hebel: Erstens sollte die Kinderbetreuung ausgebaut werden. Darüber herrscht mittlerweile politischer Konsens. Es gibt im Prinzip auf allen Ebenen – auch regional und in den Gemeinden – Bemühungen um bessere, möglichst kostenlose und ganztägige Kinderbetreuung. Der Weg dorthin ist aber noch weit, eine Realisierung schafft echte Wahlfreiheit.

Weiters müsste die „Arbeitszeit" neu gedacht werden. Hier scheiden sich die Geister entlang vorwiegend ideologischer Bruchlinien. Momentum als linker Thinktank rät: „Ein Rechtsanspruch auf kürzere Vollzeit (30–35 Stunden) würde helfen, bezahlte und unbezahlte Arbeit fairer aufzuteilen.“ Außerdem werden von den Ökonom:innen mehr Gehaltstransparenz und höhere Mindestlöhne eingefordert: „Denn das reduziert die Lohnlücke und macht ungleiche Bezahlung sichtbar.“

Fazit aus der Sicht von Katharina Mader: „Frauen leisten den Großteil der Arbeit in Österreich – und bekommen dafür oft nichts. Das ist nicht nur unfair, sondern auch wirtschaftlich unsinnig. Ein gerechter Arbeitsmarkt nutzt allen: Unternehmen profitieren, wenn Frauen mehr arbeiten können, der Staat spart langfristig Sozialausgaben, und Familien haben ein höheres Gesamteinkommen.”

4 Postings

tantmarie
gestern

Vielleicht liegt es an der im Beitrag anfangs passierten Vordatierung des Weltfrauentags auf den 8. Dezember, dann wäre ja noch genug Zeit, oder doch an der idiologischen Einstellung der schreibfleißigen Leser, die ihre Herdprämie nun vorläufig doch nicht umgesetzt sehen, dass dieser Artikel bisher unkommentiert geblieben ist. Im Lichte einer Gleichverteilung der unbezahlten Heim- und Care-Arbeit bekommt das „linke“ Ansinnen einer Arbeitszeitverkürzung plötzlich ein zutiefst menschliches Gesicht. Ein verpflichtendes Pensionssplitting für die Dauer der Kinderbetreuungszeit würde den Frauen auch weiterhelfen.

 
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    Senf
    gestern

    Und sie glauben, dass Pensionssplitting bei der heutigen Gesellschaftspraktik des Zusammenlebens und Alleinseins funktioniert? Ich immer noch nicht!

    Warum wird denn Kindererziehung in der Pensionsbewertung immer noch nicht anerkannt? Die Patriarchen sitzen immer noch an den Hebeln und kapieren nicht, dass ein gleichberechtigtes Wesen vor ihnen steht, dass sie angeblich ja so "lieben, schätzen und verehren". Allen voran die heiligen, die nach ihrer Wertehaltung leben "Die Frau sei dem Manne untertan". Ich meine damit die Christlich Sozialen im Lande!

    Der "Hebel" der Kinderbetreuung ist wohl das unsozialste. Man nimmt dem Kind die Eltern. Das muss jemand erst verstehen!

     
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    r.ingruber
    vor 23 Stunden

    Gut, dass Sie den Mund aufmachen beim Reden!

     
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      Senf
      vor 3 Stunden

      @r. ingruber???

       
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