Unter dem Titel „Josef Dapra. Das fotografische Werk“ zeigt das Museum Schloss Bruck eine von Stefanie Pirker vom Fotohof Salzburg zusammengestellte Werkschau des 1921 in Lienz geborenen Künstlers.
Nach Kriegseinsatz und Gefangenschaft studierte Josef Dapra (1921-2018) in Innsbruck Psychologie und Geschichte. Die Fotografie erlernte er in Stuttgart bei Adolf Lazi, dem Gründer der „Schule für höhere Fotografie“, der für ihn stilprägend wurde. 1954 übersiedelte er nach Salzburg, wo er als Berufsfotograf, u. a. für den Residenzverlag, tätig wurde und 1960 die Pianistin, Sängerin und naive Malerin Regine Fischer ehelichte. Trauzeuge war Raimund Abraham, der den beiden auch ein Haus samt Fotostudio errichtete.
Dapra engagierte sich, zusammen mit dem Versicherungsfachangestellten und späteren EU-Parlamentarier Johannes Voggenhuber sowie dem Schauspieler Herbert Fux, in der „Bürgerliste Salzburg“, die viele der aktuell dringendsten Anliegen zum Schutz von Lebensraum und Natur bereits in den 1970er Jahren vorwegnahm und damit als eigentliche Keimzelle der österreichischen Grünen zu gelten hat. Eine Art Vaterfigur war der 1965 von München nach Salzburg gezogene und dort auch lehrende Kunstgeschichtler Hans Sedlmayr, der mit seiner 1970 erschienenen Streitschrift „Stadt ohne Landschaft“ vor der Zerstörung gewachsener, Natur und Lebensraum harmonisch verbindender urbaner Strukturen gewarnt hatte.
Vom künstlerischen Standpunkt aus ist keine direkte Brücke zwischen Sedlmayr und Dapra zu schlagen, wie Stefanie Pirker, die auch eine Monographie über Dapra verfasst hat, betont, und doch scheint sich wenigstens in der retrospektiven Einstellung beider ein geheimer Konsens ausmachen zu lassen. Dapras Stil formiert sich in der Zeit seiner Kindheit und weniger in der seines fotografischen Schaffens. Die „Neue Sachlichkeit“ und der „Magische Realismus“ beruhigten während der Jahre zwischen den beiden Kriegen die wilden Experimente der Avantgarde. Problemlos verbinden sich ihre glatten, schnörkellosen Objekte mit Dapras Dringen auf eine strenge Bildarchitektur.
Jede einzelne Fotografie ist zunächst einmal durch die Außenkanten als Rechteck bestimmt, das man weder als zufällige noch als beliebig verschiebbare Begrenzung des Bild- wie des Gesichtsfeldes wahrnimmt, sondern als Grundmuster, aus dem sich geometrische Flächenteilungen ableiten lassen. „Ich gehe von der Wirklichkeit als Raum aus. Dieser Raum soll als Ausschnitt beschaffen sein, dass er auf die Ebene projiziert eine geordnete Bildfläche ergibt." Dieses vom deutschen Fotografen Albert Renger-Patsch 1924 formulierte Zitat könnte ebenso gut Josef Dapras Werk als Motto vorangestellt sein.
In einer Aufnahme von Kaprun-Mooserboden aus dem Jahr 1959 durchschneidet die Horizontlinie des Stausees als Symmetrieachse das Bildfeld, und die gewaltige Kurvatur der Staumauer führt in einen unermesslichen Abgrund und in die Tiefe der Raumes zugleich. Winzig, fast verloren und doch bildbestimmend ist ein Familienspaziergang auf der Brüstung, der den Gewalten der Natur und der Technik eine Idylle abringt, wie sie die „Pittura metafisica“ Italiens verstörender nicht komponieren hätte können. Manchmal wird der „Raum“ auch zum Innenraum, der den gerahmten Blick auf die Welt etwa durch das Seitenfenster eines VW-Käfers auf einen VW-Käfer gestattet.
Dapra hatte durchaus Humor. Eher beiläufig versteckt er diesen im Blick auf die Folklore seiner engeren Heimat, in Fahnenträgern aus Kals und -trägerinnen aus Zell am See. Nicht überall dominiert die Kunst. Das hat u. a. damit zu tun, dass Dapra jener Richtung der Fotografie nahestand, die diese in einem scharfen Gegensatz zur Kunst verstanden wissen wollte: „Überlassen wir die Kunst den Künstlern“, sagte der bereits zitierte Albert Renger-Patsch, „und versuchen wir mit den Mitteln der Fotografie Fotografien zu schaffen, die durch ihre fotografischen Qualitäten bestehen können.“
Andererseits war das Ziel von Dapras fotografischer Arbeit nicht so sehr das einzelne Bild, sondern der Bildband, wie etwa Raimund Abrahams „Elementare Architektur“ von 1963 oder das zusammen mit Max Dellacher und Pepi Stiegler fotografierte, 1966 erschienene erste „Buch der Stadt Lienz“.
11 Postings
Ich weiß nicht, warum der Fotograf die Fahnenträger nach Kals versetzt; es sind Gaimberger Fahnenträger („Buebnfahne“) Andreas Steiner vlg. Plojer (li) und Johann Kollnig vlg. Wachtlechner (re). Dahinter Franz Idl vlg. Rohracher. Die Aufnahme dürfte in den frühen 1950er Jahren entstanden sein (Fam. Steiner pachtete 1951 den Plojerhof) und zeigt den Weg über die „Egger Schütte“ (heute Ortsteil Grafendorf mit der Volksschule).
R.ingruber ganz in seinem Element. Sein Kommentar so beeindruckend wie die Bilder.
Blick in die Lienzer Mühlgasse, 1966. In diesem Gebäude befand sich damals eine Polsterwerkstätte, ich glaube namens Mandler... als Kind wir ich des Öfteren mit meinem Vater dort, daneben verlief die Wiere....(kleiner Bach)
Mantl. Heute Kunstwerkstatt Lienz.
Ich liebe solche alten Fotos. Lebe in der Nähe und bin schon lange auf der Suche nach einem alten Foto dieser ehem. Wiere durch die Mühlgasse, hatte aber bisher kein Glück. Kann mir jemand weiterhelfen? Danke!
es gibt auf facebook eine gruppe, die nennt sich alte fotos von lienz, da war mal ein foto der mühlgasse mit der wiere und dem großen angrenzenden obstgarten zur heutigen b 100
Danke vielmals! :-)
Sehr geehrter Herr Ingruber, was haben die Ärzte im LKH Lienz mit Ihnen angestellt, Sie sehen ja 20 Jahre jünger aus!
@tantmarie, könnte es sein, das Portraitbild noch aus der Kamera von Herr Josef Dapra stammt und Rudolf sein Selbstbildnis von der Ausstellungsexponaten etwas zeitverzögert mit KI Unterstützung abgegeknipst hat?
Der Photoshop kanns wohl doch nicht gewesen sein.
Der Vergleich mit der "pittura metafisica" ist schon genial, Rudi wie immer (einer) der beste(n) Kunsthistoriker im Bezirk (und vermutlich auch darüber hinaus). Bin gespannt auf die Ausstellung.
oh... pflichttermin!
Großartige bilder!
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