Aufwachen und das Handy checken. Zähne putzen und der Freundin schreiben. Während der Busfahrt zur Schule Instagram durchscrollen. Ein Urlaubsfoto der Nachbarin liken und den Bruder unter einem lustigen Meme markieren. Vor der Schule noch schnell ein paar Snaps verschicken, denn auf dem Weg ins Klassenzimmer muss der ständige digitale Begleiter abgegeben werden.
Was für viele Kinder und Jugendliche wie ein Albtraum klingt, ist für zahlreiche Schüler:innen in anderen europäischen Ländern bereits Realität. Seit 2010 gilt in Frankreich ein Handy-Verbot im Unterricht, 2018 wurde das Verbot auf Pausen und schulische Aktivitäten ausgeweitet. In den Niederlanden dürfen Jugendliche an weiterführenden Schulen seit diesem Schuljahr ihre digitalen Geräte während des Unterrichts nicht mehr nutzen, ab dem kommenden Schuljahr gilt die Regelung auch an Grund- und Sonderschulen. In Großbritannien hat die Regierung eine unverbindliche Leitlinie herausgegeben, die als Empfehlung und Ermutigung für Lehrkräfte gilt.
In Italien wurde die Handynutzung im Klassenzimmer bereits 2007 verboten, 2017 folgte eine Lockerung des Gesetzes. Nach einem Erlass der Rechts-Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat Bildungsminister Giuseppe Valditara im Rahmen einer Konferenz am 10. Juli in Rom eine Verschärfung des Verbots angekündigt: Ab dem Schuljahr 2024/25 dürfen Smartphones auch für Unterrichtszwecke nicht mehr verwendet werden.
Die Landesschülervertretung Tirol (LSV) hält auf Anfrage von dolomitenstadt.at die Vorgehensweise der italienischen Regierung für „keinen effizienten Lösungsweg“. Für die österreichischen Schüler:innen wünscht sich die LSV, dass der Umgang mit digitalen Geräten und den damit verbundenen Faktoren im Unterricht nicht verboten, sondern besprochen wird, „sodass gelehrt wird, in welchem Maß die Nutzung gesund, nützlich und effektiv gestaltet werden kann. Besonders, da diese Thematik außerhalb der Klassenzimmer nicht einfach verschwindet.“
„Im Interesse der österreichischen Schüler:innen selbst sollte man sich auf den Umgang mit digitalen Geräten und einhergehenden Faktoren beschäftigen, sodass gelehrt wird, in welchem Maß die Nutzung gesund, nützlich und effektiv gestaltet werden kann.“
LSV Tirol
Die LSV vertritt die Auffassung, dass Kinder und Jugendliche praktisch im Minutentakt mit der virtuellen Welt konfrontiert werden können. Damit einher geht ein Überschuss an Informationen, der die Differenzierung zwischen wahr und falsch, notwendig und überflüssig erheblich erschwert. „Diese Unterscheidung und das eigenständige Arbeiten sowie die Eigenverantwortung selbst müssen im Unterricht gefördert werden, denn eine sachliche Aufklärung ist eine weit effizientere Methode, als das Thema komplett zu tabuisieren“, betonen die Schülervertreter.
In Österreich ist die Diskussion über ein Handy-Verbot an Schulen oder zumindest während des Unterrichts nicht neu. Die einen argumentieren, dass das Smartphone ablenkt und ein Verbot die sozialen Kontakte und die Klassengemeinschaft stärkt und Cybermobbing unter Kindern und Jugendlichen eindämmen kann. Andere finden es von Vorteil, dass die Schüler:innen im Fall der Fälle schnell erreichbar sind und sprechen sich gegen ein Verbot aus.
Als erstes Bundesland belässt es die Steiermark nicht bei Meinungsaustausch und Expertengesprächen. Im Februar dieses Jahres hat Bildungslandesrat Werner Amon (ÖVP) prüfen lassen, ob ein Smartphone-Verbot während der Unterrichtszeit an Pflichtschulen rechtlich möglich ist. Bislang ist der Umgang mit Handys im und außerhalb des Unterrichts den Bildungseinrichtungen selbst überlassen.
