Nicht selten wache ich sonntags mit Ohrwürmern von Liedern auf, welche die Band oder ein DJ auf der Party am Vorabend spielten. Nicht selten summe ich dann morgens im Bett, während ich mir die Party-Videos anschaue, Hits wie „Shoot to Thrill“ oder „You shook me all night long“. So auch am vergangenen Sonntag, 23. Juni. Nur dass ich, anstatt langsam in den Tag zu starten, am Bahnhof Irschen in den Zug nach Wien stieg.
In Villach mussten meine Freunde und ich umsteigen und mit uns zahlreiche weitere Kärntner und Osttiroler. Mit ihnen teilten wir nicht nur unser Reiseziel, sondern auch das Abendprogramm. Die Band T-Shirts mit AC/DC-Aufdruck sprachen Bände und später, beim Spaziergang durch den Wiener Prater, begegneten uns massenhaft Teufelshörner. Kein Wunder – schließlich gastierte AC/DC, die australische Jahrhundert-Hardrock-Band, derzeit in der Hauptstadt.
Mit der U2 ging es für uns um ca. 17.00 Uhr zur U-Bahn Station „Stadion“ und vorbei an unzähligen Fanshops und Imbisswagen. Unter den Zigtausenden tauchten sogar Bekannte auf. Wir fanden den Weg durch die Menschenmassen zu unserem Sektor, saßen eine Stunde später auf grünen Sitzen und beobachteten, wie sich das Ernst-Happel-Stadion füllte. La-Ola-Wellen schwappten von Sektor A zu uns in den E-Sektor und über die Stehplätze wieder zurück. Meine Vorfreude steigerte sich im Minutentakt.
Die Sonne verschwand gerade hinter dem Stadion, als die Bildschirme ansprangen und einen roten Oldtimer zeigten, der Funken auf dem Asphalt versprühte, während er am Ortsschild Wien vorbei in ein Fußballstadion rollte. Väter und Töchter, Mütter und Söhne, die Männerrunde von Nebenan und Großeltern mit ihren Enkelkindern – insgesamt 59 Tausend Leute klatschten im Rhythmus. Der Boden bebte als das Introriff von „If you want blood (you got it)“ ertönte.
Und dann waren sie da. Angus Young auf der Bühne! Im Gegensatz zu seinen Bandkollegen natürlich nicht in Schwarz gekleidet, sondern in dem Outfit, das nur ihm noch passt: Rote Schuluniform, kurze Hose, weißes Hemd, Kappe und rot-weiß gestreifte Krawatte. Das Sakko ließ der Lead-Gitarrist im Laufe des Abends links liegen, während er in einer zweistündigen Show seinem Nachnamen alle Ehre machte! For ever Young!
„It’s Angus Youngs world and we are just living in it.“
Mit 69 Jahren sprang der Lead-Gitarrist ohne Rast von einer Bühnenseite zur anderen, gab den Duck Walk zum Besten und unterhielt die Menge mit minutenlangen Soli. Alles, an das ich denken konnte, wenn nach einem seiner Ohrwurm-Riffs die Menge jubelte, war der Spruch, den meine Generation auf TikTok viral gehen ließ: „It’s Angus Youngs world and we are just living in it.“
Nach dem Solo zu „Let There Be Rock“ gab es als Zugabe noch die Klassiker „T.N.T.“ und „For Those About to Rock (We Salute You)“. Eine stimmungsvolle, aber ehrlich gesagt etwas abwechslungsarme Show ging schließlich zu Ende. Bis auf die über der Bühne schwebende Glocke mit AC/DC-Logo bei „Hells Bells“ oder das lodernde Feuer bei „Highway to Hell“ kam die Band ohne weitere Effekte aus. Ob es trotzdem ein Highlight war? Auf jeden Fall! Denn AC/DC sind einfach Show genug.
Wie Angus Young begeisterte der 76-jährige Leadsänger Brian Johnson die Menge, und das nicht nur mit seiner Stimme. Leichtfüßig wirbelte er über die Bühne, sang die Lieder nicht nur, er lebte sie. Mein persönlicher Favorit war „Demon Fire“, das mich nach dem Klassiker „Back in Black“ wieder vom Sitz riss.
Und mein persönliches Fazit? Es war inspirierend! Wenn ich im Alter von 69 bzw. 76 Jahren immer noch so begeistert meiner Berufung (vielleicht dem Schreiben?) bzw. einer Leidenschaft (vielleicht dem Kochen?) nachgehe, wie Angus Young und Brian Johnson noch immer die Bühne rocken, dann habe ich in meinem Leben alles erreicht.
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