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Fachleute prophezeien weitere Flächenreduktionen und weitere Insolvenzen im stationären Handel. Foto: Jacek Dylag/Unsplash

Fachleute prophezeien weitere Flächenreduktionen und weitere Insolvenzen im stationären Handel. Foto: Jacek Dylag/Unsplash

Einkaufsstraßen kämpfen österreichweit mit Leerständen

Der Umbruch im Handel geht weiter. Auch absolute Innenstadt-Toplagen geraten unter Druck.

Die Problematik mit Leerständen im Einzelhandel in Einkaufsstraßen ist vielerorts die gleiche und trifft inzwischen auch gute Lagen. „Es ist ein riesiger Umbruch im Gange, was den Einzelhandel angeht“, beschreibt etwa Inga Horny vom Klagenfurt Marketing die Situation. Einzelne Lokale seien „aufgrund zu hoher Mieten generell schwer zu vermitteln“, heißt es vom Obmann der Wirtschaftsgemeinschaft Bregenz, Clemens Sagmeister, im Rahmen einer österreichweiten APA-Recherche.

Der Trend, dass der Textileinzelhandel dem Onlinehandel zum Opfer fällt, mache sich ebenso bemerkbar, wie jener, dass große Geschäftsflächen nicht mehr zeitgemäß seien, so Horny. „Speziell wenn sie über mehrere Etagen gehen, tut man sich sehr schwer, sie in die Nachvermietung zu bringen.“

Das „prinzipielle Faktum zu großer Flächen“ im Handel, unterstreicht auch Regioplan-Standortberaterin Ines Delic. Dazu komme das Online-Shopping. Sie prophezeit weitere Flächenreduktionen und weitere Insolvenzen im stationären Handel. Die Problematik sei in großen und kleinen Städten die gleiche; in kleineren Orten würden Leerstände aber stärker ins Auge fallen und im schlimmsten Fall auch die Nahversorgung wegbrechen. Delic sagte auch, es gebe in vielen Städten Probleme mit der Bausubstanz bei den Handelsimmobilien. Für Klagenfurt beschreibt das wiederum Horny so: „Es gibt Flächen, die sind in derart desolatem Zustand, dass sie nicht vermietet werden können. Etwa was den Sanitärbereich oder fehlende Aufenthaltsräume für Mitarbeiter angeht.“

„Die Menschen, vor allem die Jüngeren, geben Geld inzwischen anders aus. Jeder schaut angesichts der Krise, was er wirklich braucht.“

Standortberaterin Ines Delic

Mehrere Experten betonten, dass für weniger Leerstände auch wieder mehr in den Städten gewohnt werden müsse. Horny: „Innenstädte sollen wieder als Wohnräume attraktiv gemacht werden.“ Weiters brauche es das Schaffen eines gesamtheitlichen Erlebnisses rund ums Shoppen, so Delic. „Die Menschen, vor allem die Jüngeren, geben Geld inzwischen anders aus. Jeder schaut angesichts der Krise, was er wirklich braucht; Jüngere kaufen viel Second Hand und geben mehr Geld für Erlebnisse oder im Sinne des Körperbewusstseins aus.“ Also brauche es einen neuen Mix in den Einkaufsstraßen, um die Frequenz zu schaffen, die es braucht, damit die Geschäfte gut leben. Verweilten die Leute, würden sie auch Geld ausgeben.

„Wenn ich den passenden Mix nicht habe, hilft mir die ganze Konjunktur nix - es geht schon um Konsumententrends“, sagte Standortberaterin Delic. Der Wirtschaftswissenschafter Marcus Scheiblecker vom Wifo meinte gegenüber der APA hingegen, dass die derzeitige Leerstandslage zu 90 Prozent der schwachen Konjunktur geschuldet sei. Eine solche „Durststrecke“ wie derzeit habe man aber „kaum bereits so gesehen in den vergangenen 50 Jahren; der Konsum sinkt, der Handel leidet besonders“.

Man verstehe die Zurückhaltung der Bevölkerung angesichts real gestiegener Löhne nicht, gehe aber davon aus, dass sich die Situation ab 2025 verbessern und ab 2026 tatsächlich wieder besser sein werde, so Scheiblecker. Er glaubt auch, dass beim Online-Handel die größten Wachstumszeiten schon wieder vorbei seien. Bedeutend für die Einkaufsmeilen sei auch, wie gut der Tourismus laufe.

