Die Parteichefs von SPÖ und Grünen, Andreas Babler und Werner Kogler haben am Sonntagabend an die ÖVP appelliert, die Koalitionsverhandlungen mit der FPÖ zu beenden und doch noch mit der SPÖ und eventuell einer dritten Partei Gespräche zu führen. „Es ist nie zu spät zur Umkehr“, sagte Kogler in der ORF-Sendung „Das Gespräch“. Babler appellierte an die „Vernunft“ der ÖVP. Auch die NEOS wären bereit zu neuen Gesprächen, sagte NEOS-Mandatar Sepp Schellhorn.
Babler betonte, es gehe darum, Verantwortung zu übernehmen. „Unsere Hand ist ausgestreckt“, sagte er einmal mehr in Richtung ÖVP. Denn man wisse, „was droht“: „Nämlich, dass der Vorsitzende einer rechtsextremen Partei Bundeskanzler werden könnte, durch die Hilfe der ÖVP.“ Die erste Voraussetzung für eine Wiederaufnahme von Gesprächen sei, dass in der ÖVP „die Vernunft“ einkehre. „Es liegt an der ÖVP, jetzt eine Entscheidung zu treffen. Sie wissen, mit wem sie sich ins Bett legen“, sagte er mit Blick auf FPÖ-Chef Herbert Kickl.
Gefragt, ob die SPÖ bereit wäre, Kompromisse einzugehen, sagte Babler, seine Partei habe in den Dreierverhandlungen bzw. jenen mit der ÖVP allein „keine roten Linien gezogen“. „Wir sind sitzen geblieben, wir wollten diese Verhandlungen fertig führen. Wir waren der Meinung, dass die Punkte lösbar sind“ und man Kompromisse eingehen könne. „Eine kleine Gruppe in der ÖVP hat das anders gesehen.“
Und: „Ich bin sicher, dass ich mit Karl Nehammer diese Verhandlungen fertig führen hätte können. Nur hat er sich nicht mehr bewegen können und ist ganz beinhart demontiert worden und die ÖVP hat den Verhandlungstisch verlassen.“ Die SPÖ habe bewiesen, dass man „weite Wege“ gehe: „Wir können alles aushandeln außer der Demokratie“, sagte Babler.
Kogler warnte die ÖVP davor, der FPÖ ins Kanzleramt zu verhelfen: „Wenn die ÖVP die in Teilen rechtsradikale FPÖ und Herbert Kickl ins Kanzleramt hievt, lädt sie historische Schuld auf sich.“ Bevor es Neuwahlen gibt, wäre es für Kogler „vernünftig und verantwortungsvoll, dass die ÖVP wieder auf die SPÖ zugeht“, eventuell „mit einem Dritten“ - dies würden wohl die NEOS sein, so der Noch-Vizekanzler. „Wir würden das unterstützen, auch mit Zweidrittelmehrheiten, daran hat sich nichts geändert“, sagte er.
Die Verhandlungen der ÖVP mit der FPÖ bezeichnete Kogler als ein „No Go“: „Die ÖVP ist angetreten und hat damit Stimmen lukriert, Kickl und die FPÖ aus guten Gründen - als ‚Sicherheitsrisiko‘ (wie die ÖVP Kickl im Wahlkampf nannte, Anm.) - zu verhindern.“ Jetzt aber stehe die Volkspartei davor, Kickl zum Kanzler zu machen. Auch Babler sagte, er hätte nie geglaubt, „dass die ÖVP ihr Wort bricht“.
NEOS-Mandatar Schellhorn, dessen Partei Anfang Jänner als erstes die Dreiergespräche zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS verlassen hatte, sagte, man sollte „nichts unversucht lassen“ und deutete etwa die Unterstützung einer ÖVP-Minderheitsregierung an. Denn Neuwahlen würden „jene befeuern, die damit spielen“, blickte er auf die FPÖ, ohne diese direkt zu nennen. Man könnte Kompromisse schließen, meinte er. Jetzt seien FPÖ und ÖVP am Zug. „Wenn sie sich nicht einigen, wird man vielleicht auch mit anderen Rollenaufgaben wieder aufeinander zugehen müssen.“ Das Stützen einer ÖVP-Minderheitsregierung schloss auch Babler nicht gänzlich aus.
27 Postings
@ le corbusier (bzw. lia): Poppers Aussage ist der Kernpunkt im Drama "Biedermann und die Brandstifter" von Max Frisch. Damals gegen Hitler gedacht, heute wieder sehr aktuell.
