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Babler reißt die Basis immer noch vom Hocker

„Mit Herz und Hirn“ will der SPÖ Spitzenkandidat entgegen den Umfragen die SPÖ an die Spitze führen.

Eine Schar Tiroler SPÖ-Politiker bildet am Freitagabend ein Empfangskomitee vor dem Innsbrucker Treibhaus. Wenige Augenblicke später verlässt Andreas Babler sein Wahlkampf-Wohnmobil. Es folgen offensichtlich herzliche Umarmungen, mit Landesräten, SPÖ-Funktionären, aber auch mit einfachen Parteimitgliedern, die an diesem Abend gekommen sind, um, wie sie selbst sagen „den Andi“ zu sehen. „Weiß jemand wo der Landesparteiobmann ist?“ hört man jemanden aus der Reihe der Kameraleute fragen, die sich bereits postiert haben, um das beste Bild von der SPÖ-Landes- wie auch der Bundesspitze zu ergattern.

Der SPÖ-Spitzenkandidat reist im Wohnmobil durch die Lande. Alle Fotos: Dolomitenstadt/Steger

Fehlanzeige! Wie von Andreas Babler wenig später selbst zu vernehmen ist, weilt Georg Dornauer gerade im Urlaub. Geradezu erleichtert wirkt Babler wenige Augenblicke später, als er die Treppen des Treibhausturms hinauf sprintet, denn Dornauer zählt neben Burgenlands Landeshauptmann Peter Doskozil und mittlerweile auch der Wiener SPÖ-Spitzenkandidatin Doris Bures zu Bablers stärksten innerparteilichen Kritikern.

Von dieser Kritik ist am Freitagabend nichts zu spüren. Als Babler den Veranstaltungsbereich betritt, bricht frenetischer Jubel aus. Selbst Landesrat Rene Zumtobel wirkt sichtlich ergriffen, aufgrund des nicht enden wollenden Beifalls. Jene Fotografen, die Augenblicke zuvor noch auf die richtige Kameraeinstellung gewartet hatten, werden spätestens hier mit passenden Bildern versorgt. Noch bevor Babler überhaupt das Wort ergriffen hat, ist die Stimmung bereits ähnlich aufgeheizt, wie der Treibhausturm selbst. Wahlkampf-Schilder mit dem passenden Slogan, die vor der Veranstaltung auf jedem einzelnen Sitzplatz verteilt wurden, werden kurzerhand zum Windfächer umfunktioniert.

Die jüngsten Versuche der eigenen Genossen des Parteiestablishments, dem eigenen Spitzenkandidaten kurz vor der Wahl, jedes noch so denkbare „Haxl“ zu stellen, scheinen die Besucher:innen der Wahlkampfveranstaltung an diesem Abend völlig kaltzulassen. Egal ob bei den Themen Kinderarmut, Bildung, dem Gesundheitssystem, bei der Pflege oder wenn Babler davon spricht, dass das gesetzliche Pensionsalter gesichert sein muss. Immer wieder bricht frenetischer Jubel aus, der von „Super“- und „Bravo Andi“- Rufen begleitet wird.

Spätestens zu diesem Zeitpunkt sitzt Bablers Hemd ähnlich locker wie seine Sprüche gegen die politischen Mitbewerber. So sei es zynische Propaganda der ÖVP gegen Ausländer und fehlende Integration zu hetzen, wo doch die ÖVP seit Jahrzehnten das Innenministerium und damit die Verantwortung innehabe. „Seit ich Bürgermeister bin, hab ich schon sieben bis acht Innenminister verbraucht und wenn ich meine Zeit als Gemeinderat dazurechne, sind es überhaupt schon 16.“ Jene Leute, die hier sind, würde die Sozialdemokratie „willkommen heißen und ihnen helfen“, so wie man es eben in einer Familie auch tue. Eine Aussage, die erneut zu lautstarkem Beifall führt.

Andreas Babler spricht mit Dolomitenstadt darüber, wie er die Wahl gewinnen will. Der Frage nach dem Arbeitskräftemangel weicht er aus.

„Seit ein paar Tagen ist die SPÖ auf der Überholspur“, glaubt Andreas Babler.

Jenen Personen, die eine Gefahr für die Sicherheit darstellen, wolle er mit einem Extremismus- und Terrorabwehrzentrum Einhalt gebieten, stellt Babler wenig später genauso klar, wie die Tatsache, dass es in der EU eine faire Flüchtlingsverteilung brauche. Kickl hingegen gehe mit Orban auf „Bussi bussi“-Kurs, während dieser wiederum, ähnlich wie die italienische Regierung, Migranten einfach durchwinke. Es ist nicht das einzige Mal an diesem Abend, dass Babler das Wort „Fairness“ in den Mund nimmt und dafür von den rund 300 Besuchern gefeiert wird. Immer wieder weist er auf die fehlende Fairness zwischen Männern und Frauen hin. Egal ob es um gleiche Löhne, Kinderbetreuung, oder ganz generell um Perspektiven gehe. Es sei der Kampf der gesamten Partei, gegen diese strukturelle Benachteiligung vorzugehen.

„Ich werde dafür sorgen, dass diejenigen, die Rekordgewinne geschrieben haben und zusätzlich Steuergeschenke in Milliardenhöhe ungefragt erhalten haben, einen Beitrag leisten.“ 

Andreas Babler, Spitzenkandidat SPÖ

Nicht benachteiligt sieht sich Babler am Ende der rund einstündigen Veranstaltung, wenn er darüber spricht, die Nationalratswahl am 29. September gewinnen zu wollen. Es gäbe genau drei Varianten. Es ist der erste und einzige Moment an diesem Abend, an dem die Menge ihren Unmut kundtut. Als Babler die Namen von Nehammer und Kick in den Mund nimmt, hallen Buhrufe auch von den oberen Rängen durch den Turm. Doch Babler verweist sofort darauf, dass sich die SPÖ auf der Überholspur befinde und er zusammen mit der SPÖ angetreten sei, um für Menschen und die Bedingungen für Menschen zu kämpfen. Es ist der Abschluss eines rund 60-minütigen Wahlkampffeuerwerks, an dem man den Eindruck bekommt, dass das, was die aktuelle mediale Berichterstattung zur SPÖ betrifft, nicht einen einzigen Parteianhänger zu interessieren scheint. Minutenlanger Applaus, in dem Babler immer wieder in der Menge für Umarmungen verschwindet. Die Tiroler SPÖ-Basis reißt es von den Stühlen, während man sich fragt, ob im Osten Österreichs schon wieder jemand an dem Sessel von Babler sägt?

Michael Steger hat Politikwissenschaft studiert und arbeitet als freier Journalist in Innsbruck. Der versierte Reporter berichtet für Dolomitenstadt über aktuelle Themen rund um die Stadt- und Landespolitik.

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