Blickt man in weitere Städte, offenbaren sich die gleichen Themen. Leerstände gibt es nicht nur in der berühmten Wiener Mariahilfer Straße, wo man für ein Geschäftslokal schnell einmal 30.000 Euro und mehr im Monat hinblättern soll, auch die nicht weniger bekannte Salzburger Getreidegasse spürt den Wandel im Handel. Ketten wie Zara, Marionnaud oder McDonald’s haben sich aus dem Altstadt-Herz verabschiedet. Die Dichte an Souvenirläden steigt - was auch anderswo zu beobachten ist, wo sich viele Touristen tummeln. „Die vielen Pop-ups und Souvenirgeschäfte entwerten die Einkaufsstraße. Man würde gut daran tun, hier gegenzusteuern“, sagte kürzlich CBRE-Fachmann Christoph Oßberger über Salzburg. Dies gilt obwohl „Salzburg nach wie vor zu den attraktivsten Retailstandorten in Österreich gehört“, so CBRE-Experte Walter Wölfler.

Insgesamt verfügt Salzburg über rund 72.000 Quadratmeter innerstädtische Verkaufsflächen. In der Getreidegasse betrug der Leerstand zuletzt etwa 3,5 Prozent, für die Innenstadt lag diese Quote bei 7 Prozent. In A-Lage gibt es auf einer Länge von rund 1,7 Kilometern 167 Geschäfte - eine extrem hohe Dichte. Laut Oßberger lassen sich die Leerstände damit erklären, dass die durchschnittliche Fläche in Salzburg lediglich 106 Quadratmeter groß ist. Ein weiterer Grund sind die Mieten, die in der Getreidegasse inzwischen bei 50 bis 140 Euro pro Quadratmeter im Monat liegen.

Innsbruck sei aktuell von Leerständen im größeren Stil verschont, so Michael Perger vom Zentrumsverein. Dies hänge mit einem „funktionierenden Städtetourismus“ zusammen. In Zukunft werde aber die Entwicklung, dass Erdgeschossflächen zunehmend von Gastronomie- und Dienstleistungsbetrieben übernommen und der stationäre Handel vom Online-Handel verdrängt werden, auch vor der Tiroler Metropole nicht Halt machen. Aber, so Perger: „Es darf keine weiteren Handelsflächen, vor allem am Stadtrand, geben.“ Investitionen der öffentlichen Hand in die Aufenthaltsqualität seien zudem wesentlich, dann siedelten sich etwa wie am Wiltener Platzl „automatisch“ Geschäfte an.

Auch in Graz waren die letzten beiden Jahre nicht leicht für den Handel, der in der steirischen Hauptstadt aus verhältnismäßig vielen „Einzelkämpfern“ besteht. Denn anders als zum Beispiel in A-Lagen in Wien sind in Graz nur 28 Prozent der Geschäfte Filialen größerer Handelsunternehmen, so Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will. In der Wiener Mariahilfer Straße seien es beispielsweise 40 und in Linz 36 Prozent. Der Leerstand der Einzelhandelsflächen in der Grazer innenstädtischer A-Lage lag laut der jüngsten Erhebung bei 3,2 Prozent und damit deutlich niedriger als im österreichischen Mittel von 4,9 Prozent. Allerdings sei die Verkaufsfläche in Graz seit 2014 deutlich geschrumpft, wodurch von den ehemaligen Verkaufsflächen bereits 7,7 Prozent anders genutzt werden. „Graz zählt hier zu den Spitzenreitern“, so Will.

In den Bezirksstädten in Österreichs ländlichen Regionen schaut die Lage oft besonders prekär aus. Im Vorarlberger Dornbirn ist man „auf der Hut, aber nicht in Panik“: „So einfach wie früher ist es schon nicht mehr, dass schon der nächste wartet, wenn ein Lokal frei wird“, beschreibt Heidi Mark von der Werbegemeinschaft inside Dornbirn die Situation. Gerade in Toplagen sei der Standort nach wie vor sehr begehrt, so habe es 40 Interessenten für das Lokal einer pensionsbedingt zusperrenden Bäckerei am Marktplatz gegeben, gibt es auch gute Nachrichten zur Leerstandsthematik.

