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Tierschutz: Aus für Qualzucht bei Haustieren

Landwirtschaftliche Nutztiere ausgenommen. Sachkundenachweis für Haltung bestimmter Haustiere.

Qualzuchten bei Haustieren werden verboten. Das ist Kern einer Novelle des Tierschutzgesetzes, die am Donnerstag von ÖVP und Grünen im Nationalrat beschlossen wurde. Weiters in der Vorlage enthalten ist ein verpflichtender Sachkundenachweis für die Haltung von Hunden, Amphibien, Reptilien und Papageienvögeln. Dies soll laut Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) dazu dienen, dass der Kauf eines entsprechenden Tiers nicht spontan, sondern erst nach guter Überlegung erfolgt.

Die Opposition war mit der Gesetzesänderung unzufrieden, auch wenn SPÖ, FPÖ und NEOS betonten, natürlich auch gegen Qualzuchten zu sein. Doch sah beispielsweise der Freiheitliche Alois Kainz die Einwände von Züchtern und Haltern nicht entsprechend berücksichtigt. Die SPÖ vermisste ein Aus für Vollspaltenböden in der Schweinehaltung und kritisierte, dass zu viele Regelungen per Verordnung des Ministers getroffen würden. NEOS-Mandatarin Katharina Werner kritisierte, dass auf Druck des Bauernbunds andere Regeln für Heim- als für Nutztiere gelten.

„Jede Partei, die dem Gesetz nicht zustimmt, ist für Qualzucht.“

Josef Hechenberger, VP-Bauernbündler

Die Koalitionsvertreter waren dagegen zufrieden. VP-Bauernbündler Josef Hechenberger freute sich, dass nach dem „ideologisch geprägten“ Erstvorschlag nun mit den Zuchtorganisationen gemeinsam eine gute Grundlage geschaffen worden sei. Den anderen Parteien richtete er aus: „Jede Partei, die dem Gesetz nicht zustimmt, ist für Qualzucht.“

Qualzucht sei „Tierquälerei“, hielt auch Gesundheitsminister Rauch fest. Die begleitende Kommission werde Klarheit schaffen, was unter Qualzucht zu verstehen ist. Im Wesentlichen geht es um Züchtungen, die Merkmale von Tieren betonen, die als besonders beliebt gelten. Diese können für die Tiere jedoch schmerzhaft sein. Dagegen aufzutreten, setzt die Novelle an.

Nachgerade begeistert war die Grüne Tierschutzsprecherin Faika El-Nagashi. Es handle sich um einen Systemwandel in der Bekämpfung von Qualzucht: „Wir helfen den Tieren und den verantwortungsvollen Züchtern.“ Darüber hinaus werde z.B. auch die Haltung von Büffeln und Kamelen in Zirkussen verboten.

Die Vorlage sieht etwa vor, dass der zuständige Ressortchef per Verordnung besonders mit Qualzuchtsymptomen belastete Rassen auch ganz von der Zucht ausschließen kann. Außerdem brauchen Züchter bei der Überschreitung von bestimmten Grenzwerten eine Bewilligung. Schlagend wird dies, wenn pro Jahr mehr als zwei Würfe Hundewelpen oder drei Würfe Katzenwelpen abgegeben werden.

Weiters wird ab 1. Juli 2026 ein verpflichtender Sachkundenachweis für die Haltung von Hunden, Amphibien, Reptilien und Papageienvögeln verankert, der durch die Absolvierung eines Kurses im Ausmaß von mindestens vier Unterrichtseinheiten nachzuweisen ist. Bei Hunden ist zusätzlich eine zweistündige Praxiseinheit vorgeschrieben. Das Verbot der Verbringung von Hunden ins Ausland zur Vornahme von in Österreich verbotenen Eingriffen wird auf alle Tiere ausgedehnt. Strafbar ist auch, wer Tiere vor dem artspezifischen Absetzalter vom Muttertier trennt, erwirbt oder durch einen anderen erwerben lässt - dies gilt auch dann, wenn der Erwerb im Ausland erfolgt.

Für den Tierschutzverein „Vier Pfoten“ bringt die Novelle einige begrüßenswerte Maßnahmen, allerdings auch große Enttäuschungen und sogar Verschlechterungen. Die Einrichtung einer wissenschaftlichen Kommission zur Beurteilung von Qualzucht sei ein Riesenerfolg. Ebenso positiv sei die Einführung des Sachkundenachweises. Ein großer Wermutstropfen sei, dass wieder keine Positivliste für Wildtiere in Privathaltung beschlossen wurde. Dass landwirtschaftlich genutzte Tiere vom Qualzuchtverbot ausgenommen sind, sei eine weitere Enttäuschung, so „Vier Pfoten“-Direktorin Eva Rosenberg.

Laut dem Präsidenten des Österreichischen Kynologenverbands (ÖKV), Philipp Ita, sei der große Wurf nicht gelungen. Nur zehn Prozent der in Österreich gehaltenen Hunde stammten aus kontrollierten ÖKV-Zuchtstätten. „Gegen die anderen 90 Prozent, die sich illegal auf Teufel komm raus vermehren und nicht an Gesetze und den Tierschutz halten, passiert einmal mehr zu wenig.“ In Gesprächen mit Regierungsvertretern sei es gelungen, „welt- und realitätsfremde Forderungen“ zu entschärfen bzw. zu verhindern. „Wissenschaftsferne Rasselisten, Hunderassenverbote oder Verbote von Hundesportarten konnten abgewendet werden. So auch ein Verbot von haarlosen Hunderassen, die natürlich entstanden sind und keine gesundheitlichen oder physiologischen Einschränkungen aufgrund der Haarlosigkeit haben“.

Als Unentschieden wertete die Wiener Tierschutzombudsfrau Indra Kley-Schöneich das Gesetz. Das ursprünglich sehr ambitionierte Projekt habe unter den politischen Verhandlungen stark gelitten. Für die Tiere wäre weitaus mehr drin gewesen. Unverständlich sei, wieso einfach umsetzbare und dabei extrem wirkungsvolle Maßnahmen wie die Chip- und Registrierungspflicht für Katzen gestrichen worden sind. Wichtig sei, dass der Gesetzgeber jetzt eine umfassende Informationsoffensive startet und über die Neuerungen aufklärt.

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