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Wischen und wissen, welche Insekten in Österreich fliegen

Für ein Artenvielfalt-Projekt der Uni Innsbruck werden Insektenrückstände auf den Scheiben der Postbusse gesammelt.

Beim neuen Biodiversitäts-Projekt des Instituts für Zoologie der Universität Innsbruck helfen öffentliche Verkehrsmittel in Tirol, Kärnten, Nieder- und Oberösterreich die Vielfalt an Kleinstlebewesen zu untersuchen. Insektenrückstände auf Postbussen sind das Ausgangsmaterial, aus welchem DNA-Proben entnommen und anschließend entschlüsselt werden.

Fliegen, Mücken, Bienen sowie viele weiter heimische aber auch eingeschleppte (invasive) Arten, können im Zuge des „Insekten-Busmonitorings" in den ausgewählten unterschiedlichen Gegenden (Acker- und Grünland, Wald, Siedlungsgebiet) ausfindig gemacht werden. „Wir sehen, in welchem Zustand sich unsere Insektenwelt in Österreich befindet und wie sich die Artenvielfalt und Insektengemeinschaften verändern“, so Projektleiter Michael Traugott vom Institut für Zoologie an der Universität Innsbruck.

Die Österreichische Postbus AG ist ebenfalls beteiligt. Vorstand Alfred Loidl erklärt: „Als Teil des größten Klimaschutzunternehmens unterstützen wir als ÖBB Postbus dieses Forschungsprojekt, da es einen wesentlichen Beitrag zur Untersuchung der Artenvielfalt und zur Erhaltung unseres Ökosystems und damit zum Schutz unserer Umwelt leistet.“

Projektmitarbeiter:innen sammeln österreichweit Fluginsekten von Postbussen. Foto: Universität Innsbruck

Noch bis September läuft die Probenentnahme drei Mal pro Monat entlang von vier Buslinien je beteiligtem Bundesland (T, K, NÖ, OÖ). In Tirol werden intensiver Proben gezogen und es sind zusätzlich Fangschalen entlang der Busstrecken aufgestellt. Trockene und warme Verhältnisse sind für diese moderne Nachweismethode Voraussetzung, denn bei nassem Wetter fliegen keine Insekten. Scheibenwischer sollen während des Tages auch nicht im Einsatz sein.

„Bei ihren Fahrten sammeln öffentliche Verkehrsmittel in großer Zahl Insekten, die auf die Frontbereiche und Windschutzscheiben der Fahrzeuge prallen und dort ihre DNA-Spuren hinterlassen. Damit generieren diese Fahrzeuge wertvolle Informationen zum Vorkommen von Insekten in den regelmäßig von ihnen befahrenen Gebieten, ohne dass weitere Insekten zu Monitoringzwecken zu Schaden kommen müssen“, schildert Zoologe Michael Traugott. 

Seit April beproben Projektmitarbeiter:innen abends die Frontbereiche der Postbusse mit Mikrofasertüchern. Diese werden anschließend ausgewaschen, aus dem Wasser wird die sogenannte eDNA (environmental DNA) mittels spezieller Filter gewonnen und konserviert. Ab Herbst werden die Daten am Institut für Zoologie der Universität Innsbruck in Zusammenarbeit mit der Sinsoma GmbH analysiert. Dafür werden die DNA-Sequenzen im Labor extrahiert, vervielfältigt, sequenziert und in weiterer Folge mit internationalen DNA-Datenbanken abgeglichen und Insekten-Arten zugeordnet.

Das Waschwasser mit der darin enthaltenen Insekten-DNA wird gefiltert. Foto: Universität Innsbruck

In einem Pilotprojekt 2021 in Tirol konnten Forscher:innen ein „breites Spektrum von hunderten Insektenarten“, unter anderem die Hainschwebfliege und ihre Verwandten sowie Stechmücken, Heuschrecken, Tagfalter und Wildbienen nachweisen. Mit dem Ansatz des Busmonitorings kann die Insektenvielfalt nun über größere Gebiete untersucht werden. Darüber gäbe es laut Michael Traugott bis dato noch keine umfassenden Daten oder ähnlich gelagerten Projekte weltweit. „Jene DNA-Methoden, die uns ein umfassendes Insektenmonitoring aus solchen Umweltproben erlauben, gibt es erst seit wenigen Jahren. Der Ansatz ist ressourcenschonend und zeitsparend. Wir analysieren so genannten Roadkill, also im Straßenverkehr erfasste Fluginsekten. Außerdem greifen wir für die Sammlung der Proben auf den Öffentlichen Verkehr zurück.“

Die Ergebnisse zur Artenvielfalt der Fluginsekten werden im Herbst 2025 veröffentlicht. Biodiversitätsfonds Österreich, Klimaschutzministerium und Europäische Union fördern das Projekt. Das Insekten-Busmonitoring kann wichtige Einblicke in die Biodiversität des Landes und Auswirkungen des Klimawandels darauf liefern. Das Projekt diene auch der Bewusstseinsbildung innerhalb der Bevölkerung, indem gezeigt wird, welche Insekten es in den untersuchten Gegenden gibt und welche Rollen sie übernehmen.

„Für den Naturhaushalt sind Insekten von großer Bedeutung“, erklärt Zoologe Michael Traugott. „80 Prozent der Blütenpflanzen brauchen Insekten als Bestäuber. Insekten sind auch sehr wichtig als Gegenspieler von Schädlingen. Larven der Hainschwebfliegen, zum Beispiel, fressen Blattläuse. Außerdem sind Insekten eine wesentliche Basisnahrung für viele andere Tiere, wie Vögel.“ Doch aktuelle Studien stellen fest, dass weltweit in vielen Ökosystemen ein markanter Rückgang an Insekten beobachtet wird.

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