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„Ein Großstadtmensch bin ich nicht“ 

In Leoben arbeitet die gebürtige Obertilliacherin Carina Maurer gerade an ihrer Dissertation.  

Während es den Großteil der jungen Osttiroler:innen, die sich nach der Matura für ein Studium entscheiden, nach Innsbruck, Graz oder Wien zieht, sitzt unsere heutige Gesprächspartnerin in Leoben vor dem Bildschirm. Für Carina Maurer ist die 24.000 Einwohner zählende Stadt in der Obersteiermark die perfekte Lösung: „In 15 Minuten Fußweg erreiche ich alles, was ich brauche, und trotzdem ist Leoben cool und hat einiges zu bieten. Ein Großstadtmensch bin ich nicht“, schmunzelt sie. Einzig, sich fürs Bergtouren gehen und Langlaufen in ein Auto setzen zu müssen, war für die gebürtige Obertilliacherin eine Umstellung: „Zu Hause geh´ ich halt von meiner Haustür weg auf den Berg oder auf die Loipe“, meint Carina. 

In ihrer Freizeit ist Carina Maurer am liebsten draußen in der Natur unterwegs. Alle Fotos: Privat

Für sich entdeckt hat Carina Leoben über ihre Studienwahl: „Zuerst wollte ich eigentlich etwas Klassisches studieren, Lehramt für Sport zum Beispiel“, erklärt die begeisterte Sportlerin. Im Chemieunterricht im BORG in Lienz wurde sie dann allerdings auf die Montanuniversität in Leoben aufmerksam. Beim Besuch des Tages der offenen Tür entdeckte sie den Bachelorstudiengang Kunststofftechnik für sich: „Was mich damals dazu bewogen hat, mich für das Studium zu entscheiden, war die Möglichkeit, in Richtung der Sportgeräteentwicklung zu gehen, weil ja alle Sportartikel zumindest zum Teil aus Kunststoffen bzw. Verbundwerkstoffen bestehen.“ 

Im Bachelorstudium entdeckte Carina schnell, dass es noch weitaus mehr spannende Bereiche in der Welt der Kunststoffe gibt: „Kunststoffe kommen in fast jedem Bereich zum Einsatz und werden bewusst eingesetzt. Wir arbeiten ständig daran, die Eigenschaften des Materials zu verbessern und zu optimieren, sodass alle Anforderungen erfüllt werden. Außerdem gibt es viele verschiedene Typen von Kunststoffen, die verschiedenste Eigenschaften aufweisen und sich dementsprechend auch anders verhalten als man es eigentlich erwarten würde“, erklärt Carina ihre Faszination. 

Neben der Kunststofftechnik werden an der Montanuniversität sämtliche technische Studienrichtungen entlang des gesamten Wertschöpfungskreislaufes angeboten. Ihren Ursprung hat die Leobener Universität im Bergbau, einige Traditionen werden bis heute hochgehalten: Bei akademischen Feiern wird der aus schwarzem Stoff und mit goldenen Knöpfen besetzte Bergkittel ausgetragen, der Einstieg in das Studium erfolgt durch den Ledersprung: „Da springst du sozusagen in den Bergmannsstand“, erzählt Carina. Bei ihrem Masterabschluss stand die sogenannte Philistrierung an: „Das ist eine Tradition am Ende des Studiums, bei welcher der Abschluss mit Freunden und Familie gefeiert wird“, erklärt sie. „Bei mir war es regnerisch und extrem kalt, aber es ist ein Tag, den man nicht vergisst, egal wie das Wetter ist“, lacht sie. 

Carina bei ihrer Sponsion im traditionellen Bergmannskittel.

Zu Beginn des Studiums war Carina fester in den Traditionen verankert, „im Laufe der Studienzeit ist das immer weniger geworden“. Engagiert hat sie sich an der Uni trotzdem immer, vier Jahre lang war sie Teil der Studienvertretung, zwei Jahre sogar als Vorsitzende: „Wir haben geschaut, was wir verbessern können, den Kontakt zwischen Studierenden und Professoren gestärkt und ich war in der Curriculums-Kommission tätig.“ 

