Ihr Dolo Plus Vorteil:
Diesen Artikel jetzt anhören

Zangerl teilt gegen Wirt­schafts- und Industrielobby aus

„Die ÖVP erkennt nicht, dass ihr Fortbestand als Volkspartei gefährdet ist“. Rüge für Mario Gerber.

„Industrie- und Wirtschaftlobbys haben die Gesamtschau völlig verloren und versuchen mit unglaublichem Druck ihre Interessen durchzusetzen. Dass das dem Standort mehr schadet als nützt, wird dabei in Kauf genommen. Doch Wirtschaft ist nicht nur Selbstzweck“. Der Tiroler AK-Präsident Erwin Zangerl ist irritiert vom aktuellen Alarmismus der ÖVP-nahen Wirtschafts- und Industrieverbände. Er ortet bewusste „Panikmache“ mit dem Ziel, Druck auf die Regierungsverhandler auszuüben. 

„Wenn man via Medien den Verhandlern ständig mitteilt, dass Österreich am Ende ist und nur eine Radikalkur noch helfen kann, bleibt einem irgendwann kein Spielraum. Dadurch war letztlich auch die Dreierkoalition zum Scheitern verurteilt. Wirtschaft- und Industrielobby haben sich durchgesetzt. Die ÖVP erkennt dabei nicht, dass ihr Fortbestand als Volkspartei massiv gefährdet ist“, so Zangerl.

Erwin Zangerl fürchtet, „dass die Beschäftigten zur Kasse gebeten werden und der Sozialstaat abgebaut werden soll.“ Foto: Dolomitenstadt

Denn die von der Wirtschaft geforderten Maßnahmen würden in erster Linie darauf hinauslaufen, „dass die Beschäftigten zur Kasse gebeten werden und der Sozialstaat abgebaut werden soll.“ Zangerl kritisiert auch die fehlende „Erinnerungskultur“ seitens Industrie und Wirtschaft: „Als die Steuerzahler Wirtschaft und Industrie während der Pandemie mit Milliarden unterstützen mussten, war alles in Ordnung. Jetzt, wo das Geld teilweise auf wundersame Weise verschwunden ist und ein hochsubventioniertes Unternehmen nach dem anderen in die Pleite rutscht, ist der Standort plötzlich gefährdet. Wo waren die Kritiker, die davor warnten, dass Milliarden an willkürlich ausgeschütteten Wirtschaftshilfen nicht den Wohlstand, sondern die Inflation ankurbeln würden?“, fragt der streitbare Tiroler AK-Präsident. 

Auch die permanenten Hinweise auf hohe Energiekosten der Wirtschaft stoßen Zangerl sauer auf: „Wo waren die Funktionäre der IV, als wir gegen die hohen Energiekosten vorgegangen sind? Wo war die Industrie, als es um die Politik der Energiekonzerne ging, die zu den Haupttreibern der Teuerung zählen? Immerhin sind die Energiekonzerne, die in den letzten Jahren Milliardengewinne erzielt haben, Teil der IV – ich habe hier keine Anstrengungen seitens IV und Wirtschaft gesehen, in die Energiepreise einzugreifen. Hätte sich die AK nicht dafür eingesetzt, wäre die Wirtschaft vermutlich letztes Jahr schon kollabiert, wenn es um sie so schlecht steht.“

Geht es nach dem AK-Chef, sollte „das Standort-Bashing unverzüglich eingestellt werden“, da es dem Standort massiv schadee. „Wenn Sie als Beschäftigter jeden Tag in der Zeitung lesen, dass ihr Arbeitsplatz gefährdet ist, wie glauben Sie, wirkt sich das auf die Stimmung aus? Und dann wundert man sich über Kaufzurückhaltung und dass der Konsum nicht anspringt“, kritisiert Zangerl, dem auch die Forderung der Wirtschaft nach einer Lohnnebenkostensenkung von 5 Prozent ein Dorn im Auge ist. Sie würde nicht zur Entlastung, sondern zu weiteren massiven Belastungen der Beschäftigten führen würden, ist der Arbeiterkämmerer überzeugt, „da in den Lohnnebenkosten zahlreiche Leistungen wie die Absicherung im Falle von Krankheit, Arbeitslosigkeit oder Invalidität ebenso wie die Familienbeihilfe. Weihnachts- und Urlaubsgeld werden weniger, die Abfertigungen, das Krankengeld und die Pension.“

Als „völlig entbehrlich“ sieht Zangerl die jüngsten Aussagen von Wirtschaftslandesrat Mario Gerber: „Ein Landesrat hat nicht die Interessen irgendwelcher Lobbys zu vertreten, sondern die der Tirolerinnen und Tiroler, von denen der Großteil Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind. Das sind genau jene Leistungsträgerinnen und Leistungsträger, die jetzt, laut Gerber, länger arbeiten sollen bei gleichzeitiger Kürzung von Sozialleistungen. Auch bei Gerber lautet das Motto scheinbar ‚koste es, was es wolle‘, notfalls auch den sozialen Frieden“, so Zangerl.

Keine Postings

Ein Posting verfassen

Sie müssen angemeldet sein, um ein Posting zu verfassen.
Anmelden oder Registrieren