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Podiumsdiskussion in Alpbach. Von links: Moderatorin Damita Pressl, Jose Manuel Barroso, Svenja Hahn und Joschka Fischer. Foto: Expa/Groder

Podiumsdiskussion in Alpbach. Von links: Moderatorin Damita Pressl, Jose Manuel Barroso, Svenja Hahn und Joschka Fischer. Foto: Expa/Groder

Alpbach: Ruf nach mehr Europa und Warnung vor Putin

José Manuel Barroso: „Fehler werden europäisiert und Erfolge nationalisiert“.

„Nationalismus“ sowie nach einem Sieg der Ukraine gegen den „Aggressor Russland“ über die Bühne gegangen. Der ehemalige deutsche Außenminister Joschka Fischer (Grüne) sah eine „historische Krise“ in Europa und warnte vor einem Erfolg Putins. José Manuel Barroso, ehemaliger EU-Kommissionspräsident, gab angesichts kritischer Stimmen den Optimisten.

Nicht nur Krieg sei zurück in Europa, gleiches gelte für „Machtpolitik“ und „Nationalismus“ - als „schreckliche Bedrohung“ von innen, sagte Fischer, der von 1998 bis 2005 in einer rot-grünen Koalition Vizekanzler und Außenminister war. Eindringlich warnte der ehemalige deutsche Spitzenpolitiker vor einem Sieg Russlands in der Ukraine. „Es ist Zeit, die Geschichtsbücher zu öffnen“, so Fischer. Putin würde in einem solchen Fall nicht Halt machen. Europa müsse fähig sein, sich selbst zu verteidigen und „Aggressoren schon vor dem Angriff abschrecken“. Insgesamt brauche es „überzeugte Europäer“, die für die Ideale „kämpfen“ und auch bereit seien, Risiko zu nehmen.

Das „imperialistische Verhalten“ Putins sei „nicht akzeptabel“, betonte James O’Brien, stellvertretender US-Außenminister für Europa und Eurasien: „Die Ukraine muss gewinnen.“ Die Zeit vor dem Urnengang in seinem Heimatland müsse nun genützt werden, um die Ukraine in eine möglichst starke Position zu bringen. Dann werde ein neuer US-Präsident daran anknüpfen, hoffte O’Brien - unabhängig davon, wer die Wahl gewinne. „Am Ende haben wir immer das Richtige getan“, betonte der US-Amerikaner.

„Gemeinsam können wir ein Europa schaffen, das genau weiß, was es will und wie es das erreichen kann.“

Andreas Treichl, Forum Alpbach

Forumspräsident Andreas Treichl sah ein Erstarken „anti-europäischer Kräfte“ und warnte davor, dass Europa ökonomisch ins Hintertreffen gerate: „Wir müssen akzeptieren, dass Europa weder wirtschaftlich noch politisch führend ist“. Das liege sowohl in der Verantwortung der EU als auch der Nationalstaaten. Nun gelte es, eine „Wahl“ zu treffen. Statt Nationalismus Lauf zu lassen, müssten Nationalstaaten Kompetenzen abgeben, um daraus aber geeint gestärkt hervorzugehen: „Gemeinsam können wir ein Europa schaffen, das genau weiß, was es will und wie es das erreichen kann.“

Als Optimist und Verteidiger der EU trat Barroso auf. Die EU sei oft „Prügelknabe“, von Politikern würden „Fehler europäisiert und Erfolge nationalisiert“. Europa habe aber in der Vergangenheit auch Entscheidendes erreicht, erinnerte Barroso etwa an den Verlauf der Euro-Krise oder auch den gemeinsam erfolgten Impfstoff-Ankauf in der Corona-Pandemie: „Was früher nicht möglich erschien, wurde möglich“. Man sei zwar manchmal „langsam“, das sei allerdings der Preis, den man als Demokratie zahle. Autokratien hingegen „wirken stark, sind es aber nicht“, erinnerte Barroso an den Kollaps der Sowjetunion. Letztendlich seien Demokratien überlegen. Damit Europa eine gute Zukunft habe, müsse jedoch vor allem die junge Generation „kämpfen“, schloss der portugiesische Ex-Kommissionspräsident.

Yemi Osinbajo, ehemaliger Vizepräsident Nigerias, wiederum mahnte in dem trotz strahlendem Sonnenschein prall gefüllten Veranstaltungssaal im Congresszentrum Alpbach Zusammenarbeit auch mit Afrika ein. Europaparlamentarierin Svenja Hahn (FDP) forderte, Europa müsse „Chancen“ ergreifen statt „Regulierung“ zu priorisieren.

Ursprünglich war am Samstag auch eine Videoschaltung zu Papst Franziskus geplant gewesen. Diese wurde jedoch vom Vatikan kurzfristig und ohne Angabe von Gründen abgesagt. Man bedauere die Absage, hieß es seitens der Veranstalter zur APA. Treichl sagte am Samstag eingangs augenzwinkernd, der Papst habe ausrichten lassen, dass er „für das gute Wetter verantwortlich“ sei. Franziskus hatte sich zuvor in einem Brief an die Teilnehmer gewandt. Darin ortete er unter anderem eine „populistische Welle“ in Folge einer Krise in Europa. Man müsse weiter die „Würde des Menschen“ und „Geschwisterlichkeit“ wahren.

Das Europäische Forum Alpbach findet heuer von 17. bis 30. August statt und orientiert sich inhaltlich an den Schwerpunktbereichen Klima, Wirtschaft und Finanzen, Sicherheit und Demokratie. Es ist in fünf Module gegliedert. Bei den nun eröffneten „Europe in the World Days“, die noch bis Dienstag anberaumt sind, sollten verstärkt Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger der europäischen Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur zusammenkommen. Die abschließenden „Austria in Europe Days“ (27.-30.8.) konzentrieren sich auf die Rolle Österreichs in Europa.

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