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„Arbeitsmodelle hinterfragen und neue Wege einschlagen“ 

Mehrere Leidenschaften zum Beruf machen? „Es gibt immer Möglichkeiten, auch in Osttirol“, meint Laura Wildschut.

„Wir können das Interview gerne nächste Woche machen, da bin ich wieder in den Niederlanden“, schreibt mir Laura Wildschut als Antwort auf meine Anfrage für das Heimweh 2.0-Interview. Das Schönste und wohl auch der Kern unserer Serie über junge gebürtige Osttiroler:innen ist es, jedes Mal aufs Neue davon überrascht zu werden, wohin es die vielen spannenden Persönlichkeiten verschlagen hat und wie sich ihre Lebenswege entfalten. 

Der erste Satz beschreibt auch gleich, dass sich Laura an zwei Orten zu Hause fühlt und regelmäßig zwischen Kals und den Niederlanden hin- und herpendelt: „Besonders im Winter bin ich immer für längere Zeit in Osttirol, um als Skilehrerin zu arbeiten“, schmunzelt sie. Aus ihrer Leidenschaft fürs Skifahren und Snowboarden hat sich in der Zwischenzeit ein zweites Standbein entwickelt, dazu später mehr. 

„Seit ich nicht mehr das ganze Jahr über in Kals lebe, weiß ich es viel mehr zu schätzen, dass ich in so einer unberührten Natur mitten im Gebirge aufwachsen durfte.“

„Seit ich nicht mehr das ganze Jahr über in Kals lebe, weiß ich es viel mehr zu schätzen, dass ich in so einer unberührten Natur mitten im Gebirge aufwachsen durfte. Das ist keine Selbstverständlichkeit!“, meint sie. Trotz ihrer Liebe zu den Bergen zog sie nach ihrem Bachelorstudium in die Niederlande. Das mag damit zu tun haben, dass sie selbst niederländische Wurzeln hat, „es lag aber auch an den spannenden Masterstudiengängen, die an der Universität Wageningen angeboten werden. Außerdem hat die Uni einen ausgezeichneten Ruf für die Bereiche Nachhaltigkeit und Landwirtschaft“, schildert Laura. 

Die Niederlande wurde zu Lauras zweiter Heimat. Hier steht sie vor dem Fluss Niederrhein in Wageningen. Alle Fotos: Privat

Nach Abschluss ihres Bachelorstudiums „Umwelt- und Bioressourcenmanagement“ an der BOKU in Wien war für sie klar, dass sie auf jeden Fall in diesem Bereich bleiben möchte. Zum einen, weil sie sich für naturwissenschaftliche Fächer interessiert und zum anderen, weil ihr das Thema Nachhaltigkeit und Umweltschutz am Herzen liegt: „Das spiegelt sich auch in meinem persönlichen Lebensweg wider. Ich finde es wichtig, dass man nicht nur auf sich selbst schaut, sondern sich auch um andere kümmert und den Lebensraum, der uns umgibt, schätzt. Das ist in unserer individualisierten Gesellschaft nicht immer selbstverständlich.“  

Sich in dem breit gefächerten Themenfeld des Klima- und Umweltschutzes für eine Spezialisierung zu entscheiden, fiel ihr aufgrund ihrer vielen Interessensgebiete nicht leicht, deshalb schrieb sie sich für zwei Masterstudiengänge ein, die sie parallel absolvierte: International Land and Water Management und Environmental Sciences. 

Für die Masterarbeit, die Laura derzeit verfasst, nutzte sie ihre Verbindungen nach Österreich: Im Rahmen des wissenschaftlichen Projektes ‚Microclim‘ der Universität Wien verbrachte sie einen ganzen Monat lang in den Stubaier Alpen, um dort die Wurzeleigenschaften von Pflanzenarten entlang eines Höhengradienten zu untersuchen. Ideen für die zweite Masterarbeit schweben ihr bereits vor: „Ich könnte mir gut vorstellen, Forschung zum Thema Borkenkäfer zu betreiben, was in Osttirol derzeit ja eine große Relevanz hat.“  

Für ihre Masterarbeit untersuchte Laura die Wurzeleigenschaften von Pflanzenarten entlang eines Höhengradienten in den Stubaier Alpen.

