Selbst wenn dieser Winter kalt und das Frühjahr nass waren, geht der Leiter des wissenschaftlichen Gletschermessdienstes des Alpenvereins, Andreas Kellerer-Pirklbauer, auch heuer davon aus, dass die Gletscher in Österreich weiter an Masse und Länge verlieren. Ihr Rückzug bringe auch eine direkte Gefahr für den Menschen beim Begehen.
Jedes Jahr erstellen die sogenannten Gebietsverantwortlichen für die gut 90 Gletscher in Österreich einen Gletscherbericht und das seit 133 Jahren. Am Wochenende trafen sich diese ehrenamtlichen Gletschervermesser des Alpenvereins zu einer Fachtagung. Für eine Exkursion auf den Hallstätter und Schladminger Gletscher stand auch das Vorstellen von Messmethoden auf dem Programm.
Inzwischen sei ein mittlerer Rückzugswert der Gletscher pro Jahr „von mehr als 20 Metern Länge leider nichts Außergewöhnliches“, meinte Kellerer-Priklbauer. Es gebe in Österreich keinen Gletscher mehr, „der über ein Nährgebiet verfügt, das die bestehende Eismasse auch nur annähernd erhalten könne. Die österreichischen Gletscher existieren nur mehr aufgrund der in der Vergangenheit angesammelten Eisreserven.“
Kälte und Niederschlag zu Beginn eines Jahres können daran nichts ändern, wenn auf einen Sommer mit „kritischen Hitzeperioden“ auch noch wie vergangenes Jahr ein warmer, trockener Herbst folge, erläuterte Kellerer-Pirklbauer. Er veranschaulicht die Situation mit dem Schmelzen eines Eiswürfels. Wenn man diesen aus dem Eisfach nimmt, taue er erst nach einiger Zeit auf. So verhalte es sich auch bei Gletschern, eine kurzzeitige kältere und nasse Wetterperiode könne den zeitverzögert eingesetzten Vorgang nicht stoppen. Er rechne damit, dass die österreichischen Gletscher spätestens 2070 vollständig abgeschmolzen sein werden.
Der Gletscherrückgang sei aber auch für den Menschen gefährlich, wies er auf ein weiteres Problem hin. Die Oberfläche bekomme Risse, Spalten werden größer oder Zungen brechen weg. Kellerer-Pirklbauer, der auch Gebietsverantwortlicher für Gletscher um die Pasterze in Kärnten ist, meinte, damit werde das Begehen riskant. So könne etwa der größte Gletscher Österreichs nur noch deshalb vermessen werden, weil „wir die Seilbrücke der Bergrettung“ benutzen können. Der Gletscherbach sei inzwischen zu einem „reißenden Fluss“ angeschwollen, was eine Querung unmöglich mache.
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