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„Hab’ niemals Angst, groß zu träumen!“

Die gebürtige Tristacherin Alena Schuß lebt seit sieben Jahren in den USA und möchte dort auch bleiben.

„Vor sieben Jahren habe ich in Wien gewohnt, war Profi-Triathletin und habe an der FH in Wiener Neustadt Sport und Psychologie studiert.“ So sah Alenas Leben beim ersten Heimweh-Interview aus – seitdem hat es sich um 180 Grad gedreht.

Der Startschuss fiel nach einem Ratschlag ihrer Sportkollegin, ebenfalls Läuferin. „Eines Tages machte sie mich auf die Möglichkeit eines Sportstipendiums an einer amerikanischen Universität in den USA aufmerksam. Die Idee hat mir total eingeleuchtet und ich habe mich beworben.“ So nahmen die Dinge ihren Lauf und Alena übersiedelte 2017 nach Alabama in den USA, um dort als Athletin durchzustarten und neben dem College Sport ihr Bachelorstudium in Psychotherapie zu absolvieren.

Der Anfang in den Staaten war leider nicht so, wie sie sich das vorgestellt hatte. „Im ersten Jahr war ich sehr unglücklich und bin nach dessen Abschluss von Alabama nach Kentucky gezogen. Nachdem ich die Universität inklusive Coach und Team gewechselt habe, schloss ich dort 2020 auch meinen Bachelor ab.“

Mit dem Ausbruch der Covid-19 Pandemie zog Alena nach Orange County/Kalifornien, wo sie bis heute lebt. „Damals habe ich mir die amerikanische Landkarte angeschaut und mir überlegt, wo ich hinziehen sollte. Ich hatte kein Geld, wirklich gar nichts. So habe ich meinen Papa gebeten, mir einen Flug nach Kalifornien zu bezahlen und bin dorthin erst mal zu einer Gastfamilie gereist.“ Bei besagter Gastfamilie blieb Alena für drei Monate. Um Geld für ein eigenes Auto zu sparen, unterstützte sie die Familie als Hundesitterin.

Gesagt, getan: „Nach drei Monaten kaufte ich mir einen alten Mercedes und erhielt zugleich auch eine Arbeitsgenehmigung zusätzlich zu meinem Studentenvisum, mit dem ich mich auf Jobsuche begeben konnte“. Zeitgleich bewarb sie sich auch erfolgreich für einen Master in Psychotherapie an ihrer damaligen Universität.

Um sich die hohen Studiengebühren leisten zu können, musste sich Alena nach Ablauf ihres Sport-Stipendiums etwas einfallen lassen. „So habe ich dann während des Masterstudiums zwei Jahre lang nur ‚unterm Tisch‘ gearbeitet, um mir das Geld für die Universität zu verdienen.“ Nach Abschluss des Masterstudiums folgten Bewerbungen für ihre eigentliche Branche, die Psychologie und Therapie. „Ich habe einfach meinen Lebenslauf an ausgeschriebene Stellen geschickt, bin zu Bewerbungsgesprächen gegangen und habe mir einen Job gesucht. Diesen habe ich glücklicherweise auch gefunden!“

Alena übt ihren Beruf an zwei Standorten aus. Jeweils von 09.00 bis 15.00 Uhr arbeitet sie als Trauma-Therapeutin mit Feuerwehrmännern und Polizisten. Diesen Bereich der Therapie lernte sie durch ihren damaligen Freund, einen kalifornischen Berufsfeuerwehrmann, kennen. Anschließend betreut sie in einer Privatpraxis vor allem Frauen, die mit Beziehungsproblemen, Depressionen, (Über-)Anstrengung usw. zu kämpfen haben.

Alena ist immer noch Wettkampfsportlerin ...
... und beruflich als Therapeutin tätig. Alle Fotos: privat

Neben ihrem Vollzeitjob hält sie ein privates Projekt auf Trab. „Zurzeit bin ich im Endspurt meiner Doktorarbeit in Psychotherapie. Kommenden Dezember findet die Verteidigung der Arbeit statt, bei der ich dann auch die Ergebnisse meiner Professor:innen erhalte. Ich schreibe meine Doktorarbeit über die Erfahrungen von (erwachsenen) Kindern, die mit Polizei- oder Feuerwehrmännern aufgewachsen sind, untersuche also, welchen psychologischen Einfluss es auf Kinder hat, wenn Erziehungsberechtige aufgrund ihres Berufes nie zu Hause sind.“ Voller Wissensdurst möchte Alena nach dessen Abschluss noch ein zweites Doktoratsstudium absolvieren, dieses Mal in Psychologie. „Dafür muss ich noch ein Jahr online einen zweiten Doktor machen. Ich weiß, ich bin crazy (lacht), aber ich würde das aufgrund der erweiterten Tätigkeitsfelder sehr gerne machen. Der Verdienst steigt natürlich auch.“

