Nervös blinkende Beleuchtungen, klingelnde Kassen, aus den Lautsprechern der Einkaufsgeschäfte ertönende Lieder. Da ist sie wieder, die „stille Zeit des Jahres“: Weihnachten! Während die einen darauf achten müssen, bis zum Ende des letzten Monats des Jahres über die Runden zu kommen, gehen die anderen in den Einkaufsstraßen der Städte auf die Jagd. Ihre Beute: Geschenke. Doch sind nicht die Jagenden zugleich Opfer? Opfer der Konsumkultur, die jedes Jahr zu Heiligabend ihren Höhepunkt hat? Selbst wenn man dem Kaufrausch entsagt – verirrt man sich in einen Weihnachtsmarkt, wird schnell klar: Weihnachten ist bis ins Kleinste kommerzialisiert.
Noch bevor unsere Kinderkehlen überteuerten, lauwarmen Glühwein auf den Adventmärkten schlürfen durften, ordneten wir uns in die Konsumlogik unserer Gesellschaft ein. Ich erinnere mich an meine Schulzeit, an WhatsApp-Gruppenchats und den regen Austausch darüber, welche Dinge unsere gierigen Kinderhände von glänzendem Geschenkpapier befreiten. Und die Frage: Ist meine Ausbeute (gut) genug? Während Klassenkolleg:innen das neueste Smartphone oder neue Skiausrüstung bekamen, fragten andere sich, ob ihr Christkind vielleicht Analphabet:in ist.
Noch bevor unsere Kinderkehlen überteuerten, lauwarmen Glühwein auf den Adventmärkten schlürfen durften, ordneten wir uns in die Konsumlogik unserer Gesellschaft ein.
Mit zunehmendem Alter realisiert man jedoch, dass Weihnachten nicht das Fest des Konsums, sondern der Liebe sein sollte. Ob es an der fortgeschrittenen Reife liegt oder an dem Gefühl, die Geschenke für die Liebsten immer öfter selbst besorgen zu müssen? Auch meine damaligen Freundinnen und ich wurden von diesem Gefühl nicht verschont. Pünktlich zur Weihnachtszeit stellten wir bemüht kuratierte Geschenkpakete für die jeweils anderen unserer Gruppe zusammen. Lipgloss, Billigparfum, Duschgel, Badekugeln. Geschenke für die Freundinnen: Check! So waren wir alle nach den Feiertagen mit perfekt aufeinander abgestimmten Pflegeartikeln ausgestattet und starteten nach Vanille-Himbeertörtchen, Lavendelliebe, Minipink oder Winterweihnachtstraum duftend in das neue Jahr.
Wenn meine Mutter mir kopfschüttelnd und nach dem Sinn fragend beim Zusammenpacken über die Schulter blickte, bekam sie ein leicht genervtes „Weil wir das alle so machen!“ als Antwort. Hauptsache keine leeren Hände, wenn man sich am letzten Schultag vor den Ferien frohe Weihnachten wünscht, denn das lernen wir von klein an von Filmen, Werbungen und unseren Mitmenschen. Bei all dem vorweihnachtlichen Stress scheinen wir also zu vergessen, um was es in dieser Zeit tatsächlich gehen soll: um Nächstenliebe. Meist sind die Altpapiertonnen nach der Bescherung jedoch voller als so manche Herzen.
Adventmärkte, blinkende LED-Schneeflocken und prächtige Dekorationen lassen die Straßen und Häuser hell erleuchten, doch für einige ist und bleibt Weihnachten eine dunkle Zeit. Die hohen Erwartungen, die dieses groß gefeierte Fest mit sich bringt, belasten viele. Dabei geht es nicht immer bloß um finanzielle Fragen, wie beispielsweise jene, ob man sich Geschenke unter dem Weihnachtsbaum oder ebenjenen überhaupt leisten kann.
Bei manchen beginnen die Sorgen bereits, wenn sie daran denken, das Weihnachtsfest mit ihrer Familie verbringen zu müssen.
Bei manchen beginnen die Sorgen bereits, wenn sie daran denken, das Weihnachtsfest mit ihrer Familie verbringen zu müssen. Denn für viele ist es emotional anspruchsvoll, eine derart intensive Zeit mit seinen Verwandten zu verbringen. Während man kauend Antworten auf „Und warum isst du kein Fleisch?“, „Was kann man dann damit machen, wenn man fertig ist?“ oder „Gibt es da jemanden bei dir?“ suchen muss, brechen Konflikte (wieder) auf und oftmals unausgesprochene Spannungen erreichen bei „Stille Nacht, heilige Nacht“ ihren Höhepunkt, während bei anderen die Weihnacht tatsächlich still ist, da sie niemanden haben, mit dem sie singen und feiern können.
Ob emotional oder finanziell, das Weihnachtsfest ist für viele Menschen eine kräftezehrende und herausfordernde Zeit. Geblendet von all den glänzenden Lichtern und bunten Paketen unter dem Weihnachtsbaum verlieren wir schnell das Wesentliche aus den Augen. Vielleicht wäre es an der Zeit, innezuhalten und selbst ohne den Besuch von Charles Dickens’ Weihnachtsgeistern den wahren Kern des Festes wiederzuentdecken. Denn schließlich sind die Feiertage dafür da, zur Ruhe zu kommen und Zeit für Momente zu schaffen, die nicht kaufbar sind.
Ein Posting
so treffend beschrieben, danke dafür! In meiner Familie haben wir bereits seit einigen Jahren mit diesem Schwachsinn der Hin- und Herschenkerei Schluß gemacht. Die Kinder bekommen noch etwas, allerdings wird abgesprochen was geschenkt wird. Meistens legen meine Töchter und Schwiegersöhne und wir Großeltern zusammen und kaufen dann etwas Teureres, aber dafür Sinnvolles, manchmal gibts aber auch Geld fürs Sparbuch, es liegen aber nie mehr als 2 Geschenke/ Kind unterm Baum. Zum gemeinsamen Weihnachtsessen bringen alle etwas mit und vor- und nachbereitet wird auch gemeinsam. An den Feiertagen kann auch einmal jede/r machen, was er/sie will, ohne Rücksichtnahme oder schlechtem Gewissen den anderen gegenüber. In unserem Freundeskreis schenken wir uns zu Weihnachten tatsächlich NUR Zeit und machen gemeinsam eine schöne Winterwanderung, einen Kinobesuch oder einen Wellnesstag mit anschließendem Essen. Das ist im Grunde das schönste Geschenk, das wir uns gegenseitig machen können. Seitdem gibts kaum mehr Weihnachtsstress. Ich bin schon sehr dankbar, dass die Familie und meine Freundinnen das durchgezogen haben und im Endeffekt profitieren alle davon. Ich wünsche allen hier im Forum einen "stressreduzierten" Advent "
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