Zwar sind die Themenbereiche in Lauras Studienwahl schon breit gefächert und nur schwer einzugrenzen, darüber hinaus gibt es aber noch viele andere Interessensbereiche und Hobbys, denen sie nachgeht: „Die fachlichen Inhalte, die an der Universität vermittelt werden, sind eine Sache, gleichzeitig gibt es so viele andere Möglichkeiten, während des Studiums zu wachsen und zu lernen. Man kann neue Dinge ausprobieren, spannenden Freizeitbeschäftigungen nachgehen, sich in Projekten engagieren usw.“, erzählt Laura. „Besonders seit ich in den Niederlanden lebe, haben sich noch einmal ganz andere Möglichkeiten aufgetan als während meiner Studienzeit in Österreich.“ 

Im Falle ihres Studiums an der Uni Wageningen ist für Laura vor allem der internationale Aspekt spannend: „Man hat jeden Tag mit so vielen Menschen zu tun, die aus aller Welt kommen und baut dann auch einen internationalen Freundeskreis auf.“ Typisch für die Niederlande sei es beispielsweise, sich mit Freund:innen zum „Potluckdinner“ zu treffen: „Da bereitet jeder ein Gericht zu, man trifft sich und isst dann von allem was. Besonders interessant ist das mit Menschen aus verschiedenen Ländern und damit unterschiedlichen Essenskulturen.“ 

Ins internationale Umfeld hat sich Laura auch beim Tanzen gewagt, besonders lateinamerikanische Tänze haben es ihr angetan. Ansonsten findet man sie in den Niederlanden häufig am Tennisplatz. Ihrer Lieblingsfreizeitbeschäftigung kann sie in dem nordeuropäischen Land nämlich nicht nachgehen: Dem Skifahren. Wie eingangs beschrieben, trifft man sie in der Wintersaison meistens auf den Pisten in Kals als Ski- oder Snowboardlehrerin an. Die vergangene Saison hat sie genutzt, um die mehrwöchige Ausbildung zur Landesskilehrerin zu absolvieren. 

Aus ihrer Leidenschaft fürs Skifahren und Snowboarden hat sich in der Zwischenzeit ein zweites Standbein entwickelt.

In Zukunft könne sie sich gut vorstellen, ihre beiden Leidenschaften – Forschung betreiben und gleichzeitig als Skilehrerin arbeiten – zu verbinden: „Ich glaube, es ist Zeit, die klassischen Arbeitsmodelle zu hinterfragen und neue Wege einzuschlagen“, schmunzelt sie. „Im Idealfall ergibt sich eine Möglichkeit, bei der ich ein Viertel des Jahres anderen meine Leidenschaft fürs Skifahren und Snowboarden weitergebe, und das restliche Jahr an Forschungsprojekten im Alpenraum arbeite.“

„Ich glaube, es ist Zeit, die klassischen Arbeitsmodelle zu hinterfragen und neue Wege einzuschlagen.“

Laura Wildschut

Über ein kreatives Arbeitsmodell könne sie sich gut vorstellen, in Zukunft in Osttirol zu leben: „Derzeit genieße ich das internationale Umfeld in den Niederlanden sehr und mag es, quasi an zwei Orten zu leben. Gleichzeitig freue ich mich darauf, wenn das Hin- und Herfahren irgendwann ein Ende hat. Man kann dann auch stärkere Verbindungen aufbauen und sich sozial mehr engagieren.“ Sie könne sich beispielsweise gut vorstellen, ehrenamtlich zur Feuerwehr oder zur Bergrettung zu gehen. „Das ist nicht so einfach umsetzbar, wenn man an zwei Orten lebt“, lacht sie. 

Was Laura seit dem letzten Heimweh Interview gelernt hat? „Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, sein Leben zu gestalten und man darf mutig seinen eigenen Weg gehen“, meint sie schmunzelnd und mit ihren vielen innovativen Ideen wird ihr das ganz sicher auch weiterhin gelingen. 

Anna Maria Huber schreibt als freie Autorin nicht nur für dolomitenstadt.at sondern auch für die Straßenzeitung 20er. Annas Stärken sind penible Recherchen und die Fähigkeit, komplexe Inhalte in klare und verständliche Artikel zu verwandeln.

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