Wenn wir in den vergangenen hundertfünf Tagen eines gelernt haben, dann dieses: In Österreich bestimmt das Volk. Das Volk beschließt die Gesetze. Doch welches Gesetz bestimmt das Volk? Das ist in erster Linie eine Frage der Grammatik und hängt nicht davon ab, welches Gesetz der Fall ist, sondern welcher Fall das Gesetz ist. Erster oder Vierter? Dass das auch angestammten Bürgerinnen und Bürgern und nicht nur Menschen, die des Deutschen nicht Herr oder Dame sind, Schwierigkeiten bereitet, war in den letzten Wochen auch in Online-Foren nachzulesen.
Welchen Gesetz bestimmta der Volk oder welcher Gesetz bestimmta den Volk? Auch Herbert Kickl war das nicht geläufig, als er am Tag nach Dreikönig der Presse erklärte: „Vor genau hundert Tagen haben die Österreicher und Österreicherinnen eine Wahl getroffen.“ Das heißt etwas ganz anderes als „sie haben gewählt“. Eine Wahl zu treffen bedeutet, sich zu entscheiden, sich aus einer Reihe von Optionen auf eine einzige zu verständigen. Wählen ist etwas Komplexeres, und es ist, so wie die Frage nach der Uhrzeit, nicht mit einem simplen Ja oder Nein abgetan. Auch wenn das Ergebnis der Wahl nahelegt, dass es in Österreich eher fünf nach als fünf vor zwölf geschlagen hat.
Herbert Kickl hat das vollzogen, was er nun anderen in die Schuhe zu schieben probiert: „Manche haben versucht, das Ergebnis auf den Kopf zu stellen, den Wählerwillen umzuinterpretieren und eine Regierung der Wahlverlierer zu basteln.“ Wie man daraus das Motto „Österreich ehrlich regieren“ ableiten kann, mag jeder Wähler und jede Wählerin selber entscheiden. Allerdings erst bei der nächsten Wahl.
Die vorige, wir erinnern uns (nicht ungeteilt gerne), ging am 29. September vergangenen Jahres über die Bühne. Herbert Kickls Hand war damals schon ausgestreckt, die seines Gegenübers aus der ÖVP auch, nur mit dem Unterschied, dass zwischen Zeigefinger und Daumen die Rote Karte gesteckt hatte. Ein Zauberer aus Wiener Neustadt ließ sie jetzt als As im Ärmel des einstigen Gegners verschwinden.
Volkskanzler möchte er werden, sagt Herbert Kickl, doch wer sagt, was das Volk ist? Das Volk, sagt Artikel 26 der Bundesverfassung, ist die Gesamtheit der österreichischen Staatsbürger, die am Wahltag mindestens 16 Jahre alt sind. Sie wählen diejenigen Repräsentanten, die an ihrer Stelle Gesetze beschließen. Seinen Kanzler wählt das Volk nicht.
Bis zum Jahr 2017, als die Neue Volkspartei mit einer Raubkopie des freiheitlichen Wahlprogramms die Konkurrenz im buchstäblich letzten Moment distanzierte, wurde der Kanzler vom Bundespräsidenten ernannt. So war es auch noch am 3. Juni 2019, als dieser die erste Kanzlerin angelobte. Nicht einmal zwei Wochen später jedoch wurde mit Sebastian Kurz zum ersten Mal ein Bundeskanzler im Rahmen eines feierlichen Gottesdienstes gesalbt und vom Volk akklamiert. „God, we thank you so much for this man“, so lautete die Formel, „für die Weisheit, die du ihm gabst, für das Herz, das du ihm gabst für dein Volk! Does anybody agree with that?“ Jubel und tosender Applaus.
