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Über den Dächern von Wien. Alle Fotos: Anna Oberwalder/privat

Über den Dächern von Wien. Alle Fotos: Anna Oberwalder/privat

 „Ich liebe es, international zu arbeiten“

Geschichten aus London, Dublin, Grenoble, Paris und Lyon – Anna Oberwalder im Interview.

Auch wenn es Anna schon früh aus Osttirol in die weite Welt gezogen hat, schätzt sie ihre Heimat heute mehr denn je: „Das ist so, weil ich jetzt seit drei Jahren in einem Land bin, wo es nicht mehr so leicht ist, sich einfach in einen Zug zu setzen und heim nach Lienz zu fahren.“ Bei Osttirol-Besuchen darf eines nie fehlen: Schlipfkrapfen und Spinatknödel! 

Nach einem Anruf bei der Osttiroler Oma beherrscht Anna die Rezepte zwar mittlerweile selbst auch ganz gut in der Ferne, aber „daheim ist das schon noch einmal was anderes“, lacht sie. Über eine Rückkehr denkt sie aber derzeit noch nicht nach. Warum nicht, das erklärt sie so:

Anna ist in Lienz aufgewachsen, ihr Bruder lebt mittlerweile mit seiner Familie in Graz, der Rest der Familie weiterhin in Osttirol. Seit ihrem ersten Heimweh-Interview vor fast acht Jahren hat sich viel verändert. „Ich habe in London für ein paar Monate ein Praktikum gemacht, meinen Bachelor dann aber nicht wie geplant in den Niederlanden, sondern am Tourismuskolleg in Salzburg absolviert.“ Den Bachelor schloss sie neben ihrer Arbeit als Veranstaltungsmanagerin für ein Wiener Institut berufsbegleitend ab. 

„Ich war insgesamt fünf Jahre dort und war am Ende für die verschiedensten Teilbereiche zuständig.“ Die lange Zeit in dem damaligen Unternehmen war anfangs nicht geplant, aber „ich hatte einen unglaublich lieben Chef und eine extrem liebe Kollegin, die meine erste richtige Arbeitsstelle wirklich besonders gemacht haben“.

Dann kam Covid-19. Anna beschloss, ihren Wunsch, für längere Zeit im Ausland zu leben und zu arbeiten, endlich umzusetzen. „Ich konnte dank meines Arbeitgebers für ein Jahr Bildungskarenz nehmen und bin nach der Pandemie nach Dublin gezogen.“ Dort absolvierte sie einen Master in „International Business and Management“, während sie remote noch für das Institut in Wien arbeitete. 

Im Zuge eines Auslandssemesters im französischen Grenoble, den laut Anna „vier schönsten Monaten ihrer Studienzeit“, knüpfte sie nicht nur viele weitere internationale Kontakte, sondern entdeckte auch ihre Vorliebe zu Frankreich wieder. „Ich habe aufgrund meiner Liebe zur französischen Literatur und Kunst immer schon einen Bezug zu Frankreich gehabt. Vor zehn Jahren schon habe ich mich in die Bretagne verliebt, die noch immer meine Lieblingsregion in Frankreich ist.“

„Ich liebe die Stadt und ihre Kultur – aber zum Leben ist Paris nicht immer einfach.“

Nach dem Master-Abschluss ging es mit einem Zwischenstopp wieder nach Wien. Kurz darauf kam alles Schlag auf Schlag. „Ich habe ein Jobangebot in Paris erhalten, beschloss kurzerhand dorthin zu ziehen und für eine Unternehmensberatung im Projektmanagement zu arbeiten.“ Wie es sich dort arbeitet? Um es kurz zu fassen: stressig. „Ich liebe die Stadt und ihre Kultur – aber zum Leben ist Paris nicht immer einfach. Hut ab vor jedem, der sich hier wirklich daheim fühlt und es so liebt.“ 

Vermisst habe sie im Großstadtdschungel vor allem Grünflächen, wie es sie in London, Wien oder Dublin gibt. „Es ist halt ein ständiger Hustle. Mein täglicher Weg zur Arbeit waren fast eineinhalb Stunden Pendlerei mit der Pariser Metro.“ Die Wohnungssituation trage viel zu der „Arbeiten, um zu überleben“ Situation vieler Pariser bei. „Von meiner 80 Quadratmeter Wohnung in Wien bin ich auf eine 20 Quadratmeter Wohnung in Paris geschrumpft. Das war mein ganz persönlicher ‚Emily in Paris -Moment‘.“ 

„Ich brauche einen Platz, an dem ich nach der Arbeit auch einmal zur Ruhe kommen kann.“

Trotz des täglichen Blicks auf den Eiffelturm tat sich für Anna die Frage auf, wann und ob man von diesem Dauerstress auch wieder herunterkommen kann. „Das habe ich letztes Jahr das erste Mal so gespürt – ich brauche einen Platz, an dem ich nach der Arbeit auch einmal zur Ruhe kommen kann.“ So musste sie nicht lange überlegen, als sie über die Pariser Firma ein Jobangebot des Unternehmens Volvo in Lyon erhielt. 