Im März dieses Jahres erreichte die Tristacherin einen besonderen Meilenstein in ihrem Leben: die Bewilligung der Immigration, besser bekannt als die „Green Card“. Das Produkt harter und konsistenter Arbeit, denn: „Es ist extrem schwierig, eine Green Card zu erhalten. Man könnte diese von einer Arbeitsstelle gesponsert bekommen, was aber sehr schwierig ist, da man hierfür außergewöhnliche Leistungen erbringen muss.“

Der lange und umständliche Prozess stellt eine Vielzahl an Hürden dar. Für Alena ein Grund, sich einen Anwalt zu Hilfe zu holen, mit dem sie mittlerweile seit einem Jahr zusammenarbeitet. Der gesamte Prozess zum Erlangen der Einwanderungsbewilligung ist kostspielig und hat Alena bisher ca. 20.000 Dollar gekostet. Ein finales Interview mit den Behörden steht noch aus. Bis dieses erledigt ist, darf Alena das Land nicht verlassen, ansonsten würde ihr die erneute Einreise verweigert werden. „Laut meinem Anwalt befinden wir uns jetzt aber wirklich auf der Zielgeraden“, freut sich Alena.

„Je höher das Bildungsniveau ist, desto leichter erhält man die Green Card. Das war unter anderem ein Beweggrund für mein Doktoratsstudium.“ Die größte Inspiration für ihren akademischen Werdegang war laut Alena schon immer ihre Schwester Johanna. Aufgrund der Hürden in den USA aufzugeben, kam Alena in den vergangenen sieben Jahren oft in den Sinn. „Ich ziehe mein Hut von jedem, der versucht, hier in den USA zu bleiben, weil es einfach so hart ist. Man kann es schaffen, wenn man die richtigen Leute um sich hat. Auch das Geld spielt eine Rolle. Dabei hilft mir eine meiner Stärken: hartes Arbeiten. Wenn einem das nicht liegt, ist Amerika nichts für einen.“

„Am meisten ist mir hier in den Staaten der Fokus auf Geld aufgefallen.“

Leben in den USA könnte nicht unterschiedlicher als ein Leben in Österreich sein, erklärt Alena. „Am meisten ist mir hier in den Staaten der Fokus auf Geld aufgefallen. Hier gilt der Status – wie viel man hat, woher man kommt, welche Universität man besucht hat, wer man ist. Arbeit wird hier in Amerika sehr großgeschrieben. 40 Stunden sind eher selten, die Norm sind 60, 70 Stunden Arbeit pro Woche.“

Alena lebt in Newport Beach, einer wohlhabenden, küstennahen Gegend Orange Countys. „Von meiner Wohnung aus sehe ich direkt aufs Meer, das ist schon unglaublich. Genauso wie die Kosten dafür. Mein Nachbar zahlt beispielsweise 8.000 Dollar pro Monat.“

In einer oberflächlichen Umgebung ist die Suche nach treuen, ehrlichen Freundschaften schwer. „Ich habe mittlerweile wirklich gute Kontakte geknüpft, es hat aber ein paar Jahre gedauert, bis mir das gelungen ist.“ Trotz aller Unterschiede liebt Alena ihre neue Heimat. „Ich liebe es, Englisch zu sprechen und fühle mich manchmal, als wäre ich in meinem vorherigen Leben Amerikanerin gewesen. Ich telefoniere jeden Tag mit meiner Mama, sie ist wirklich eine große Stütze für mich.“

Alena wohnt in Newport Beach mit Blick auf´s Meer.
I have a dream!