Also die "Mitte" und auch die "Linken" müssen schauen, dass sie eine stabile Regierung zusammenbringen. Kickl als Kanzler wäre untragbar und hätte fatale Folgen. Er ist wirklich gefährlich. Ich bin kein FPÖ-Wähler (no-na-net), auch wenn mir die Ausländerthematik zusehens Sorgen bereitet. Kickl wird dieses Problem nicht lösen, er wird unser kleines schönes Land in den Dreck ziehen und vor der ganzen Welt lächerlich machen. Hoffentlich siegt die Vernunft und die Lösungsorientiertheit (auch in Bezug auf das Thema Ausländer).
@lia: die FPÖ ist im Kern demokratiefeindlich und macht daraus auch gar keinen Hehl mehr. Man bewundert Putin und Orban, will Menschenrechte beschneiden, Staatsbürgerschaften entziehen und per Notgesetze regieren. Kickl bezeichnet sich offen als Volkskanzler (wie Hitler), hetzt gegen Systemparteien und Systemmedien und führt Fahndungslisten (wie die Nazis). Und wir müssen ihn dabei beim Wort nehmen.
Demokratie lässt sich mit Demokratischen Mitteln abschaffen! Und das geht schneller als uns lieb ist.
Dazu möchte ich dir noch das Toleranz-Paradox von Karl Popper ans Herz legen. Das Toleranz-Paradoxon wird wirksam, wenn eine tolerante Macht aufgrund ihrer Toleranz intoleranten Kräften erlaubt oder ermöglicht, die eigene Toleranz einzuschränken oder abzuschaffen.
perfekt !
Deswegen muß es auch heißen : keine Toleranz gegenüber der Intoleranz. Intoleranz , vor allem in der Politik,als Ausdruck einer bestimmten Ideologie oder Heilslehre mit Wahrheits- und Verwirklichungsanspruch ist ein sicherer Weg in ein autoritäres Regime. Dem soll und kann durch einen Konsens der Zivilgesellschaft , der sich in den liberalen Verfassungen niederschlägt entschieden entgegen getreten werden. Die Stimmen der Intoleranz und manipulative Desinformationen werden in der heutigen völlig disregulierten Medienlandschaft, als Ausdruck eines missverstandenen Freiheitsbegriffes, nicht einzudämmen sein. Umso wichtiger ist, zu verhindern, dass die Nutznießer die Hebel politischer Entscheidungen in die Hand bekommen. Dazu ist auch notwendig, die institutionelle Ausstattung der Demokratie möglichst fugendicht zu gestalten.
als demokrat hab ich diesmal fpö gewählt. die fpö scheint manchen demokraten nicht demokratisch genug. komisches demokratieverständnis.
anscheinend geht dem herrn kickl ordentlich die muffe, mir ist er inzwischen zu leise geworden. hab eigentlich gegenteiliges erwartet. ja und der herr stocker stockt auch schon.
womöglich zum letzten Mal
Die Auffassung Kickls von Demokratie orientiert sich an den Beispielen bereits autokratischer Regime wie bei Fico und Orban. Die plebiszitäre "Demokratie " wie sie Kickl vorschwebt, hebelt durch prononcierten Einsatz von Volksentscheiden die Gewaltenteilung und die unabhängige Justiz aus , parlamentarische Mehrheitsfindungen werden entbehrlich. Ideologische Vorgaben des Volkskanzlers bestimmen die politische Agenda. Die Zuständigkeiten des EUGH und des Europ. Gerichtshofes für Menschenrechte werden negiert, illegale Maßnahmen zB in der Asylpolitik, vielleicht auch bald in anderen Bereichen werden mit Notverordnungen umgesetzt. Das, was Kickl plant, hat mit einer repräsentativen, parlamentarischen Demokratie, wie sie seit Jahrzehnten verfassungsmäßig festgeschrieben ist und die einen weltweiten Konsens von Menschenrechten und unabhängiger Gerichtsbarkeit widerspiegelt, nichts zu tun. Wer glaubt, dass freie Wahlen alleine bereits Demokratie bedeuten, hat nichts begriffen.
@lia: 'Diese Partei wurde zwar demokratisch gewählt, das macht sie aber noch lange nicht zu einer demokratischen Partei!' (Michel Friedman, Parlament, Mai 2023) So gesehen, stellt sich die Frage, ob Wähler einer nicht demokratischen Partei (gewählt in einem demokratischen Prozess) sich 'Demokraten' (c@lia) nennen können!
wer den friedmann zitiert, ist wohl selbst ein friedmann.
Als Demokrat kann man Kickl nicht wählen, das widerspricht sich.
Hier müssen viele User aus Virgen am Werk sein, ansonsten versteh ich die Welt nicht mehr. Soviel dunkelbraun gibts doch eigentlich nicht in Oschttirol, oder doch? Ich weiß, die Reichweitenmedium ist wesentlich größer, als Osttirol Einwohner hat. Ein passendes Zitat: "Der größte Fehler im Umgang mit Menschen besteht darin, zu glauben, dass sie denken wie du".
