Tirols geschäftsführender SPÖ-Chef und baldiger Landeshauptmann-Stellvertreter Philip Wohlgemuth spricht sich trotz manch anderslautender Positionen in seiner Partei gegen Bündnisse mit der FPÖ aus. Es gebe eine „klare Beschlusslage“ in der SPÖ, er sehe „keine Notwendigkeit“, diese zu ändern, sagte Wohlgemuth im APA-Interview. Bezüglich seines Vorgängers Georg Dornauer erwartete er weiter dessen Komplettrückzug aus der Politik: „Ich gehe davon aus, dass Georg sein Wort hält.“
„Es gibt momentan einen klaren Beschluss in der Partei: Keine Zusammenarbeit mit der FPÖ. Im Bund wie im Land. Daran werde ich mich halten“, schloss der 37-Jährige, der mit 19. Dezember Dornauer in der Landesregierung nachfolgen wird, auch ein mögliches Zusammengehen mit den Freiheitlichen in Tirol aus. Sollte es „Änderungsbedarf“ geben, werde man das zwar „diskutieren und beraten“, aber: „Ich sehe dafür keine Notwendigkeit.“
„Es gibt momentan einen klaren Beschluss in der Partei: Keine Zusammenarbeit mit der FPÖ. Im Bund wie im Land. Daran werde ich mich halten.“
Philip Wohlgemuth, Tiroler SPÖ-Chef
Dornauer hatte sich zwar in der Vergangenheit auch nicht für Bündnisse mit der FPÖ ausgesprochen, galt aber in dieser Frage als offener. Er sprach etwa davon, dass mit dem 2017 auf Bundesebene verabschiedeten „Kriterienkatalog“ die sogenannte „Vranitzky-Doktrin“, die eine Koalition mit der FPÖ seit Übernahme der Obmannschaft durch Jörg Haider 1986 ausschloss, „obsolet“ sei.
Gefragt nach der ursprünglich offenen Bereitschaft der steirischen SPÖ, mit der Landes-FPÖ nach deren Wahltriumph zu koalieren, meinte Wohlgemuth: „Ich mische mich nicht in andere Länder ein.“ Seine Haltung sei jene, die er angeführt habe. Tirol sei neben Kärnten aufgrund der Zusammenarbeit mit der ÖVP die letzte Landesregierung, die eine „große Koalition leben“ würde: „Ich bin ein Fan dieser ‚großen Koalition‘. Des Interessensausgleichs, des Miteinanders.“
Über den über einen Jagdausflug mit dem insolventen Signa-Gründer René Benko samt an die Öffentlichkeit gelangtem Foto gestolperten Dornauer wolle und werde er „kein schlechtes Wort verlieren“, schließlich habe man lange Jahre „sehr gut zusammengearbeitet“: „Er hat seine Verdienste.“ Im Landtag will Dornauer nach seinem Ausscheiden aus der Regierung - zumindest vorerst - bleiben, seine Zukunft als Bezirksparteivorsitzender von Innsbruck-Land ist offen.
Wohlgemuth ließ indes keinen Zweifel daran, dass er einen Abgang Dornauers erwartet. Auf die Frage, ob er davon ausgehe, dass der 41-Jährige sich kurz- und mittelfristig komplett zurückziehe, meinte Tirols neuer oberster Roter: „Das hat Georg so im Gespräch erklärt. Ich gehe davon aus, dass er sein Wort hält.“
In Hinblick auf das Landtagsmandat bestand Wohlgemuth darauf, dass Dornauer dieses nur „temporär“, bis zu einer „beruflichen Neuorientierung“, ausüben werde: „Das hat er im kleinen Kreis mitgeteilt. Er hat bisher immer Handschlagqualität bewiesen. Ich gehe davon aus, dass dieser Handschlag weiter zählt.“ Was „temporär“ in diesem Fall konkret in zeitlicher Hinsicht bedeutet, wollte der Tiroler Noch-ÖGB-Chef nicht konkretisieren. Ebenso wenig, was passiert, sollte Dornauer anders agieren als erwartet: „Ich denke Schritt für Schritt.“
„Die Rückmeldungen wegen des Jagdfotos waren ganz andere als bei früheren Diskussionen. Das hat eine ganz andere Dynamik und Tonalität angenommen.“
Philip Wohlgemuth, Tiroler SPÖ-Chef
Dornauer habe die „höchstmögliche Konsequenz“ gezogen, indem er seinen Rückzug aus beiden Spitzenämtern angekündigt habe, so Wohlgemuth. Und führte offen aus, dass es nicht nur die Reaktion der höheren Funktionäre, sondern vor allem auch der parteiinterne Druck der Basis gewesen sei, der dazu führte, dass sich der Noch-Landeshauptmannstellvertreter nicht mehr halten konnte: „Die Rückmeldungen wegen des Jagdfotos waren ganz andere als bei früheren Diskussionen. Das hat eine ganz andere Dynamik und Tonalität angenommen.“
Das Krisenmanagement habe in der Phase aber funktioniert, betonte Wohlgemuth. Die Partei habe zusammengehalten. „Wir sind kein zerstrittener Haufen, wie es dargestellt wurde“, erklärte der gebürtige Innsbrucker, der seit dem Jahr 2017 an der Spitze des Tiroler ÖGB steht und bisher auch als Landtagsabgeordneter fungierte. „Anstand und Respekt“ würden es aber auch erfordern, „Entschuldigung zu sagen für das Bild, das wir abgegeben haben“.