11 Postings

lia
vor 2 Monaten

vielleicht wird es besser, wenn man bereits in der grundschule wirtschaft unterrichtet.

 
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wolf_C
vor 2 Monaten

Und noch einmal: Der Schlüssel zur Raumordnung ist der Verkehr ... kann und will man die Autoparkplätz nicht gerecht besteuern, weil gratis zB bei den Einkaufszentren und auch die Straße dahin, wird es sich für eine Innenstadt nicht ausgehen; wird der Transport von der maschinellen Lagerhalle bis ins Wohnzimmer des I-net Kunden nicht den Kosten entsprechend bezahlt weil strukturell subventioniert, dann wird es sich für eine menschliche Stadt nicht ausgehen

 
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    Senf
    vor 2 Monaten

    ... heut bist besonders einfallsreich. liegts etwa gar am montag?

     
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    Senf
    vor 2 Monaten

    du könntest finanzminister oder stadtkämmerer werden. die leute sollen also zur mineralölsteuer, straßensteuer, parkgebühr, zustellgebühr, lieferanten und transportkostenkosten - allesamt belegt mit mehrwertsteuer - dann endlich noch eine eine zusätzliche steuer verrechnet bekommen. in ordentlicher höhe, versteht sich. vielleicht noch eine zusatzsteuer für den parkplatz am privatgrund?

    die menschliche stadt -was auch immer eine solche sein soll - rückt endlich in die nähe. was aber machst du aber mit den menschlein, die am rand oder am land leben? entsiedeln?

     
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brummi123
vor 2 Monaten

Bei dem Angebot, was es z.B. in Lienz gibt, ist es wohl wirklich kein Wunder! Da hilft es eh meist nur nach Spittal oder Villach fahren oder online einzukaufen!

 
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    MVP
    vor 2 Monaten

    was gibt´s in lienz nicht, das es in spittal gibt (mal abgesehen von einem großen möbelhaus)?

     
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wolf_C
vor 2 Monaten

... irgendwer wird schon verdienen am grenzenlosen viel zu billigen Transport der i-net packln, ist halt auch ein 'Umverteilung' ...

 
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bb
vor 2 Monaten

Leerstände oder es ziehen Firmen ein, wo ich nie oder höchst selten hin gehe - Immobilienmakler, Kosmetiksalone, Optiker, noch ein Hörgeräte-Akustiker, noch ein Friseur... das "Bummeln" wird immer uninteressanter.

 
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    ruhigblut
    vor 2 Monaten

    ...versucht mal zwischendurch ein Mutiger, trotz horrender Miet/Betriebskosten ein Lokal in Lienz zu eröffnen, heißt es immer wieder: "Aber bitte keine Gastronomie!" Es könnte ja ein Geruch auftreten, oder Lärm. Und gleichzeitig wird über Leerstand gejammert.

     
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      La_u_ra
      vor 2 Monaten

      @ruhigblut das mit der gastronomie liegt leider oft nicht am vermieter sondern an den ganzen auflagen, die benötigt werden, um ein geschäftslokal in ein gastronomie lokal umzuwidmen. das kann ganz schön teuer werden, wenn eine lüftung, ggf ein neues eingangsportal, sanitäranlagen etc benötigt werden. liegt also nicht immer nur am vermieter 😉

       
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      ruhigblut
      vor 2 Monaten

      @ Laura, ist sicher auch ein Grund, da geb ich dir schon Recht. Aber auch wenn man selber alles adaptiert sind vielfach Bedenken da. Wie zum Bsp.: "Ich will es mir mit meinen Mietern oberhalb nicht verderben!", oder Sperrstundenregelungen, usw. Mir kommt oft vor, am besten sollte man fast unsichtbar und unhörbar sein, Hauptsache die Pacht klingelt. Gilt natürlich nicht für Alle, wie halt meistens. Es könnten auch die Banken ihre ablehnende Haltung gegnüber Gastronomie mal überdenken, und jungen Unternehmern mal einen Vertrauensvorschuss (günstige Kredite usw.) geben, sonst siehts irgenwann düster aus in den Innenstädten. Nur um sich "arm zu arbeiten" wird sichs Keiner mehr antun.

       
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