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200 Gemeinden kauften Tiwag-Strom ohne Ausschreibung

GemNova und Gemeindeverband als Vermittler. Landesverwaltungsgericht sieht Rechtsbruch.

Gemeinden müssen sich bei der Vergabe von Aufträgen mit einem Gesamtvolumen von mehr als 100.000 Euro an das Bundesvergabegesetz halten, sprich den Auftrag ausschreiben. Das gilt für alle Bereiche, auch für den Einkauf von Strom. Diese an sich simple Tatsache war offenbar den meisten Gemeinden nicht bewusst, als sie – vermittelt über die GemNova – Stromverträge mit dem Landesenergieversorger Tiwag abschlossen. Exklusiv und ohne Ausschreibung.

Wie die Tiroler Tageszeitung heute berichtet, hatte auch Kirchberg in Tirol einen Tiwag-Liefervertrag auf drei Jahre abgeschlossen, mit einem Tarif von 19,1 Cent pro Kilowattstunde. Auf Initiative der örtlichen Neos klagte ein Wiener Stromanbieter vor dem Landesverwaltungsgericht und beantragte ein Feststellungsverfahren. Mit Erfolg. Die Direktvergabe war rechtswidrig, Kirchberg muss eine Geldstrafe von 20.000 Euro zahlen.

Dieses Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts könnte auch rund 200 weitere Tiroler Gemeinden in Schwierigkeiten bringen. Sie haben ganz ähnliche Verträge mit der Tiwag, vermittelt bzw. verhandelt durch die GemNova, die als weitverzweigtes Dienstleisterungsunternehmen des Tiroler Gemeindeverbandes zum spektakulären Konkursfall wurde. Seither verhandelt der Gemeinderverband direkt mit der Tiwag und präsentierte im April dieses Jahres auch entsprechend stolz einen neuen, mit rund 10 Cent pro KWh deutlich günstigeren Tiwag-Tarif, dem auch die Stadt Lienz bei der Gemeinderatssitzung im April zustimmte – wie in all den Jahren zuvor ohne Ausschreibung.

Bürgermeisterin Elisabeth Blanik gab in einer ersten Reaktion gegenüber dolomitenstadt.at zu bedenken, dass die Tiwag-Verträge nicht unbedingt als Neuverträge zu werten seien, schließlich sei die Stadt schon ewig Kundin des Landesunternehmens. „Aber das muss jetzt natürlich alles erst rechtlich geprüft werden, es ist für mich noch zu früh, um eine konkrete Bewertung der Situation zu treffen.“

Das jetzt ergangene, noch nicht rechtskräftige Urteil dürfte jedenfalls für einige Diskussionen im Land sorgen. Laut Gesetz hätten hunderte Aufträge nicht einfach an den Landesenergieversorger Tiwag vergeben werden dürfen. „Den Steuerzahler:innen ist dadurch ein enormer Schaden entstanden, denn die Tiwag ist für die Gemeinden bei weitem nicht der günstigste Anbieter am Markt. Viele Bürgermeister haben sich dabei aus Unwissenheit und Bequemlichkeit auf die Beratung der GemNova verlassen“, so Neos-Klubobmann Dominik Oberhofer, dessen Partei das Feststellungsverfahren initiiert und bezahlt hat.

Oberhofer spricht von einem „System Tiwag“, das sich auf Kosten der Gemeinden und Steuerzahler:innen bereichert habe. „Der gut bezahlte Handlanger war die GemNova. Tatsache ist aber, dass es dieses Bundesvergabegesetz gerade deshalb gibt, damit garantiert wird, dass mit den Steuer- und Abgabeneinnahmen der Tiroler:innen sorgsam und transparent umgegangen wird.“

Die Grünen blasen ins selbe Horn: „Das ist nicht nur ein Problem der GemNova gewesen. Der neue rot-schwarz besetzte Vorstand des Tiroler Gemeindeverbandes macht nahtlos dort weiter, wo der alte aufgehört hat“, wundert sich Klubobmann Gebi Mair. „Hier wird achtlos mit Steuergeld und mit dem Rechtsstaat umgegangen. Das kann nicht ohne Folgen bleiben.“

Die Grünen verlangen eine öffentliche Aufsicht über den Gemeindeverband. Mair: „Die Organisation als privater Verein führt genau dazu, dass der Tiroler Gemeindeverband als private Spielwiese verstanden wird. Tatsächlich aber handelt es sich um eine wichtige Körperschaft der Tiroler Gemeinden. So sollte der Gemeindeverband auch aufgestellt werden.“ Mair verlangt daher die Umwandlung des Vereins in eine Körperschaft öffentlichen Rechts.