Ein Abbruch der Verhandlungen macht die FPÖ bei Neuwahlen zur stärksten Kraft Österreichs! Wollen das die anderen Parteien? Lasst sie doch einfach mal arbeiten. Immer die Nazi-Keule schwingen, das wirkt so, als hätten wir als Österreicher uns nicht weiterentwickelt? Wollen das die FPÖ-Gegner mit ihren vielen Zurufen andeuten? Dann wären wir das dümmste Volk der Welt, da beide Weltkriege von uns gestartet wurden!
KK ist der Untergang der Demokratie und die ÖVP will den Futtertrog nicht verlassen !
Gespannt wann die ersten Urlauber Ihren Urlaub in Ö stornieren wenn KK wird. Siehe: ua. Kanada /USA usw. Nie wieder ist JETZT!
ihre Sorgen möchte ich nicht haben.
Ernshafte Sorgen dürfen, werden, müssen Sie sich machen, wenn KK wird!
Meines Erachtens sollten diese beiden stärksten Parteien schleunigst aufeinander zugehen und eine vernünftige Regierung bilden. Wird wohl doch nicht so schwer sein? Bei Neuwahlen könnte es passieren, dass es gar 4 Parteien benötigt um eine Mehrheit zu bilden. Ausgeschlossen ist nichts. Ein Wahlprogamm um nur Kickl zu verhindern bringt ebenfalls nichts. Also wo sind die sonstigen Vorschläge dieser drei Herren?? Bis dato dürften diese Demokratie bzw. den Wählerwille nicht ganz verstanden haben. Man soll doch nicht immer über ungelegte Eier diskutieren.
Eine "vernünftige "Regierung mit der FPÖ zu bilden dürfte allerdings schwierig ,eher unmöglich werden, steht doch jetzt nichts weniger als die Entscheidung Liberale rechtsstaatliche Demokratie versus illiberales reaktionäres Regierungssystem an, pluralistische Offenheit nach innen und außen gegen ruinöses isolationistisches Festungsdenken. Prinzipielle Fragen, die kaum Spielraum für Kompromisse lassen. Den Wählerwillen sehe ich folgendermaßen repräsentiert : 28,8 % für FPÖ, 26,3 % für ÖVP und auch der ca 45 % Rest eher keine Kicklanhänger.
Die jüngst bekannt gewordenen Vorstellungen bzw. unverrückbaren Forderungen der FPÖ zeigen dass Kickl es auf ein Scheitern der Verhandlungen anlegt. Nix mit "vernünftig".
Unverständlich, dass die derzeitigen ÖVP-Verhandler sich so von Kickl treiben lassen. Die FPÖ hat rund 2% mehr Stimmen, also kann man wohl nicht von Juniorpartner sprechen. Vermisse da den Aufschrei der Bünde, es wird so dargestellt, dass nur die Wirtschaft die ÖVP-Linie bestimmt.
Hinter der ursprünglichen Wahlentscheidung haben sich weit mehr als 70% gegen die Werte der FPÖ gestellt.
Geschrien hat der Wirtschaftsbund, die Bauern hatten keinen Grund.
@r.ingruber: Das Schreien meinte ich in bezug auf das Geschehen nach der Entscheidung dass ÖVP mit FPÖ verhandelt.
Auch mir ist bewußt, dass das Schreien des Wirtschaftsbundes den Start der Verhandlungen mit der FPÖ bewirkt hat.
@Franz Brugger, danke für die Klarstellung. Das Gedicht finde ich trotzdem gelungen.
Babler hatte seine Chance und hat sich schlichtweg verpokert. Das selbe gilt für die Neos, die ihre wahrscheinlich einzige Chance auf eine Regierungsbeteiligung haben vorbeiziehen lassen. Und die ÖVP? Die schafft sich aktuell endgültig ab. Das ist das wahre Erbe des Sebastian Kurz, der für seinen ganz persönlichen (und kurzfristigen) Erfolg eine ganze Partei geopfert hat. Und auch wenn ich immer der Überzeugung war, dass sich eine FPÖ in Regierungsverantwortung innerhalb kürzester Zeit selbst zerstört... diesmal mach ich mir Sorgen, dass der Schaden größer und nachhaltiger sein wird als bisher.
Babler hatte die Hand im Gegensatz zu Meinl-Reisinger immer ausgestreckt. Die "Wirtschaftlichen" haben sich wegen der von der SPÖ geforderten Bankenabgabe getrennt und die Koalition zerschlagen. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen.
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