Am 8. Dezember 1984 organisierte die Österreichische Hochschülerschaft (ÖH) einen Sternmarsch in die Donauauen bei Stopfenreuth, besser bekannt als Hainburger Au. 8.000 Menschen nahmen daran teil. Ihr politisches Ziel: Den Bau eines großen Donaukraftwerks zu verhindern. Wenige Tage vor dem großen Marsch in die Au hatten dort die Rodungen begonnen. Nicht alle Demonstrierenden gingen nach der Aktion wieder nach Hause. Einige hundert blieben in der Au, die daraufhin zum Sperrgebiet erklärt wurde.
Am 19. Dezember rückten 800 Polizisten an, um die rund 3.000 Aubesetzer:innen zu vertreiben und das unter Einsatz von Gewalt. Es gab knapp zwei Dutzend Verletzte. So sollte die Rodung mehrerer Hektar Wald in der Au erzwungen werden. Die Fernsehbilder des Polizeieinsatzes gegen die Umweltaktivisten rüttelten allerdings erstmals eine breite Öffentlichkeit wach, die zuvor noch weitgehend gleichgültig geblieben war. In Wien gingen 40.000 Menschen auf die Straße und protestierten gegen den Kraftwerksbau und die Maßnahmen.
Mit Erfolg. Drei Tage vor Weihnachten verhängte die Koalitionsregierung aus SPÖ und FPÖ (!) unter Kanzler Fred Sinowatz einen Rodungsstopp. Vorsitzender der Österreichischen Hochschülerschaft, die den breiten öffentlichen Widerstand mit ihrer Demo losgetreten hatte, war Herbert Rainer, ein Lienzer, der damals Jus studierte und später eine Anwaltskanzlei in Wien eröffnete.
Rainer war schon einige Monate vor dem Protestmarsch in die Au bei der legendären „Pressekonferenz der Tiere“ im Presseclub Concordia dabei, verkleidet als Eisvogel. „Unsere Kostüme wurden von Lisi Binder-Neururer gefertigt, der späteren Leiterin der Kostümwerkstätten der Bundestheater“, erinnert sich der Osttiroler. Im kollektiven Gedächtnis blieb der wortgewaltigste der damaligen Protagonisten, „Auhirsch“ Günther Nenning, Publizist, linker Intellektueller, Talkmaster und immer für einen starken Spruch zu haben.
Dieser außergewöhnliche und medial entsprechend wirksame Auftritt einer großen Zahl an Prominenten in Tierkostümen unterstützte das zuvor ins Leben gerufene Konrad-Lorenz-Volksbegehren zur Rettung der Au, das im März 1985 durchgeführt und von 353.906 Personen unterzeichnet wurde. 1986 war die Hainburger Au gerettet. Seit 1996 ist sie Teil des Nationalparks Donau-Auen.
Noch wichtiger als dieser konkrete Erfolg aktiver Umweltschützer:innen – der zweite große Sieg nach der Verhinderung des Atomkraftwerks Zwentendorf – waren die demokratiepolitischen Folgen des Hainburg-Aktionismus. Der zivile Widerstand wurde salonfähig und zugleich wurde der gesellschaftliche Grundstein für die Entwicklung der „Grünen“ als Partei gelegt. 1986 vereinten sich die konservativen Vereinten Grünen Österreichs (VGÖ) mit der progressiveren Alternativen Liste Österreichs (ALÖ) zur Grünen Alternative (GA).
Der Widerstand gegen die Rodung und Flutung der Hainburger Au löste aber auch ein Umdenken in den etablierten Parteien und hier vor allem in der ÖVP aus. Erste Denkansätze zur „ökosozialen Marktwirtschaft“ wurden entwickelt, wie Franz Fischler, der damals die Tiroler Landwirtschaftskammer leitete und 1989 Landwirtschaftsminister wurde, in einem Dolomitenstadt-Podcast erzählt.
