Die neue „Vision“ für Landwirtschaft und Ernährung der EU-Kommission ist eine wettbewerbsfähigere europäische Agrarindustrie mit einfacheren und zielgerichteteren Subventionen. Das am Mittwoch in Brüssel präsentierte Strategiepapier zur gemeinsamen Agrarpolitik soll den Klimaschutz mit den Herausforderungen des Sektors zusammenbringen: So will die Kommission in Zukunft etwa weitere Verbote von Pestiziden „sorgfältig prüfen“, und Standards für importierte Produkte anpassen.
EU-Vizekommissionspräsident Raffaele Fitto und Agrarkommissar Christophe Hansen präsentierten das Papier zur Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) in Brüssel. „Anreize statt Bedingungen“ sollen künftig die Verteilung der milliardenschweren EU-Agrarsubventionen anleiten. Der Fokus soll auf Landwirten liegen, die Lebensmittel erzeugen. Die Agrargelder machen einen großen Teil des EU-Budgets aus: Für die laufende Förderperiode bis 2027 sind rund 365 Mrd. Euro eingeplant. Der nächste mehrjährige EU-Haushalt läuft ab 2028 für sieben Jahre.
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Die Kommission betont „die Notwendigkeit, den Klimaschutz mit der Ernährungssicherheit und den besonderen Herausforderungen des Sektors in Einklang zu bringen“. Der europäische Agrarsektor spiele eine wichtige Rolle beim Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft. Landwirte sollen einerseits für umweltverträgliches Handeln belohnt werden. Andererseits will die Kommission ein weiteres Verbot des Einsatzes von Pestiziden „sorgfältig prüfen, wenn nicht innerhalb eines angemessenen Zeitraums Alternativen zur Verfügung stehen“, und den Zugang zu Biopestiziden auf dem EU-Markt vereinfachen.
Totschnig begrüßt die Pläne, Grüne und Greenpeace sind skeptisch
„Unsere Bäuerinnen und Bauern brauchen weniger Bürokratie und mehr Planungssicherheit. Ich setze mich dafür ein, dass die Landwirte in ihrer Arbeit unterstützt und nicht zusätzlich belastet werden. Unsere ländlichen Räume und unsere bäuerliche Landwirtschaft sind wesentliche Pfeiler für unser Land und müssen gezielt unterstützt werden. Nur so können wir Wertschöpfung und Arbeitsplätze erhalten sowie die EU-Lebensmittelproduktion langfristig sichern“, begrüßt Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) die Vision in einer Aussendung. Auch Alexander Bernhuber, Agrarsprecher der ÖVP im Europäischen Parlament, unterstützt die Vision von EU-Agrarkommissar Christophe Hansen zur Zukunft der europäischen Landwirtschaft.
„Unsere Bäuerinnen und Bauern brauchen weniger Bürokratie und mehr Planungsfreiheit.“
Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig
Hingegen eher skeptisch zeigt sich Olga Voglauer, Landwirtschaftssprecherin der Grünen: „Auch, wenn EU-Kommissar Hansen in seiner Vision für das Agrar- und Ernährungssystem der Zukunft einige wichtige und richtige Punkte anspricht, eine zusammenhängende Lösungsstrategie für die tatsächlichen Probleme der Bäuerinnen und Bauern bleibt er schuldig. Jetzt den Fokus der Einkommensstützung dorthin zu legen, wo sie wirklich notwendig ist, ist schon lange überfällig. Auch die Novellierung der Richtlinie gegen unlautere Handelspraktiken muss rasch vollzogen werden.“
Auch Marco Contiero, Direktor für EU-Agrarpolitik bei Greenpeace, warnt: „Als wir Bauernverbände, Umweltexperten, Wissenschaftler, Händler und Lebensmittelkonzerne an einen Tisch brachten, waren sich alle einig: Europas Lebensmittel- und Landwirtschaftssystem muss sich ändern - aber die ‚Vision‘ der EU-Kommission scheint das nicht zu erkennen. Wenn sich nichts ändert, wird die Anfälligkeit der europäischen Landwirtschaft für Klima- und Umweltkatastrophen zunehmen, was die Existenz der Landwirte und ihre Fähigkeit, Lebensmittel anzubauen, weiter gefährdet.“
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