Obwohl ich zu jener Generation zähle, in welcher der Umgang mit Smartphones und neuen Technologien längst als selbstverständlich angesehen wird, überrascht es mich zwischendurch trotzdem, was alles möglich ist: Während ich im Süden Indiens einen lauen Sommerabend genieße, sitzt meine Heimweh-Interview-Partnerin Magdalena Kofler in Wien vor ihrem Laptop und lächelt mir über den Bildschirm entgegen. Interview-Situationen im 21. Jahrhundert, die längst nicht mehr an einer unzureichenden Internetverbindung scheitern, sondern maximal durch im Hintergrund vorbeifahrende Tuktuks gestört werden.
In Wien ist es spät am Nachmittag und Magdalena Kofler ist gerade in ihr drittes Dienstjahr als Lehrerin gestartet. Dass sie irgendwann an einer Schule unterrichten würde, hatte sie sich lange Zeit nicht vorstellen können: „Ich bin in einer lehrerdominierten Familie aufgewachsen und wollte selbst nie Lehrerin werden“, lacht sie.
Eine andere Leidenschaft begeistert sie allerdings schon seit ihrer Kindheit: „Dass ich irgendwann etwas Kreatives machen möchte, hab’ ich immer schon gewusst.“ Vollzeitkünstlerin zu sein, habe sie sich aber nicht vorstellen können: „Das würde nicht zu mir passen, auch, weil dann immer der Druck da ist, kreativ sein zu müssen und etwas Neues zu kreieren.“
„Ich arbeite gern mit anderen Menschen zusammen und mir ist der soziale Aspekt sehr wichtig. Gleichzeitig mag ich am künstlerisch tätig sein vor allem den handwerklichen Aspekt.“
Die Idee, künsterlisches Lehramt an der Akademie der bildenden Künste in Wien zu studieren, entwickelte sich im Laufe der achten Schulstufe im BORG Lienz, wo Magdalena den Kunstzweig besuchte. „Ich arbeite gern mit anderen Menschen zusammen und mir ist der soziale Aspekt sehr wichtig. Gleichzeitig mag ich am künstlerisch tätig sein vor allem den handwerklichen Aspekt, was sich in der Schule gut umsetzen lässt.“
Einer künstlerischen Herangehensweise entsprechend, barg der Aufnahmeprozess an der Akademie der bildenden Künste für Magdalena einige Herausforderungen, wie sie im Heimweh-Interview vor sieben Jahren schilderte. Trotzdem wurde ihre Bewerbung auf Anhieb angenommen: „Ich hab’ mich sehr darüber gefreut und wusste, dass es für mich die richtige Entscheidung ist.“
Sie belegte die Fächer Künstlerische Bildung und Technisches Werken: „Letzteres wurde dann während meines Studiums mit dem Textilen Werken zusammengefasst und heißt jetzt Technik und Design. Es ist Gott sei Dank nicht mehr so, dass die Burschen nur Technisches Werken haben und die Mädchen den textilen Part, so wie es zu meiner Schulzeit der Fall war. Jetzt werden alle gemeinsam unterrichtet.“
Besonders zu schätzen wusste sie während ihres Studiums die vielen Möglichkeiten, die unterschiedlichen künstlerischen Disziplinen zu erlernen und zu vertiefen: „Wenn man außerhalb der Kunstuni verschiedene handwerkliche Techniken erlernen möchte, zahlt man viel Geld dafür. Wir hatten jederzeit freien Zugang zu den Werkstätten“, schwärmt sie rückblickend. Wünschenswert wäre allerdings mehr Praxis im Schulalltag gewesen: „Man erstellt viele tolle Konzepte in der Theorie, die sich im schulischen Kontext oft gar nicht umsetzen lassen“, lacht sie.
Unabhängig davon arbeitete Magdalena schon während ihres vierjährigen Bachelorstudiums an einer Privatschule in der Nachmittagsbetreuung, wo sie erste Berufserfahrungen sammelte. Parallel zum anschließenden Masterstudium startete sie als Werklehrerin an einem Gymnasium in Wien, wo sie auch jetzt noch tätig ist: „Ich hatte richtig Glück, es war eine meiner Wunschschulen, weil es hier so viele spannende Schwerpunkte gibt.“ Das Augenmerk wird unter anderem auf Umweltthemen und soziale Kompetenzen gelegt.