„Lyon ist eine extrem lebenswerte und sehr gut angebundene Stadt. In zwei Stunden gelangt man sowohl nach Paris als auch nach Südfrankreich – ich lebe sehr gerne hier.“ Bei dem schwedischen Automobilhersteller, der den Hauptsitz in Göteborg hat, ist Anna als Projektmanagerin im Bereich Global Truck Purchasing, genauer gesagt im Supply Chain Partner Management tätig. „In meinem Job geht es hauptsächlich darum, durch Kommunikation und Zusammenarbeit mit den Lieferanten die schon Jahre im Voraus geplanten Kapazitäten zu erreichen.“

Trotz des für sie ganz neuen Fachbereiches gefällt Anna ihre Arbeit sehr: „Natürlich muss ich mich noch einarbeiten, aber die Teams in Schweden und Frankreich sind sehr nett, wir helfen einander super aus. Ich lerne jeden Tag etwas Neues und das gefällt mir.“ Die Arbeitssprache ist Englisch, aber auch Französisch ist Teil von Annas Alltag. „Ich liebe es einfach, international zu arbeiten und Sprachen zu lernen. Es fällt mir sogar mittlerweile schwer, auf Deutsch zu arbeiten, weil ich seit Jahren nur auf Englisch arbeite.“

Anna reist gerne durch Europa, wie man in ihrer kleinen Slideshow gut erkennen kann. „Ich weiß – vor acht Jahren habe ich noch gesagt, ich möchte unbedingt die Welt bereisen.“ Das sei mittlerweile aber nicht mehr so. „Zurzeit bin ich viel in Frankreich unterwegs, auch in den Norden zieht es mich regelmäßig.“ So geht es in ihrem nächsten Urlaub nach London und im Sommer zur Hochzeit einer Freundin in die Südsteiermark. „Danach bleibe ich dann auch einfach mal in Osttirol zum Wandern, darauf freue ich mich schon sehr.“ 

Zu Annas größten Leidenschaften gehören Kunst und Kultur, sie geht gerne in die Oper und liebt französisches Kino. Das Schwimmen ist etwas, was sie mit ihrer Heimat verbindet: „Ich war lange Mitglied der Schwimmunion in Osttirol – dementsprechend groß ist die Vorfreude auf den Tristacher See im Sommer (lacht).“

Annas Lebensmotto lautet: „I will cross the bridge when I get to it“ – sie befasst sich mit Möglichkeiten und Herausforderungen, wenn sie vor ihr stehen. „Ich hoffe einfach nur, dass ich weiterhin glücklich bin und das Leben so genießen kann, wie ich es derzeit tue. Ich bin jetzt nicht diejenige, die unbedingt Karriere machen muss, habe mir aber überall, wo ich gelebt habe, immer ein Zuhause geschaffen und tolle Leute kennengelernt.“ 

Anfängliche Hürden in Frankreich hat sie mittlerweile mit Bravour gemeistert. Lachend fügt sie einen Rat hinzu: „Wenn du einmal in Frankreich alle bürokratischen Hürden überwunden hast, dann hast du vieles schon geschafft und bist sehr resilient.“

Rückblickend war die Entscheidung, mit Ende 20 noch einmal ins Ausland zu ziehen, eine der prägendsten der letzten acht Jahre. „Auch eine neue Sprache (Anm. Französisch) zu lernen, war eine tolle Chance für mich und ich habe es alles andere als bereut!“ Egal, ob durch Reisen, das Leben im Ausland, oder andere Dinge, die aus der Komfortzone hinausragen, „ich finde es immer wichtig, dass man als Mensch seinen Horizont erweitert“, erzählt sie abschließend.


Zwischen 2014 und 2016 befragten die Künstlerin Linda Steiner und das Redaktionsteam von Dolomitenstadt mehr als hundert Studierende mit Osttiroler Wurzeln nach ihren Zukunftsplänen und -träumen. Wir nannten die Interviewserie „Heimweh“. Jahre später laden wir die Gesprächspartner:innen von damals in der zweiten Staffel Heimweh 2.0 erneut zum Interview. Was hat sich seither getan in dieser besonders spannenden Phase des Lebens?

Elena Einhauer hat Marketing & Kommunikation studiert und lebt in Innsbruck. Als freie Journalistin berichtet sie für dolomitenstadt.at über aktuelle Events und stellt spannende Persönlichkeiten vor, mit einem Blick für das Besondere, den auch ihre Fotoreportagen widerspiegeln.

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„Momentan zieht es mich in die Welt hinaus.“

Anna Oberwalder aus Lienz studiert Tourismusmanagement und ist auch gern selbst Touristin.

Ein Posting

jacqueline
vor einem Monat

liebe kleine Schwester-ich bewundere deine reiselust und deine anpassungsfähigkeit und den mut egal wo fuss zu fassen, sehr beneidenswert. freue mich schon auf Lyon heuer und guten wein unter französischer sonne mit dir🫶🇫🇷🥖🍷❤

 
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