Ihr Dolo Plus Vorteil:
Diesen Artikel jetzt anhören
Der Gast in Tirol wird künftig mehr Kurtaxe zahlen, die in die Kassen der Verbände fließt. Foto: iStock/HappyBusiness

Der Gast in Tirol wird künftig mehr Kurtaxe zahlen, die in die Kassen der Verbände fließt. Foto: iStock/HappyBusiness

Die Pflichtsteuer an Tirols Tourismus wird gesenkt

Landtag beschloss die Novelle. Viele Betriebe zahlen weniger, Gäste zahlen mehr. Kritik verstummt nicht.

Der Tiroler Landtag beschloss am 2. Oktober wie angekündigt eine Novelle zur umstrittenen Tourismusfinanzierung. Laut Landesrat Mario Gerber werden künftig rund 12 Millionen Euro weniger Pflichtbeiträge von jenen Branchen eingehoben, die nicht direkt vom Tourismus profitieren. Das System der Beurteilung ist kompliziert und intransparent, es sollen aber fünf von sieben Beitragsgruppen entlastet werden. Freilich blieb die grundsätzliche Annahme, dass alle Tiroler Unternehmen Netto-Profiteure touristischer Wertschöpfung seien, völlig unangetastet, was nicht nur die Neos stört. Sie sehen Gerber „krachend gescheitert“. Er habe mit dieser Reform „der Tourismusgesinnung geschadet und eine völlig sinnlose Neiddebatte angefacht.“

Die Neos stimmten ebenso wie die Grünen und die FPÖ gegen den Entwurf, während die Liste Fritz mit der Regierungskoalition stimmte, nicht ohne ebenfalls Kritik zu äußern: „Für die Liste Fritz ist das neue Tourismusgesetz wahrlich kein großes Bravourstück, denn es fehlen die großen und notwendigen Änderungen bei der Tourismusabgabe, aber es sind auch Erleichterungen für einige Beitragszahler dabei. Mit durchschnittlich 270 Euro zwar keine Riesenentlastung, aber immerhin eine Entlastung,“ argumentiert Klubobmann Markus Sint die Zustimmung und legt nach: „Jeder, der wirklich vom Tourismus profitiert, soll auch die Abgabe zahlen. Aber es darf nicht jeder Tiroler abkassiert werden. Die Tourismusabgabe ist zu einer Tourismussteuer für jeden Tiroler verkommen,“ sagt Sint.

Die Begründung, dass jeder in Tirol vom Tourismus profitiere, sei platt und falsch. Sint: „Es gibt viele Tiroler, die Tourismusabgabe zahlen, aber nicht davon profitieren. Wie soll eine Fahrschule, ein Physiotherapeut oder ein Bestatter in nicht touristischen Regionen vom Tourismus profitieren?“ Zuletzt war die Anspruchshaltung der Touristiker auch aus Wirtschaftskreisen und von der Industrie scharf kritisiert worden. IV-Präsident Max Kloger kritisierte die Privilegien der Tourismuswirtschaft und deren Anspruch auf eine Sonderstellung.

Damit die Senkung der Pflichtbeiträge nicht zu Lasten der Tourismusbetriebe geht und die Töpfe der Verbände weiter prall gefüllt bleiben, wird mit der Novelle eine Umschichtung der Zahllast hin zum Gast vorgenommen, in dem man die Aufenthaltsabgaben – sprich Kurtaxen – erhöht. Die Mindestsätze werden von einem Euro auf 2,60 Euro angehoben. Höhere Aufenthaltsabgaben kritisieren auch manche Tourismusbetriebe, vor allem jene, die im unteren Preissegment anbieten, wie kleine Pensionen oder Campingplatzbetreiber.

Die Grünen begründen ihre Ablehnung mit einem mittlerweile auch immer häufiger gehörten Argument: „Der Tourismus macht gerne Geschäfte mit der schönen Natur, die Branche gibt aber wenig zurück“, meint Landtagsabgeordnete Petra Wohlfahrtstätter und mahnt eine Ökologisierung im Tourismus ein. Erst vor Kurzem schlugen auch Bauernvertreter in diese Kerbe und erinnerten die Touristiker daran, dass sie es seien, die den Naturraum pflegen, in dem sich Gäste wohlfühlen. Die Bauern zahlen zwar keine Tourismusabgaben wie alle anderen Wirtschaftstreibenden, wollen aber ihrerseits von den Touristikern einen „Nächtigungseuro“ pro Gast als Gegenleistung für ihre Landschaftspflege.

Unabhängig von diesen Verteilungskämpfen entfachten die Standpunkte von Bauern und anderen Wirtschaftskreisen jedenfalls eine Grundsatzdiskussion über die Finanzierung von öffentlicher Infrastruktur und die Frage, wer davon am meisten profitiert. Das Argument, dass die Tourismusabgabe vor allem in die Infrastruktur fließe, zum Vorteil aller, lässt Markus Sint nicht gelten: „Das ist unwahr. Denn die Einheimischen zahlen ohnehin schon für alles und jedes mehrfach. Als Steuerzahler, über die Tourismusabgabe und Eintrittsgelder. Zudem werden auch alle Schattenseiten und Auswüchse des Tourismus ausgeklammert und abgestritten. Verstopfte Straßen, Staus, Lärm und schlechte Luft, Übererschließung und Naturzerstörung, Bodenversiegelung durch Bettenburgen, Großhotels und Chaletdörfer, fortschreitender Ausverkauf unserer Heimat durch Investorenmodelle samt Spekulanten und illegalen Freizeitwohnsitzen.“

Keine Postings

Ein Posting verfassen

Sie müssen angemeldet sein, um ein Posting zu verfassen.
Anmelden oder Registrieren