Obwohl die Positionen des Landeshauptmannstellvertreters und Tiroler SPÖ-Vorsitzenden eigentlich nicht in seiner „Lebensplanung“ vorgekommen seien, gehe er nun mit Feuereifer an die Sache: „Ich bin gekommen, um zu bleiben.“ Er erfahre „viel Kraft, Unterstützung und Geschlossenheit“ in der Partei und wolle nun die „Teamarbeit“ in den Mittelpunkt der Arbeit stellen - sowohl in der Landespartei im Sinne einer „Mitmachpartei“, als auch in der Regierung in Kooperation mit der ÖVP. Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) habe er „Stabilität“ in der Landesregierung versprochen, sagte Wohlgemuth: „Es gab nie eine Regierungskrise und es gibt keine Regierungskrise.“
Er kenne „den Toni“ schon viele Jahre lang. „Ich bin überzeugt, dass unsere Charaktere gut harmonieren, wir das Verbindende vor das Trennende stellen. Gleichzeitig werden wir auch die Stimme erheben, wenn es um sozialdemokratische Inhalte und Interessen geht und konsequente SPÖ-Politik gewährleisten“, sah Wohlgemuth die Voraussetzung für eine „weiter gute“ Regierungspolitik gegeben. Näher auf inhaltliche landespolitische Themen wollte der Sozialdemokrat vorerst nicht eingehen. Er sei noch nicht einmal im Amt, verwies er auf seine anstehende Angelobung übernächste Woche.
Nur soviel: „Kompromisslos“ werde er sowohl auf Bundesebene - in Bezug auf die Koalitionsverhandlungen mit ÖVP und NEOS - als auch auf Landesebene dann sein, wenn es um Fragen des Sozialstaates geht. Kürzungen von Sozialleistungen dürfe es trotz prekärer finanzieller Lage nicht geben, denn: „Der Sozialstaat führt uns gut durch Krisen.“ Man werde sich auch im Land klar anschauen, wo Kürzungen von Ausgaben möglich sind - der Sozialstaat bzw. die Sozialpolitik solle davon ausgenommen bleiben, unterstrich Wohlgemuth, der sich als „pragmatischer Mensch mit klarer Ideologie, nämlich immer aufseiten der Schwächeren“ beschrieb.
Noch einigen Diskussionsbedarf innerhalb der schwarz-roten Landesregierung gibt es offenbar hinsichtlich des Tiroler „Asylkodex“ nach Vorarlberger Vorbild, der mit Beginn kommenden Jahres gelten soll und den Landeshauptmann Mattle angekündigt hatte. Per Unterschrift sollen Asylwerber bereits ab dem ersten Tag dazu verpflichtet werden, positive Integrationsmaßnahmen zu setzen, etwa sich an gemeinnützigen Arbeiten beteiligen.
„Ob es ‚Asylkodex‘ heißt oder nicht, werden wir noch diskutieren“, schien Wohlgemuth, der unter anderem auch Dornauers Flüchtlingsagenden übernehmen wird, dahingehend etwas auf der Bremse zu stehen bzw. eine liberale Position einzunehmen. Es brauche jedenfalls „Integrationsmaßnahmen, die greifen und Menschlichkeit gewährleisten und die in der Gesellschaft ein Miteinander zulassen“.
Dem Gewerkschaftschef schwebten etwa „flexiblere und schnellere“ Deutschkurse vor - „nah an den Menschen“, etwa in den Betrieben. Die Bundes-SPÖ sah er in Sachen Migration und Integration gut und klar aufgestellt. Es gebe das „Kaiser-Doskozil-Papier“ - ein „klares Papier - nach dem wollen wir arbeiten“.
3 Postings
Richtigerweise müsste es heißen: "Die derzeitige Ausprägung des Sozialstaats führt uns in die Krise."! Und den größten Anteil an dieser Misere hat die Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ).
Dieser Kommentar ist lachhaft - wer hat seit 2015 regiert??????
@Tip Top
... dann hab den Mut, alle Leistungen die du daraus lukriert hast an die Staatsgemenschaft zurückzuzahlen und warum hast du sie auch angenommen. Ich vermute, dass wir darauf wohl lange warten müssen.
Mit irgendwelchen Märchen die Leute verblödeln zu müssen zieht halt in der heutige Informationsgesellschaft nicht mehr so richtig und ist wirklich nur lachhaft, wie @Bruggger richtig meint.
Also zah an!
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