Das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben ist ein zentrales Prinzip der UN-Behindertenrechtskonvention: Menschen mit Behinderungen sollen durch individuelle Unterstützungen autonom leben und eigene Entscheidungen treffen können. Mit dem „Self-Directed Support“ (SDS) setzt Schottland ein innovatives Modell zur Stärkung der Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen um. Es ermöglicht ihnen mehr Wahlmöglichkeiten und Kontrolle über ihre eigene Unterstützung.
Um sich ein Bild dieser personenzentrierten Begleitung zu machen, ist Inklusionslandesrätin Eva Pawlata gemeinsam mit Fachexpert:innen des Landes sowie der Lebenshilfe Tirol und argeSODiT, dem Dachverband der Organisationen für Menschen mit Behinderungen in Tirol, diese Woche zu Besuch in Schottland. Dort will die Tiroler Delegation Einblicke in das Konzept der selbstbestimmten Unterstützung gewinnen. Mit dabei sind auch zwei Vertreter aus dem Bezirk Lienz: Thomas Niederwieser, Regionalleiter der Lebenshilfe in Osttirol, und Lebenshilfe-Regionalsprecher Thomas Baumgarnter.
Organisiert wurde die Reise im Auftrag der Lebenshilfe Tirol von Franz Wolfmayr vom Zentrum für Sozialwirtschaft in Graz: „In Schottland wurden bereits bis 2005 alle großen Heime geschlossen. Die dort lebenden Personen sind mit der notwendigen Unterstützung in ihre Heimatgemeinden übersiedelt. Ein Gesetz schafft seit 2013 die Voraussetzung dafür, dass alle Personen mit allen Formen von Behinderungen so leben können, wie sie das möchten – so wie andere auch, mit Assistenz.“
Dass Schottland in Fachkreisen als Vorreiter in Sachen Inklusionspolitik gilt, hat vor allem mit dem gesetzlichen Rahmen des „Self-Directed Support Act“ von 2013 zu tun. Er verpflichtet lokale Behörden dazu, Menschen, die Anspruch auf soziale Unterstützung haben, verschiedene Möglichkeiten anzubieten. So können sie die Art der Unterstützung bestimmen und wählen, ob sie Direktzahlungen bekommen möchten, eine lokale Behörde oder ein Dienstleister das Budget verwalten oder diese die Auswahl und Organisation der Unterstützung übernehmen sollen.
Auch Dienstleister und Zeitpläne können selbst festgelegt werden. ENABLE hat 2.500 Mitarbeiter:innen und unterstützt mehr als 13.000 Menschen mit Behinderungen in Schottland. Im Bereich der persönlichen Assistenz werden dabei mehr als 2,5 Millionen Stunden an Unterstützungsleistungen pro Jahr erbracht. Jede:r persönliche Assistent:in wird von der Person, für die sie bzw. er arbeiten soll, interviewt und ausgewählt und über ENABLE als Dienstgeber angestellt. ENABLE verwaltet auch das persönliche Budget und rechnet es gemeinsam mit der Person mit Behinderungen ab.
Thomas Baumgartner, Regionalsprecher der Lebenshilfe Osttirol, weist auf die Unterschiede der Inklusionsarbeit in Schottland und Österreich hin:
„Die Eindrücke von ENABLE Scotland bestärken uns darin, noch mehr Motor und treibende Kraft für gesellschaftliche Veränderungen zu sein und uns als Menschen- und Bürgerrechtsorganisation für die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention stark zu machen. Dazu gehört auch, bestehende Angebote und Konzepte immer wieder zu hinterfragen und weiterzuentwickeln. Alle Menschen sollen ein Leben führen können, in dem alles möglich ist“, sagt Thomas Niederwieser. Auch Thomas Baumgartner zeigt sich von ENABLE Scotland beeindruckt. „Die Sprecherinnen und Sprecher in Schottland sind viel aktiver und gehen mit ihren Anliegen an die Öffentlichkeit. Das möchte ich in Zukunft auch tun und mich so noch mehr für die Rechte meiner Kolleginnen und Kollegen einsetzen“.
2 Postings
Den Baumgartner kenn ich. Ist eigentlich Künstler.
so wie der Ingruber
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