Die Lienzer Bürgermeisterin sieht die Sache bis zur endgültigen rechtlichen Klärung jedenfalls pragmatisch: „Es soll uns nichts Schlimmeres passieren, als ein noch günstigerer Strompreis.“

Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

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8 Postings

lia
vor 2 Tagen

bin immer gut gefahren mit dem landesversorger. außer damals, eh schon wissen.

 
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so ist es vielleicht
vor 2 Tagen

Es ist die Idee dahinter ja nicht ganz schlecht, dass der eigene Landesenergieversorger für Tiroler Gemeinden als Stromlieferant heran gezogen wird. So bleiben die Finanzmittel umwegrentabel im Land, wandern von der TIWAG wieder zum Land Tirol und von dort wieder zurück zum Tiroler Bürger. Nur sollte das natürlich nicht ohne Vergleichswerte vollzogen werden, denn es macht wahrlich keinen Sinn, den Gemeinden auf der einen Seite das dringend benötigte Kapital aus der Tasche zu ziehen, sodass sie andererseits wieder auf Bedarfszuweisungen und Förderungen angewiesen sind. Der Vorteil der Landesregierung liegt natürlich darin, dass man die Gemeinden eng am Gängelband halten kann, aber will man das wirklich? Wenns nach der ÖVP ginge, sicherlich weiterhin, wenn man das hier liest.

Mit der Transparenz war die ÖVP sowieso nie so recht Freund, uralte "Walli-Angewohnheiten" wirken bis heute nach.

Aber Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. Am Besten man ist bei TIWAG und Land einsichtig, zahlt die Überrechnungen an die Gemeinden zurück und in Zukunft wird tatsächlich transparent ausgeschrieben. Und dann kann und soll ja die TIWAG weiterhin Stromanbieter sein, aber zu fairen und sinnvollen Preisen.

Dass durch diese Praktiken z.B. Schwimmbäder aus Kostengründen geschlossen werden mussten, ist dann die Folgewirkung solcher Gier, die tatsächlich im Endeffekt erst wieder die Bevölkerung trifft, obwohl der Steuerzahler zuvor sogar überteuert zur Kasse gebeten wurde. Das Ergebnis sind Kinder als Nichtschwimmer, unsportlich und übergewichtig, soll das eine sinnvolle Politik sein? Und das ist nur ein kleines Mosaikstück verfehlter Politik.

Daran dürften diese ganzen Manager nie denken, es zählen nur die eigenen Gewinne und Boni, ob dabei die Gesellschaft immer mehr unter Druck gerät, interessiert diese Elite eher wenig. Diese schwimmen wohl eh im hauseigenen Pool, womöglich sind diese (wie bei Dagobert Duck) nicht mit Wasser, sondern sogar mit Goldmünzen gefüllt..... 🫣😉

Also, Gier hat noch nie zu einem guten Ende geführt, das sollte uns der soziale Frieden schon wert sein, dass man sich endlich wieder zurück hält und sich seiner Wurzeln besinnt. Ansonsten driften wir immer weiter ab, denn die Kluft ist jetzt schon ungesund angewachsen, zwischen arm und reich. Das geht auf Dauer nie gut, denn irgendwann krachts, dann trifft es halt erst wieder alle, wer will das wirklich???

 
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wolfgangwien
vor 3 Tagen

Jaja, in Tirol weiss keiner was, keiner kennt sich aus, machen alle Alles richtig. Kopf in den Sand und durch. Die Tiroler sind eh alle brav und hinterfragen nichts.

 
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    ruhigblut
    vor 3 Tagen

    ...die Frau Hysek U. ist ja stellvertretende Ausichtsrätin, da müsste man doch Bescheid gewusst haben? oder Nicht? :-)

     
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ruhigblut
vor 3 Tagen

....Naja, wie gesagt...sollte doch schon lange der Vergangenheit angehören öffentliche Aufträge ohne Ausschreibungen zu vergeben. Was sagt da der Hannes Schwarzer dazu?

 
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    Senf
    vor 3 Tagen

    @ruhigblut, Vergleichsangebote? Wozu, der Papierkram, die viele Zeit?