Während der sieben Semester, die an der Montanuniversität die Regelstudienzeit darstellen, müssen mehrere Praktika absolviert werden. Für ihr erstes Praktikum entschied sich Carina für Tödisport in der Schweiz, wo sie einen ersten Einblick in die Welt der Forschung bekam und mit dem Frauenhofer-Institut und der Firma Kessler Ski zusammenarbeitete. Ebenfalls in der Forschung tätig war Carina als Praktikantin beim österreichischen Unternehmen Senoplast. Bei der Firma Semperit beschäftigte sie sich mit der Prüfung von Elastomeren und der Herstellung von Kautschuk. In Osttirol sammelte die Obertilliacherin bei der Firma Liebherr Berufserfahrung: „Das war spannend, da habe ich an der Optimierung der Spritzgusstechnik mitgearbeitet.“ 

Im Masterstudium fokussierte sie sich auf das Thema Kunststoffverarbeitung, „in erster Linie, weil ich da zu der Zeit das meiste Know-how hatte“, erklärt Carina. Ihre Masterarbeit verfasste die Obertilliacherin ebenfalls in diesem Bereich in Zusammenarbeit mit Senoplast. Teile der Arbeit, in der es um die Verarbeitungs- und Einfärbungsmethoden von Polyethylenterephthalat (PET) geht, tippte sie auf ihrem Laptop am Strand in Thailand, erzählt sie und schmunzelt: „Ich war für fünf Wochen dort, um die Arbeit fertig zu schreiben und um zu tauchen. Ich habe vor fünf Jahren meinen Tauchschein gemacht, ich genieße es, wenn unter Wasser rundherum alles ruhig wird“. Obwohl sie sonst kühlere Gefilde für ihre Reisen bevorzugt, gefiel es ihr in Thailand so gut, dass sie nach ihrer Abschlussprüfung gleich ein zweites Mal hinreiste. „Ich war dann wieder zum Tauchen dort und, um mir Gedanken zu machen, wie es nach dem Studium weitergeht“, schildert sie. 

„Zuerst habe ich mir gedacht, dass ich mich gleich bei einem Unternehmen bewerbe“, meint Carina. Schließlich entschied sie sich aber, für ihre Dissertation an der Universität zu bleiben: „Ich dachte mir, warum nicht? Ich bin gerne in Leoben, zwei meiner Studienkollegen fingen auch mit ihrer Doktorarbeit an und die Forschung macht mir Spaß.“

Seit Juli letzten Jahres ist sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei einem Forschungsprojekt angestellt. „Von modernen Polymerrohrsystemen wird erwartet, dass sie mindestens 50 Jahre zuverlässig funktionieren. Das Wissen über Schädigungs- und Versagensmechanismen ist allerdings immer noch sehr begrenzt – diese Wissenslücke versuchen wir im Rahmen des Projektes zu füllen“, erklärt Carina. Im Projekt steht der nachhaltige Einsatz von Ressourcen im Vordergrund: „Ziel ist es, dass verfügbare recycelte Polymere, die naturgemäß von unterschiedlichster Qualität sind, ebenso zuverlässig funktionieren, wie solche aus weniger nachhaltigen Materialien.“ Gleichzeitig absolviert Carina auch einige Lehrauftritte: „Bis jetzt waren es eher kürzere Kurse, aber es war schon ziemlich lässig.“ 

Welchen Rat Carina ihrem Ich aus dem Heimweh-Interview vor sieben Jahren mitgeben möchte? „Lern´ ein bisschen mehr“, meint sie lachend. „Nein, ich bin zufrieden so, wie ich es gemacht habe. Klar wäre es unitechnisch ein bisschen schneller gegangen, aber so bin ich neben dem Studieren auch zum Reisen gekommen.“ 

Sie würde zwar vermutlich nie woanders wohnen wollen als in Österreich, „aber ich finde andere Länder faszinierend, weil überall etwas anderes im Fokus ist“, erklärt Carina. Besonders Kanada, wo sie bereits vor einigen Jahren hinreiste, hat es ihr angetan: „Da möchte ich auf jeden Fall wieder hin“, erklärt Carina. Es gehe ihr beim Reisen nicht darum, möglichst viel von einem Land zu sehen und ihre Reiseroute genau zu planen, sondern intuitiv zu schauen, wo es sie hinzieht – ein Motto, das bisher nicht nur auf Reisen, sondern auch bei Entscheidungen in ihrem Leben gut funktioniert hat. 

Anna Maria Huber schreibt als freie Autorin nicht nur für dolomitenstadt.at sondern auch für die Straßenzeitung 20er. Annas Stärken sind penible Recherchen und die Fähigkeit, komplexe Inhalte in klare und verständliche Artikel zu verwandeln.

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