Der Umweltschwerpunkt passt auch zum Thema, das Magdalena für ihre Masterarbeit ausgewählt hat: „Darin geht es um die Reparaturkultur im Rahmen des Technik- und Designunterrichts.“ Inspiriert vom Konzept der Repair-Cafés entwickelt Magdalena Vorschläge, wie man ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit in den Werkunterricht implementieren kann: „Ich habe auch das Gefühl, dass das den Schüler:innen sehr wichtig ist.“
Auf die Ideen und Wünsche der Schüler:innen einzugehen ist Magdalena wichtig und es macht ihr Spaß, im künstlerischen Unterricht immer wieder neue Dinge auszuprobieren: „Es ist schön, wenn man etwas weitergeben kann, das einen selbst begeistert. Eine andere Fächerkombination als Kunst, Technik und Design wäre für mich nicht infrage gekommen. Ich mag es, dass der Problemlösungsansatz in den kreativen Fächern ein anderer ist, der Leistungsdruck wegfällt und man dadurch eine ganz andere Beziehung zu den Schüler:innen aufbauen kann“, meint Magdalena.
„Ich mag es, immer wieder neue Techniken auszuprobieren und auch verschiedene Disziplinen miteinander zu kombinieren: Etwa Malerei mit Druck oder Stickerei.“
Für die nächsten Jahre wünscht sie sich, wieder etwas mehr Zeit für ihre eigenen kreativen Projekte zu haben: „Derzeit nimmt das Vorbereiten für die Schule noch viel Zeit in Anspruch.“ In welche Richtung sie sich künstlerisch weiterentwickeln möchte, lässt sie offen: „Ich mag es, immer wieder neue Techniken auszuprobieren und auch verschiedene Disziplinen miteinander zu kombinieren: Etwa Malerei mit Druck oder Stickerei.“ So eine Mischtechnik stellte Magdalena 2021 im Liebburg-Adventkalender aus. Die Arbeit trägt den Titel „Weil´s immer schon so wor?“ und thematisiert das Spannungsfeld zwischen Stadt und Land.
Wenn Magdalena nicht gerade künstlerisch tätig ist, verbringt sie ihre Zeit am liebsten draußen: „Das brauche ich, um den Kopf frei zu bekommen und meine Gedanken zu sortieren“, schmunzelt sie. In der Natur zu sein sei in Osttirol zwar einfacher als in Wien, trotzdem hat sie die Bundeshauptstadt schätzen und lieben gelernt. Sie könne sich gut vorstellen, dort zu bleiben, nicht zuletzt, weil auch ihr Partner in Wien lebt.
In den Sommerferien entflieht sie dann aber gern dem Großstadttrubel und genießt die Osttiroler Bergwelt, auf die sie von ihrem Elternhaus am Iselsberg aus eine besonders gute Aussicht hat: „Wir haben einen wunderschönen Ausblick, um den mich alle beneiden, wenn ich Fotos zeige. Das weiß ich jetzt alles viel mehr zu schätzen als damals, als ich noch da gewohnt habe. Aber ich glaube, das kennen wir alle“, lacht sie.
Nicht nur das hat sie in den letzten Jahren gelernt: „Ich habe mich früher von vielen Kleinigkeiten stressen lassen. Heute weiß ich, dass nicht alles gleich ein Weltuntergang ist. Es gibt immer mehrere Wege und wenn einer nicht klappt, dann tun sich neue Wege auf.“
Ein Posting
Der Artikel hat mich auf die Idee gebracht, dass neben den allgemeinen Repair Cafes in Lienz, (der Osttiroler Talentetauschkreis organisiert das nächste am 19. Oktober in der Mittelschule Egger Lienz), auch spezielle für Schüler oder Jugendliche gemacht werden könnten. Bei den Eltern und Großeltern gibt es bestimmt viele Talente, die man dazu nützen könnte. Vielleicht auch als Aktion in den Sommerferien. Weil nicht alle Kinder zu Hause handwerkliche Erfahrungen machen können oder das passende Werkzeug besitzen. Man kann übrigens derzeit für die Repair Cafes abstimmen, sie sind für den Change Award nominiert. www.lebensraum.tirol/natuerlich-in-tirol/change-award/
Sie müssen angemeldet sein, um ein Posting zu verfassen.
Anmelden oder Registrieren