    Wenn man sich im Unterschwellenbereich bewegt, ist das mit der formenfreien Direktvergabe recht einfach. Ein Telefonat genügt und der Handwerker oder Dienstleister -möglichst aus heimischen Auftragsnehmer - rauscht an, das Vorhaben wird besprochen und begonnen. Oft auch ohne Überprüfung der Eignungskriterien und dem Naheverhältnis zum ... Der oder die hat das schon Jahre zufriedenstellend gemacht, warum dann ein so arbeitsintensives Unterfangen? Da hilft nur praktisches Denken, manchmal gar der "Hausverstand". Besonders beliebt sind Projektumsetzungen nach Kosten in Regiearbeit gerne auch in Laufmeterpreisen, die die Haare zu Berge stehen lassen. Ganz schlimm wird es, wenn die getane Leistung nicht ausreichend dokumentiert ist, da hilft dann nur das Bodenradargerät oder das Langzeitgedächtnis.

    Naja, ganz so einfach ist das nicht, denn es gibt in den meisten Gemeinden Überprüfungsausschüsse, die ein scharfes Auge bei ihrer Nachprüfung haben. Außerdem gibts ja eine Gemeindeaufsicht, die Bedarfszuweisungsanträge recht heikel beackern.

    Dennoch passieren Dinge aus der Gewohnheit und Eigenmächtigkeit, die nicht nachvollziehbar sind und auf Dauer so manche Gemeinde in den Ruin treiben.

     
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      ruhigblut
      vor 2 Tagen

      ....sehe ich ähnlich...ist auch bei diversen Wohnbaugesellschaften dasselbe!...Da werden z.B. in Küchen zu absolut überteuerten Preisen UNGEEIGNETE PVC Beläge reingeklebt die das anschauen nicht aushalten, oder in Bädern....der billigste "Dreck" verlegt, zu Wucherpreisen. Ohne Vergleichsangebote, ist ja egal, wird ja auf die Gesamtkosten aufgeteilt!.....und wie es mit der Vergabe der Hausmeistertätigkeiten ausschaut weiß ich zwar nicht, kann ich mir aber ausmalen!...es wird geschoben, getrickst und abgezockt wohin man schaut ...wo bleibt die Ehrlichkeit?

       
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    Hannes Schwarzer
    vor 2 Stunden

    @ruhigblut: 'Was sagt da der Hannes Schwarzer dazu?'. Was willst hören ? Vorweg einmal: ich kenne die Rechtslage i.S. Vergabe nicht im Detail. Das führt zur Frage, wie diese € 100000 berechnet werden, zB eine Miete für zB eine mobile Bühne, ein Leasing für ein Feuerwehrauto erreicht über die Laufzeit bald einmal diese € 100'....darf ich dann ein Rosenberger Feuerwehrauto bei Bank X leasen oder muss es Bank Y sein ?

    MMn steht fest, dass NEOS Oberhofer mit seinem Angriff auf die GemNova/Gemeindeverband UND die Tiwag am Ende die falschen, nämlich die Gemeinden getroffen hat!

    Genau diese standardisierten Ausschreibungen von Leistungen für ALLE Gemeinden gehört zu den ureigensten Aufgaben der GemNova bzw. des Gemeindeverbandes! Die Gemeinden MÜSSEN sich dann darauf verlassen können, dass diese Ausschreibung dem Vergaberecht entsprechend erfolgt ist! (Fehler 1)

    Obzwar die Tiwag von uns allen (auch von den Gemeinden) einen NEUvertrag bis 31.03. verlangt hat, teile ich die Auffassung von Bgm Blanik, dass es sich dennoch nur um eine Fortschreibung gehandelt hat, zumal KEINE gesonderte Abrechnung der alten Verträge erfolgt ist, ich jedenfalls habe nur die -nun gemeinsame - alt/neu Vertrag- Abrechnung erhalten! (Fehler 2)

    Ob dieses Urteil hält, wird sich auch noch zeigen!

    Jedenfalls zeigt dieses Urteil, dass GemNova/Gemeindeverband NICHT ordnungsgemäss gehandelt haben und sicherlich zu hinterfragen sind!! Weiters wäre die Rolle der Eigentümervertreter (Land Tirol) in der Tiwag zu hinterfragen, die im Alleineigentum des Landes stehende Tiwag sollte OHNE Wenn und Aber ausschliesslich zum Wohle der Tiroler/-innen agieren und NICHT mit Blick auf Manager Boni ! In Fall LIENZ müsste man - sollten Kosten entstehen- Regressforderungen gegenüber dem Gemeindeverband (GV, da schon Frühjahr 2024) prüfen! Ob Oberhofer da für die Tiroler/-innen und die Gemeinden einen Vorteil erzielt hat, wage ich zu bezweifeln, zumal die Tiwag neben den Ill Werken österreichweit immer zu den billigsten Stromanbietern zählt!!! So, @ruhigblut: hat er jetzt genug gesagt, der hannes schwarzer?

     
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