Die Vorsitzenden von ÖVP, SPÖ und NEOS haben am Donnerstag zunächst Bundespräsident Alexander Van der Bellen und danach der Öffentlichkeit ihr gut 200 Seiten starkes Regierungsprogramm präsentiert. Für ein Zustandekommen der Regierung braucht es nun noch die Zustimmung der jeweiligen Gremien, was bei ÖVP und SPÖ Formsache ist, bei den NEOS entscheidet die Basis.
Die Parteichefs zeigten sich bei der Präsentation ihres Pakets mit dem Namen „Jetzt das Richtige tun. Für Österreich“ im Dachgeschoss des Parlaments jedenfalls recht angetan davon, was man beim zweiten Anlauf für die Dreier-Koalition zusammengebracht hatte und es wurde jeweils das Wort Kompromiss groß geschrieben. Der designierte Bundeskanzler und VP-Chef Christian Stocker meinte: „Diese Einigung ist nur nach einem zutiefst österreichischen Grundsatz gelungen: ‚Durch’s Reden kommen die Leute zusammen‘.“
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Ganz ähnlich lautete die Einschätzung des SPÖ-Vorsitzenden und künftigen Vizekanzlers Andreas Babler: „Das Programm kommt weder zu 100 Prozent von uns noch von ÖVP oder NEOS, es ist ein Kompromiss im besten Sinne des Wortes.“ NEOS-Obfrau Beate Meinl-Reisinger wollte da nicht nachstehen und betonte: „Das Anstreben des Konsenses, des Ausgleichs unterschiedlicher Wertehaltungen ist das, was uns wirklich nach vorne bringen kann.“
Alle Partner erzielten Erfolge
Auch wenn die Leuchttürme im Regierungsprogramm nicht in unerreichbare Höhen gewachsen sind, fand sich dann doch einiges, was die Parteien als Erfolge reklamieren konnten. So wurde Stocker nicht müde, den scharfen Asylkurs zu würdigen, den man eingeschlagen habe. Tatsächlich findet sich im Regierungsprogramm einiges, was man vor wenigen Wochen nicht vermutet hätte. So wird der Familiennachzug sofort, wenngleich nur temporär ausgesetzt und Stocker betonte, dass man bei einem Ansteigen der Asyl-Anträge auch gar keine mehr annehmen könnte. Dazu kommt ein Kopftuchverbot für Mädchen.
Für die SPÖ fand sich etwa die lange erhoffte „Kinder-Grundsicherung“ im Programm. Als budgetären Erfolg durfte der Parteichef der Sozialdemokraten werten, dass Banken, Energieanbieter und Immo-Branche mit Abgaben zur Budgetsanierung beitragen müssen. NEOS-Obfrau Beate Meinl-Reisinger erfreute sich an der unabhängigen Weisungsspitze in der Justiz und dass im Bereich der Pensionen wenigstens ein wenig passiert. So steigt das Antrittsalter zur Frühpension und wird ein Nachhaltigkeitsfaktor eingeführt.
Budgetsanierung zentral
Über allem steht zunächst freilich die Budgetsanierung. 6,3 Milliarden sind allein heuer einzusparen. Es stünden zwei harte Jahre bevor, kündigte Meinl-Reisinger an. So müssen die NEOS dann auch auf die erhoffte Lohnnebenkosten-Senkung zumindest bis zur Halbzeit der Gesetzgebungsperiode warten. Abgeschafft wird der Klimabonus, die Bildungskarenz wird zusammengeschrumpft und mit dem Aus der „kalten Progression“ ist es auch schon wieder vorbei. Das „variable Drittel“ wird ausgesetzt, dieses Geld rinnt also ins Budget. Wie erwartet auf 500 Millionen angehoben wird die Bankenabgabe, die Übergewinnsteuer für Energieunternehmen wird verlängert.
FPÖ-Chef Herbert Kickl hofft sichtlich noch auf ein Scheitern der Dreier-Koalition, stieß er sich doch daran, dass jetzt schon von einem Regierungsprogramm die Rede sei, wiewohl die Mitgliederversammlung der NEOS, bei der es eine Zwei-Drittel-Zustimmung braucht, noch gar nicht abgehalten worden sei. Grünen-Bundessprecher Werner Kogler wünschte der Regierung dagegen „viel Erfolg“ und freute sich auf die Zusammenarbeit im Parlament.
Stühlerücken im Hohen Haus
Dort wurde am Donnerstag schon auf die Regierungserklärung kommende Woche hingearbeitet. Da bisher die Regierungsbank nur mit 18 Stühlen ausgerüstet war, wurden andere Sessel-Modelle getestet, damit auch alle 21 Kabinettsmitglieder Platz haben. Dass man sich personell in Sparzeiten so opulent aufgestellt hat, verteidigten die drei Parteichefs. Verwiesen wurde von dem Trio auf die mannigfaltigen Aufgaben-Gebiete und auf vergleichsweise neue Herausforderungen wie Klimaschutz und Integration.
Noch ist freilich gar nicht klar, wer diese Posten übernehmen wird. Vor allem bei der SPÖ ging es ja zuletzt rund. Immerhin ein Nebel könnte sich gelichtet haben. Wiens Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) ließ am Donnerstag verlauten, als Infrastrukturminister bereit zu stehen. Verschiedene Optionen schwirren weiter durch die Luft, was das Finanzressort angeht. Der Donnerstag am häufigsten genannte Name war jener vom SPÖ-Delegationsleiter im EU-Parlament, Andreas Schieder, der im Finanzministerium schon einmal als Staatssekretär gedient hatte. Bedeckt hielt sich VP-Chef Stocker. Immerhin versicherte er, dass man auch neue Gesichter sehen werde. Die NEOS werden ihre zwei Minister und ihren Staatssekretär schon heute Abend in den Gremien designieren.
Keine Sideletter mehr
Personell geht die Koalition jedenfalls in einem Bereich ganz neue Wege. Statt eines geheim gehaltenen Sideletters ist ab Seite 207 des Regierungsprogramms detailliert aufgelistet, ob Schwarz, Rot oder Pink für die jeweilige Bestellung das Vorschlagsrecht innehat. Das reicht von Verfassungsrichtern und dem EU-Kommissar bis zur Nationalbank oder dem ORF. Betont wird natürlich, dass es sich um höchst qualifizierte Persönlichkeiten handeln müsse.
3 Postings
es stellt sich die frage warums beim ersten mal nicht geklappt hat. es geht doch nix über den machterhalt.
..... pünktlich zum unsinnigen Donnerstag präsentiert sich unsere neue Bundesregierung, hoffentlich (k)ein Faschingsscherz 🤣
ich hoffe sie wissen was das richtige für die arbeiter und steuerzahler ist ?? angefangen wird gleich mit kürzungen.
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