Herbert Kickl wird sich wohl etwas Neues einfallen lassen, denn in der FPÖ war die Berufung auf biblische Traditionen mehr das Ding Heinz Christian Straches, der mit dem Kreuz herumfuchtelte und sich mit Ehebrecherinnen und Dirnen einließ. Kickl wird, wie zum letzten Mal am 30. Dezember 1916 Karl von Habsburg in Budapest, einen mit Erde aus allen Komitaten des Landes errichteten Hügel hinaufreiten. Nicht um sich zum König von Ungarn, sondern zum Kanzler nach ungarischem Vorbild zu krönen.
Kickl muss seine Heimat dabei gar nicht verlassen, denn mit dem Aushub der Gräben, die er hier aufgerissen hat, lässt sich ein ganzes Gebirge aufschütten. Ein Pferd wird er halt anschaffen müssen.
19 Postings
bei dem Titelbild fällt mir spontan die Interpretation des Erlkönigs von Heinz Erhardt einder Erlkönig ein: "wer reitet so spät durch Wind und Nacht"; (den Vater durch Kickl ersetzen(
Ich würde da eher an Kickl als Erlkönig denken, verführerisch und abgründig.
Wehe, wenn sie losgelassen werden......die Visage verrät einiges!
der große line gsiberger dichter schrieb: ich bin nicht seiner meinung außer hier: tu das, wovor du angst hast, und die angst wird vergehen. ich gehe einen schritt weiter und sage, die angsthasen sollen sich schleichen.
Ich weiß nicht, ob ich alles richtig verstanden habe in dem Posting, aber die Angsthasen sind es doch, die die blaue Wundertruppe wählen.
Sie meinen diese selbsternannten "besorgten Bürger"?
Die Angst vor Kickl muss wahrhaft enorm sein, wie sonst könnte man sich erklären, daß ein ganzes (angeblich neutrales) Forum vor ihm warnt....und ihm positive Kritiken erst gar nicht geschrieben werden. Nennt man das dann "unabhängiges" Forum.....????
Aber, aber Herr Pirkner! Sie haben wohl vergessen, die Pro-Kickl Posts bei fpötv zu bestellen !!!
Ich habe mich schon mehr vor dem Zauberer gefürchtet als vor dem Kaschperl.
Er war schon mal Innenminister, wir kennen seine Leistung bereits.
... wenn hier in Österreich jeder 3te, dem man auf der Straße begegnet, ein RECHTSEXTREMER ist, dann ist Vorsicht angebracht ...
1,2,3, ich bin der Dritte,der Rechtsextreme, den du auf der Straße triffst. Aber glaub mir: obwohl ich FPÖ wähle bin ich ein wertvolles Mitglied unserer Gesellschaft. Und ich bin wahrscheinlich wesentlich weniger rechtsextrem als du linksextrem. Aber ganz sicher!
ich glaube nicht, daß "Dolomitenstadt" den Anspruch auf "unabhängiges Forum" überhaupt stellt.
Um Deine Art von 'Unabhängigkeit' zu erreichen, müsste dolomitenstadt.at wahrscheinlich Pro-K. Artikel bestellen bzw. 'türken'!! ( schönes Wort bei einem Text mit den Blauen🥲) Übrigens heisst 'Unabhängigkeit' nicht 'ausgewogen oder neutral, UA bedeutet vielmehr nicht dem Einfluss diverser Interessensgruppen ausgeliefert zu sein! (einer Partei, bestimmten Wirtschaftsgruppen etc.)
Naja, mit deinem Beitrag bist ja auch ein Forumsteilnehmer. Willkommen auf der Plattform der Dolomitenstadt.at!
(Bitte nichts Anstössiges und Beleidigendes, in der Meinungsrfreiheit gilt Ethik!)
es steht jedem hier frei etwas pro kickl zu schreiben.
wenn es aber rein gar nichts pro kickl gibt wird man es hier auch nicht lesen können!
als Wahlsieger dürfts schon die ein und andere positive Sache zu berichten geben, aber daß man lieber die Ansichten der Verlierer teilt, deutet schon auf eine gewisse Neigung hin....
... wenn man die Ansichten der Gewinner teilt, deutet das schon auf eine gewisse Neigung hin ...
Leider, so wird es wohl kommen.
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