Hunderte Kilometer westlich der Hainburger Au sorgte deren Rettung vor den Begehrlichkeiten der Energiewirtschaft auch für dringend benötigten ökopolitischen Rückenwind in Osttirol: Dort kämpften seit Jahren unter der Regie von Wolfgang Retter mehrere Kalser Frauen und eine Gruppe umweltbewegter Menschen gegen ein riesiges Stausee-Projekt im Kalser Dorfertal.
Am 20. September 1987 – knapp drei Jahre nach den Ereignissen in der Au – kam es zu einer Volksbefragung, bei der sich 63,5 Prozent der Kalser:innen gegen das Kraftwerk aussprachen. An ihrer Seite kämpften mit Marilies Flemming, die sich schon gegen Zwentendorf und Hainburg engagiert hatte, und Marga Hubinek auch zwei ÖVP-Spitzenpolitikerinnen. Kurz darauf wurde der Plan verworfen, das Kalser Dorfertal zu fluten und 17 Gletscherbäche in einen Großspeicher mit 220 Meter hoher Staumauer abzuleiten.
5 Postings
Als zu Hainburgs Zeiten die Welle auch nach Osttirol überschwabbte und einige wenige gegen den hiesigen Blick doch Hoffnung gegen das Monsterkraftwerksprojekt in der Iselregion schöpften, mussten so einige Platzhirsche der Extrastüberlpolitik tief einatmen und schleimig aushusten.
Hainburg mit den Donauauen hatte also große Symbolwirkung.
Leider aber nicht mehr auf die Zecken der heutigen Zeit.
Noch heute gibt es Parteien die Natur-, Umwelt-und Klimazerstörung mit aller Vehemenz vorantreiben:
"Nur die FPÖ ist klar für Österreichs Verbleib im "Klimakiller"-Vertrag... Das Öl- und Gasunternehmen Rockhopper bekommt von Italien 190 Millionen Euro plus Zinsen, weil der Staat Öl- und Gasbohrungen in seiner Küstennähe verboten hat. Nun geht der fossile Riese Exxon juristisch gegen die Niederlande vor, weil die Regierung die Erdgasproduktion in der Provinz Groningen gestoppt hat. Die Gasförderung hatte Erdbeben verursacht und zehntausende Gebäude in der Region zerstört. Solche Klagen ermöglicht der Energiecharta-Vertrag (ECT). Er schützt die Investitionen von Energieunternehmen und kann Steuerzahler Millionen kosten... Für den Vertragsausstieg der EU stimmten im EU-Parlament alle österreichischen Parteien außer der FPÖ!!! Ausgerechnet die Freiheitlichen hatten sich in der Vergangenheit am lautesten gegen Freihandelsabkommen wie TTIP oder CETA gewehrt, die wie der ECT Investitionen von Konzernen schützen... Unter anderem haben Frankreich, Deutschland, Italien, Polen, Spanien und die Niederlande den umstrittenen Vertrag gekündigt. Die Experten aus dem Ministerium sind außerdem zum Ergebnis gekommen, "dass auch ein modernisierter Vertrag keinen zusätzlichen Nutzen für Österreich bedeutet und ein Austritt zum Vorteil Österreichs ist. Dass die Republik bis heute noch Mitglied im Vertrag ist liegt an der ÖVP,..."
https://www.derstandard.at/story/3000000248221/nur-die-fpoe-ist-klar-fuer-oesterreichs-verbleib-im-klimakiller-vertrag
Ja so treffend wie ein "Hirsch" aussehen soll usw........ Die "Jagd" nach solchen hat bereits begonnen.
"Günther Nenning, Publizist, linker Intellektueller, Talkmaster und immer für einen starken Spruch zu haben." Für Bruno Kreisky war er ein "Wurschtl".
Als "Rot-grün-hellschwarzer" blieb ihn ja keine andere Wahl. Massgeblich war letztlich sein Geweih, es hat ihm bis zur letzten Stunde geehrt.
Sie müssen angemeldet sein, um ein Posting zu verfassen.
Anmelden oder Registrieren