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Wo sich das Meer und der Himmel berühren

Joe Wandaller stellt in der Kunstwerkstatt Lienz aus. Vernissage am Freitag, 18. Oktober, um 19.00 Uhr. 

Joe Wandaller studierte nach der Matura am Lienzer Gymnasium von 1977 bis 1983 an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Die Meisterklasse von Gustav Hessing und dessen von Cezanne beeinflusster Expressionismus setzten ihn auf einen Weg, der zwar nicht schnurgerade, aber sicher bis zur entscheidenden Abzweigung führte.

Mindestens ebenso wichtig erwiesen sich nämlich die Bekanntschaften mit dem damaligen Lehrbeauftragten für Schrift und Schriftgestaltung Drago Prelog und dem Kärntner Hans Staudacher, die beide einen Ausweg aus den zeitweise verhärteten Fronten des Akademiebetriebs öffneten: Lyrische Abstraktionen und die Disziplinierung von Tachismus und Action-Painting durch die persönliche (Hand-)Schrift, eine Bewegung, die, noch bevor sie Laute, Wörter und Texte codiert, unter Bedingungen wie Schreibrichtung und Satzspiegel, erwartbare Texturen erzeugt. Die Handschrift als Trägerin persönlicher Emotionen und Chiffren wird zur Geheimschrift, wenn sie sich an ihr Gegenüber nicht mit verbindlichen Botschaften wendet.

Zeichnen bedeutet für Joe Wandaller auch aufzeichnen. Aktuell sind seine Arbeiten in der Kunstwerkstatt Lienz zu sehen. Foto: Rudolf Ingruber

Zeichnen bedeutet für Joe Wandaller auch Aufzeichnen. Er gibt damit zu Protokoll, was die unendliche Geschichte der Malerei für ihn immer schon war: Die adäquate Methode, das Flüchtige, Vergängliche der eigenen, persönlichen Empfindungen festzuhalten und ihm im permanenten Aufzeichnen seine geschichtliche Dimension zu sichern.

Ein Künstler kann sich auf Konventionen beziehen, auf ein Vokabular und auf Inhalte, die auch ohne ihn existieren, die er nicht selbst erfunden oder geschaffen hat und die längst zum Allgemeingut gehören. Das garantiert ihm wahrscheinlich Verständlichkeit und Verständnis beim Publikum, nicht aber Originalität und Wahrhaftigkeit. Der Erkenntnisgewinn hält sich in Grenzen, er ist, im wörtlichen Sinn, überschaubar.

Joe Wandaller, Acryl auf Karton, 2021.

Als sich das autonome Gemälde aus übergeordneten Zusammenhängen zu lösen begann, war der Bildrahmen die materielle Bestätigung seiner Funktion als „Fenster zur Welt“. Nach vier Seiten begrenzt soll das Bild in unendliche Tiefen vordringen. Das gelingt am leichtesten dort, wo der Blick durch nichts verstellt ist und erst an jener imaginären Demarkationslinie endet, wo sich das Meer und der Himmel berühren. In Wandallers doppelt gerahmten Bildern aus den Jahren 2020/21 formiert das Malmaterial selbst sich zur Landschaft, mit dem Unterschied, dass hier Mikro- und Makrokosmos eine unmittelbare Verbindung eingehen.


Joe Wandaller, Acryl auf Leinwand, 2024.

Der akademische Auftrag an den angehenden Künstler lautete damals, sich aus den Zwängen des Erlernten zu emanzipieren und eigene Wege zu beschreiten. Das hat dazu geführt, dass der gebürtige Liesertaler auch nach seiner Rückkehr in die Stadt seiner Jugend kein Osttiroler Maler geworden ist, obwohl seine Expertise und seine Verbindungen immer gefragt waren: Unter dem Motto „Kunstraum Osttirol“ präsentierte er sich mit Kolleginnen und Kollegen 2005 auf Einladung des damaligen Staatssekretärs Franz Morak im Bundeskanzleramt. Er engagierte sich für den Adventkalender an der Liebburg und brachte neue Namen und neue Gesichter nach Lienz.

Dreieinhalb Jahrzehnte war Joe Wandaller Kunst- und Werkerzieher am hiesigen Bundesgymnasium und Bundesrealgymnasium. 2002 zeigte er zum ersten und 2009 zum zweiten Mal in der Kunstwerkstatt Lienz seine jeweils neuesten Werke. Zu seinem 70. Geburtstag kehrt er mit Arbeiten aus den letzten drei Jahren noch einmal an den Ort zurück, an dem mit Madeleine Kofler und Felix Hell vor kurzem zwei seiner ehemaligen Schüler ausgestellt haben.

Rudolf Ingruber ist Kunsthistoriker und Leiter der Lienzer Kunstwerkstatt. Für dolomitenstadt.at verfasst er pointierte „Randnotizen“, präsentiert „Meisterwerke“, porträtiert zeitgenössische Kunstschaffende und kuratiert unsere Online-Kunstsammlung.

2 Postings

Bahner Bernd
vor einem Monat

Sehr empfehlenswerte Ausstellung, überraschend, beeindruckend.

 
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Damaha
vor einem Monat

wirklich wunderschöne Bilder! ein wahrer Künstler.

 
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