„Wir Schüler:innen werden tagtäglich mit den neuen Medien und einhergehenden Herausforderungen konfrontiert, lernen aber nicht, mit dem Überschuss an Informationen umzugehen.“
LSV Tirol
Die LSV spricht sich klar gegen ein Handy-Verbot aus. Ihrer Meinung nach verfüge das österreichische Bildungssystem über genügend Ressourcen, „um den verantwortungsbewussten Umgang mit elektronischen Geräten, KI, etc. im Lehrplan zu behandeln.“ Das Thema Digitalisierung sei auch in Zukunft allgegenwärtig. „Die Digitalisierung ist ein wichtiger Schritt in die Zukunft und sollte schon längst nicht mehr ignoriert werden. Wir finden: Auch die Schule sollte diesen Schritt mitgehen.“
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Zur weiteren Information: "Generation Angst" von Jonathan Haidt. Wie wir unsere Kinder an die virtuelle Welt verlieren und ihre psychische Gesundheit aufs Spiel setzen. Rowohlt 2024 ISBN 978-3-498-02836-7. Ein interessantes Buch mit vielen Fakten über die Zunahme an psychischen Störungen bei Kindern der Generation Z nach 2010 - also der Einführung der Smartphones. Es öffnet auch die Augen über den gnadenlosen Kampf der Geräteanbieter um die Jugendlichen ohne Rücksicht auf deren sozialen Bedürfnisse beim Erwachsenwerden. Er stellt die smartphonbasierte und die spielbasierte Kindheit sehr überzeugend einander gegenüber. Das Buch macht sehr nachdenklich.
prinzipiell braucht keiner in der schule ein handy aber es ist verlogen den jugendlichen das handy zu verbieten, im gleichfn atemzug aber dann (trotz extra besorgtem ipad/tablet) das handy zum kahoot spielen zu nutzen oder als einziges informationsmedium zwischen schule und eltern, wo andauernd diese messenger-apos und schoolfox usw nicht funktionieren. ich finde die überlegung gut bis zur oberstufe gar kein handy zuzulassen in der schule
Na ja, ganz verbieten würde ich das Handy im Unterricht nicht, das schürt nur das Interesse. Mittlerweile ist aber ein "vernünftiger" Handygebrauch seitens der Schüler*innen nur mehr ein Wunschdenken und schwierig zu handhaben. Auch in den Unterrichtspausen glotzen die Schüler*innen fortwährend aufs Handy - Kommunikation untereinander passé - gibt es dafür eine Lösung??
die fragestellung, ob handys in schulklassen verboten werden sollen, ist m.e., wenn man sich den inhalt des obigen artikels vor augen führt, ungenau formuliert. ist damit gemeint, sie am eingang zur schule abzugeben oder am eingang zum klassenraum, darf man sie ausgeschaltet bei sich tragen, dürfen sie nur in den pausen benützt werden oder werden sie gar mit in den unterricht einbezogen. ich will mich hier nur auf die frage beschränken, ob handys während des unterrichts zu schulischen zwecken genutzt werden sollen, weil eine andere "benützung" im unterricht für mich außer frage steht. schulklassen sollten generell mit ipads zur unterrichtsgestaltung ausgestattet. das würde für alle lernenden die gleichen voraussetzungen schaffen und eine ablenkung durch privates auf dem handy vermeiden.
Handys in Schulen müssen ja nicht unbedingt verboten werden. Allerdings haben solche mit Smartphonefunktion und Internetanschluss dort nichts verloren, weil sie die sozialen Kontakte der jungen Menschen einseitig beeinflussen. Zugelassen werden dürfen nur evtl. einfache Telefonier-Handys zur Abwicklung von Notfällen. Das, was an Wissen und Information im Unterricht gebraucht wird, ist allemal aus Büchern und vom Lehrer abrufbar. Nachweislich blockiert der Gebrauch eines internetverbundenen Smartphones die Aufmerksamkeit von Jugendlichen durch Fraktionieren des Gehirns. Leider macht das Gewinnstreben vor den Schwächsten unserer Gesellschaft nicht halt.
Zum Lernen können Handy's gerne verwendet werden, doch alles andere hat während der Unterrichtszeit nichts zu suchen, so wichtig können Insta oder Snapchat gar nicht sein, dass es nicht warten kann. Auch Verzicht kann gelernt werden, dass die Jugend merkt, dass nicht immer ALLES sofort verfügbar sein muss. Wenn es nie und nirgendwo mehr Grenzen gibt, wie soll ein Kind/Jugendlicher lernen, wann es auch mal genug ist?
Ein Wunder, dass wir die Jugend überlebt haben, wenn mal ein Notfall war, hat man halt die Direktion angerufen, dazu benötigt es echt kein minutiöses Überprüfen der Nachrichten am Smartphone.....
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