Hochalpine Ökosysteme sind sehr sensible Lebensgemeinschaften, in denen sich teils hoch spezialisierte Anpassungsstrategien ausgebildet haben. Zu diesen Spezialisten gehören auch Aasfresser, wie z.B. Geier-Arten, welche im Hochgebirge die unschätzbar wichtige Aufgabe als „Gesundheitspolizei“ und Endverwerter übernehmen.
Die Bejagung der Bartgeier aufgrund falscher Verdächtigungen und Schauermärchen über „Lämmergeier“ führten einst zu deren Ausrottung im Alpenraum und zur starken Dezimierung der restlichen Geier-Arten. Diese Fehlinformationen kursieren aktuell wieder vermehrt in den Sozialen Medien, beklagt die Verwaltung des Nationalparks Hohe Tauern. Die Aasfresser werden teilweise als gefährliche Beutegreifer und Bedrohung für das Weidevieh auf den Almen dargestellt.
In ihrer Rolle als Aasverwerter bilden Bart- und Gänsegeier jedoch erwiesenermaßen keinerlei Gefährdung für die Weidetierhaltung in den Alpen. Aufgrund ihres Körperbaus sind Geier auf die Kadaverzerlegung spezialisiert und gar nicht dazu in der Lage, selbst Tiere zu jagen oder zu erlegen. Seit 1986 bemühen sich internationale Artenschutzprojekte darum, den Geiern im Alpenraum wieder eine Heimat zu geben, damit sie ihre wichtige Rolle im Ökosystem wahrnehmen können.
„Als Naturschutzlandesrat freut es mich, dass wir im Nationalpark Hohe Tauern und auch im restlichen Bundesland durch die jahrelangen Artenschutzmaßnahmen wieder zahlreiche Geier als Teil unserer besonderen Ökosysteme beobachten können. Auch für Nordtirol haben wir seit Kurzem ein eigenes Bartgeiermanagement, um die Tiere besser zu schützen“, berichtet Landesrat René Zumtobel.
In den Hohen Tauern kommen in der Regel zwei Geier-Arten vor. Während Bartgeier das ganze Jahr im (Hoch-)Gebirge leben, befliegen Gänsegeier nur im Sommer die Hohen Tauern, bevor sie im Herbst in ihre Heimat, größtenteils in Südosteuropa zurückkehren, wo sie den Winter verbringen. Monitoringdaten zeigen, dass sich Gänsegeier völlig ungebunden und über zahlreiche Ländergrenzen hinwegbewegen und kein festes Revier besiedeln. Aussagen, dass sich Gänsegeier nur auf ein spezielles Gebiet konzentrieren, sind falsch, jedoch kann es durch verendete Tiere kurzfristig über einige Tage zu Konzentrationen aufgrund des Nahrungsangebotes kommen.
„Anders als oft behauptet, finden Geier auch ohne Beutegreifer ausreichend Nahrung und sind nicht auf Risse durch Beutegreifer angewiesen.“
Hermann Stotter, Nationalparkdirektor
Während sich Gänsegeier vom Fleisch und den Organen verendeter Wild- und Nutztiere ernähren, setzt sich die Nahrung des Bartgeiers zu über 90 Prozent aus Knochen zusammen. „Jedes Jahr verenden zahlreiche Tiere durch Blitzeinschläge, Absturz, Lawinenabgänge, Entkräftung oder Krankheiten. Anders als oft behauptet, finden Geier somit auch ohne Beutegreifer ausreichend Nahrung und sind nicht auf Risse durch Beutegreifer angewiesen. Geier sind wichtige Indikatoren für Kadaver, da einige verendete Tiere erst nach mehreren Tagen gefunden werden. Letztendlich kümmern sich Aasfresser auch um die restlose Verwertung der Kadaver, wodurch der finanzielle Aufwand beispielsweise durch Hubschrauberbergungsflüge, der durch die Entsorgung entsteht, entfällt.“, so Nationalparkdirektor Hermann Stotter.
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