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Das Firmengelände von Funtime nahe dem Bahnhof in Dölsach. Foto: Dolomitenstadt/Hassler

Das Firmengelände von Funtime nahe dem Bahnhof in Dölsach. Foto: Dolomitenstadt/Hassler

Funtime in den USA zu Zahlung von 310 Mio Dollar verurteilt

Bei der Fahrt auf einem „Freifall-Turm“ des Osttiroler Unternehmens starb 2022 in Florida ein Jugendlicher.

Im März 2022 bestieg der 14-jährige Tyre Sampson aus Missouri im „Icon Park“, einem Freizeitpark in Orlando, Florida, einen sogenannten Freifall-Turm, ein Vergnügungsgerät, das von der Osttiroler Firma Funtime mit einem Fertigungsstandort in Dölsach gefertigt wurde. Diese Türme vermitteln aus großer Höhe das Gefühl des freien Falls. Bereits 2013 haben wir auf unserem YouTube-Channel ein Video von einem Test des ersten „Skyfall“-Turms gezeigt. Der „höchste mobile Drop Tower der Welt“ feierte 2013 beim Oktoberfest in München Premiere.

Der Turm in Orlando war mit rund 130 Metern noch deutlich höher als der im Video gezeigte. Als der Schlitten mit 30 Fahrgästen und 120 km/h nach unten sauste und ca. 25 Meter über dem Boden hydraulisch abgebremst wurde, wurde Sampson aus seinem Sitz geschleudert und tödlich verletzt. Sein Sicherheitsbügel war nicht richtig geschlossen. Tyre Sampson war Football-Spieler und trotz seiner Jugend bereits 190 cm groß und laut US-Medien 380 Pfund schwer, er wog also rund 170 Kilo und hätte eigentlich nicht einsteigen dürfen. Es gab aber niemanden, der ihn warnte oder hinderte. 

Mehr als zweieinhalb Jahre nach diesem tragischen Unglück fällte ein Geschworenengericht in Orange County ein aufsehenerregendes Urteil: Funtime muss jeweils 155 Millionen Dollar an die Eltern von Tyre Sampson, Nekia Dodd und Yarnell Sampson, bezahlen. Mit dem Betreiber vor Ort – der Slingshot Group, die den Turm im Icon Park erst wenige Monate vor dem Unfall in Betrieb genommen hatte – einigten sich die Eltern bereits im Vorfeld auf einen Schadenersatz in ungenannter Höhe. 

Warum bei einer Anlage, die weltweit in mehreren Vergnügungsparks im Einsatz ist, ein derart tragischer Fehler passieren kann, war Gegenstand der Verhandlung. Der amerikanische Nachrichtensender CNN berichtete ausführlich und schildert auch, dass die Schulterbalken aufgrund der Größe und Masse des jungen Mannes nicht richtig geschlossen waren. Er hätte das Gerät eigentlich nicht besteigen dürfen, wurde aber von niemandem daran gehindert und offenbar kontrollierte auch niemand den korrekten Verschluss der Schultersicherung. 

Einen zusätzlichen Sicherheitsgurt gab es nicht, und das war offenbar einer der kritischen Punkte bei der Verhandlung. Die Eltern von Sampson argumentierten, dass Betreiber Slingshot und Hersteller Funtime ihren Sohn vor den Risiken hätten warnen müssen, die eine Person seiner Größe bei der Benutzung des Fahrgeschäfts eingeht, und dass sie kein geeignetes Rückhaltesystem zur Verfügung gestellt hätten. Der Einbau von Sicherheitsgurten hätte 660 Dollar gekostet.

„Die Entscheidung der Geschworenen bestätigt, was wir schon lange behauptet haben: Tyres Tod war das Ergebnis eklatanter Fahrlässigkeit und eines Versäumnisses, die Sicherheit über den Profit zu stellen“, so die Anwälte der Familie, Ben Crump und Natalie Jackson, in einer von CNN veröffentlichten Erklärung. Der Staat ordnete nach dem Unfall die Schließung der Anlage an. Der Turm wurde abgebaut.

Was dieses spektakuläre Urteil für die Osttiroler Firma bedeutet, wird sich erst zeigen. Die Familie muss sich nämlich an ein österreichisches Gericht wenden, um den Schadenersatz einzufordern. Eine telefonische Anfrage von Dolomitenstadt.at bei Funtime blieb vorerst ohne Ergebnis, die Firmenleitung war nicht erreichbar. Geschäftsführer von Funtime ist Walter Pondorfer. Sein Unternehmen beschäftigt laut Jahresabschluss 2023 bei rund 4 Millionen Euro Umsatz 45 Mitarbeiter:innen. Offizieller Firmensitz ist Wien. 

Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

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