„Hoch dem Eunuchenchor“, war auf einem Banner zu lesen, „Verstärkung für den Alpenzoo“ auf einem anderen: 40 bis 50 Mittelschüler hatten sich im März 1965 zum Protest am Flughafen Salzburg eingefunden. Dort sollten vier Musiker aus Liverpool wegen eines Drehs in Obertauern landen. Die klare Botschaft: „Beatles go home“. Wundersame und wunderbare Geschichten zu den Fab Four in der Alpenrepublik sind nun in einem unterhaltsamen Buch „Als die Beatles Österreich auf den Kopf stellten“ nachzulesen.
Man kann sich heute nur schwer in die Zeit versetzen, in der junge Leute mit etwas längeren Haaren in Wien von Fiakerkutschern mit den Worten „Ich knall’s euch mit der Peitsche runter, eure langen Federn“ angeschrien wurden. In den 60er-Jahren war es nicht gerade lustig für Jugendliche in Österreich, wenn man nicht Schlager, Volksmusik und erzkonservativem Weltbild frönte. Entsprechend waren die Zeitungsberichte, als die Beatles nach Obertauern kamen, um Szenen für „Help!“ zu filmen: „Wie verlauste Paviane in Zivil“ seien sie aus der Maschine gekrabbelt, hieß es in einem Artikel. „Die Schreihälse aus Liverpool“, titulierte vergleichsweise wohlwollend ein anderes Blatt.
Aber John Lennon, Paul McCartney, George Harrison und Ringo Starr haben mit ihrer Persönlichkeit und ihrem Schaffen letztendlich auch hierzulande den Samen der Veränderung gesät. „Mit diesem Buch wollen wir sichtbar machen, wie die vier Liverpooler unser Land und die österreichische Gesellschaft verändert und geprägt haben - die Musik, die Jugendkultur, den Film, Mode und Literatur“, schreibt Lorenz Birklbauer, gemeinsam mit Wolfgang Planker Autor der umfassenden Aufarbeitung.
Der Kern ihrer Arbeit, garniert mit vielen Fotos, sind jene Tage in Obertauern, als die „Pilzköpfe“ zum ersten und einzigen Mal gemeinsam in Österreich waren - und ein mythenumranktes Privatkonzert gaben (bei dem die Tonanlage wegen Überlastung den Geist aufgab und der Wirt auf den Kosten sitzen blieb). Zu den turbulenten Beatles-Wochen im Schnee gibt es viele Anekdoten und Fakten, informativ wie launig verfasst, sowie Hintergründe zur zeitlichen und gesellschaftlichen Einordnung.
Zwischendurch kommen Persönlichkeiten zu Wort, deren Lebensgefühl die Beatles verändert haben - von Michael Köhlmeier über Karl Ratzer und Harri Stojka bis zur neuen heimischen Popgeneration in Form von Wanda und Nino aus Wien.
Literaturpreisträger Peter Handke machte sich 1966 als Reporter des „Sterns“ auf nach Essen, wo die Beatles im Rahmen einer „Bravo-Blitztournee“ auftraten. Zwei Wochen davor waren seine „Publikumsbeschimpfungen“ uraufgeführt worden. Der Autor stellte bei einer Pressekonferenz gescheite Fragen und Lennon signierte für ihn sein Buch „A Spaniard in the Works“. Es „wird bis heute von Handke und seiner Familie wie ein Schatz gehütet“.
Ratloser gegenüber Lennon - und Yoko Ono - erwiesen sich Journalisten, die zu einem Interview mit den Frischvermählten 1969 ins Wiener Hotel Sacher erschienen. Der Anlass: Die Künstler hatten in Zusammenarbeit mit dem ORF ein Filmprojekt umgesetzt, das nun erstmals ausgestrahlt werden sollte. Das Duo erschien pünktlich, allerdings „vollständig von Kopf bis Fuß“ in ein Leintuch gehüllt. „Wichtig ist, was ich zu sagen habe, sonst verlieren die Worte durch die Konzentration auf mein Gesicht an Bedeutung“, erklärte Lennon. Es waren nicht alle sprachlos: André Heller, Moderator beim jungen (und noch wilden) Sender Ö3, beeindruckte Lennon mit seinem Wissensdurst und erhielt ein Sonderinterview.
„Als die Beatles Österreich auf den Kopf stellten“ beleuchtet die Freundschaft zwischen George Harrison und Gerhard Berger, berichtet von einer Sauftour von Ringo Starr in Wien (die im Maxim mit einem Ständchen und den Damen des Etablissements als Chor endete), erzählt, warum Kurt Waldheim wichtiger Protagonist in einer möglichen Beatles-Reunion war, warum ein angekündigtes Konzert der Fab Four 1965 im Wiener Konzerthaus abgesagt wurde, wann Falco auf Paul McCartney traf und vieles mehr zum Thema Beatles und Österreich.
Dazwischen weichen die Autoren doch allzu sehr vom Thema ab und beschäftigen sich ausführlich etwa mit der Entstehung von „Yesterday“, der Beziehung der Beatles zu den Beat-Poeten oder dem Treffen der Beatles mit Bob Dylan.
Rezension: Wolfgang Hauptmann/APA
Lorenz Birklbauer, Wolfgang Planker: „Als die Beatles Österreich auf den Kopf stellten“, Residenz Verlag, 288 Seiten, 30 Euro
Ein Posting
... super cooles Foto der Beatles in OT mit den schon damals wichtigsten Familien-Chefs Krings und Lürzer ...
ganz oben - Obertauern - besser geht's nicht für Après-Ski und Night-Life
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