In den vergangenen Jahren hat sich zu ihrer österreichischen Familie ein kleines amerikanisches Pendant entwickelt. „Durch den Radsport habe ich meine eigene California-Familie gefunden – Tony und Kristen. Tony nennt mich immer seine ‚Adoptivtochter‘. Ohne diese wertvollen Beziehungen und Stützen hätte ich es hier sicher nicht durchgehalten.“

In den USA steht die Präsidentschaftswahl kurz bevor, die auch in Europa medial intensiv begleitet wird. Mich interessiert, wie Alena die oft sehr hitzig kommunizierte Debatte zwischen Donald Trump und Kamala Harris wahrnimmt. „Grundsätzlich sind die Mehrheit der Menschen hier in Orange County Trump Supporter bzw. Republikaner. Ich kenne aber auch Leute, die etwas mehr liberal und demokratisch orientiert sind.“

Abgesehen von den „üblichen“ „Make America great again“ Transparenten auf Häusern und ein paar Menschen mit Trump-Schildkappen merke man allerdings nicht viel. „Ich versuche mich so gut es geht aus Diskussionen herauszuhalten. So extrem, wie über die Wahl in Europa berichtet wird, ist es nicht“, fasst Alena zusammen.

„Der Fokus hat sich verschoben. Ich möchte heiraten und eine Familie gründen – außerdem würde sich Vollzeit-Sport nicht neben einer Vollzeitarbeit ausgehen.“

Ihre Vergangenheit als Profi-Sportlerin begleitet Alena auch heute, wenn auch jetzt in der Freizeit. „Dem Sport bin ich nach wie vor treu geblieben, trainiere und nehme an Wettkämpfen teil. Im Gegensatz zu früher mache ich jetzt aber alles nur mehr, weil es mir einfach taugt. Ich konnte tatsächlich bisher fast alle Wettkämpfe, die ich in letzter Zeit in Amerika gemacht habe, gewinnen.“ An einem erneuten Einstieg in den Profisport hat sie kein Interesse. „Der Fokus hat sich verschoben. Ich möchte heiraten und eine Familie gründen – außerdem würde sich Vollzeit-Sport nicht neben einer Vollzeitarbeit ausgehen.“

Wenn alle wöchentlichen Trainings- und Arbeitsstunden absolviert sind, verbringt Alena gerne bei Abendessen, Shopping oder Ausflügen Zeit mit ihren Freunden. „Ich reise sehr gerne, wenn ich die Möglichkeit habe, liebe es aber auch, mich einfach bei Gelegenheit zum Strand in der Nähe zu legen.“ Eines Tages zurück nach Osttirol zu siedeln, kommt für Alena nicht infrage. „Ich bleibe zu 100 Prozent hier in Amerika, umsonst hätte ich nicht 20.000 Dollar für den Immigrationsprozess ausgegeben (lacht).“

Regelmäßige Besuche in den Bergen sollen aber auf jeden Fall bestehen bleiben. „Ich hoffe, dass ich bald wieder heimfliegen kann, um meine Familie zu besuchen. Auch das Skifahren geht mir ab – diesen Vergleich gewinnt eindeutig Österreich.“ Zu ihrer Familie hat sie generell ein sehr gutes Verhältnis – ihre Eltern und Schwester sind ihre große Stütze und Inspiration. „Meine jüngere Schwester Johanna hat vor ein paar Wochen ihr Medizinstudium abgeschlossen. Vor ein paar Tagen war die Feier, bei der ich leider nicht dabei sein konnte. Sie möchte jetzt eine Facharzt-Ausbildung in plastischer Chirurgie beginnen.“

Alena richtet den Blick in die Zukunft. „In fünf Jahren hätte ich gerne eine Familie, ein eigenes Haus und meine eigene private Praxis als Psychologin und Psychotherapeutin. Ich möchte auch weiterhin Sport machen und Spaß daran haben. Dementsprechend möchte ich auch weiterhin an Rennen teilnehmen, nur nicht mehr mit den gleichen Zielen wie früher, diese haben sich geändert. Ich liebe meinen Beruf, ich liebe es, mit Menschen zu arbeiten und zu helfen.“

Der abschließende Heimweh-Ratschlag, den sie ihrem damals 21-jährigen Ich mit auf den Weg geben möchte, lautet: „Don’t give up. You are right where you need to be. Hab’ nie Angst, groß zu träumen, denn große Träume bringen dich weiter. Die Niederlagen, die man erleiden muss, machen einen stärker!“

Elena Einhauer hat Marketing & Kommunikation studiert und lebt in Innsbruck. Als freie Journalistin berichtet sie für dolomitenstadt.at über aktuelle Events und stellt spannende Persönlichkeiten vor, mit einem Blick für das Besondere, den auch ihre Fotoreportagen widerspiegeln.

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2 Postings

Biker 68
vor 5 Tagen

Geographie? Orange county =Florida Newport Beach =Kalifornien (ostküste,westküste)

 
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Koal
vor 2 Wochen

Viel Glück & Gesundheit für Dich ! Lebe deinen Traum ......

 
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