Die bisherige Blockade der Bundesländer zum EU-Renaturierungsgesetz hat am Freitag zu bröckeln begonnen, nachdem die beiden SP-regierten Bundesländer Wien und Kärnten ihre Zustimmung zu dem Gesetz ausgedrückt haben. Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) könnte nun auf EU-Ebene für das Gesetz stimmen. Aus EU-Kreisen hieß es, die nötige qualifizierte Mehrheit unter den EU-Staaten wäre damit wohl erreicht und könnte in dem Fall erneut zur Abstimmung gebracht werden.
Umweltministerin Gewessler war bisher durch die ablehnende „einheitliche Länderstellungnahme“, die Bundesländer in Angelegenheiten, in denen die Gesetzgebung Landessache ist, abgeben können, die Zustimmung verwehrt. Wie aus EU-Kreisen zu vernehmen war, könnte die belgische Ratspräsidentschaft den Text erneut zur Abstimmung bringen, sollte sich die österreichische Position tatsächlich ändern.
Theoretisch kann dies bei jedem EU-Ministertreffen passieren, ein wahrscheinlicher Kandidat wäre aber der nächste EU-Umweltrat am 17. Juni in Luxemburg. Davor dürften auch noch die EU-Diplomaten der 27 Mitgliedstaaten eine Abstimmung abhalten. Die beiden SP-regierten Bundesländer Wien und Kärnten sollen die Landeshauptleutekonferenz ersuchen, „der nun vorliegenden EU-Renaturierungs-Verordnung doch näherzutreten“, erklärte der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) am Freitag.
„Ich habe dieses Vorhaben immer unterstützt - Österreich konnte jedoch aufgrund der einheitlichen Ablehnung der Länder nicht zustimmen. Deshalb finde ich die Initiative der beiden Bundesländer sehr vernünftig. Ich werde Landeshauptmann Ludwig und Landeshauptmann Kaiser nun rasch um Klarstellung bitten, ob die Bundesländer Wien und Kärnten ihre Ablehnung hiermit aufheben und eine österreichische Zustimmung möglich machen“, hieß es in einer ersten Reaktion der Umweltministerin.
Wien habe die EU-Renaturierungs-Verordnung inhaltlich immer positiv gesehen, hieß es auch in einer Aussendung von Wiens Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ): „Gerade auch, weil wir in Wien in vielen Bereichen schon seit langem vorzeigen, wie Arten- und Lebensraumschutz funktioniert“, sagte Czernohorszky zum Vorstoß von Bürgermeister Michael Ludwig und Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser zur EU-Renaturierungs-Verordnung. Auf EU-Ebene habe sich einiges getan: Viele Bedenken der Länder konnten gegenüber dem ursprünglichen Vorschlag zerstreut werden.
Das geplante „Nature Restoration Law“ wurde bisher von allen Bundesländern abgelehnt. Das EU-Gesetz sieht vor, dass künftig mehr Wälder aufgeforstet, Moore wiedervernässt und Flüsse in ihren natürlichen Zustand versetzt werden. Nach langen Verhandlungen wurde es in einer abgeschwächten Form, die viele der früheren Kritikpunkte wie eine mögliche Gefährdung der Ernährungssicherheit berücksichtigte, im EU-Parlament beschlossen.
Ende März wurde es von der belgischen Ratspräsidentschaft beim Rat der EU-Umweltminister jedoch kurzfristig von der Agenda genommen, als sich vor der finalen Absegnung des Gesetzes keine qualifizierte Mehrheit (mindestens 55 Prozent der Mitgliedsländer, die zudem mindestens 65 Prozent der Bevölkerung der Union repräsentieren, Anm.) abzeichnete.
„Mit dem Ende der Bundesländer-Blockade ist der Weg frei für die Zustimmung Österreichs zu diesem wichtigen Teil des EU Green Deals - und damit für eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten“, so Reinhard Uhrig, Leiter der politischen Abteilung bei Global 2000 in einer Stellungnahme. Greenpeace-Sprecherin Ursula Bittner nannte das Renaturierungsgesetz einen der wichtigsten Meilensteine überhaupt für den Naturschutz in Europa. „Dass nun, mit der SPÖ, über Wien und Kärnten Bewegung in die Sache kommt, ist sehr erfreulich. Nun müssen auch die anderen Bundesländer ihre verantwortungslose Blockadehaltung aufgeben.“
Die Naturschutzorganisation WWF Österreich begrüßte den aktuellen Vorstoß der beiden Bundesländer Wien und Kärnten für eine Neubewertung des aktuellen Entwurfes des EU-Renaturierungsgesetzes. „Das ist ein wichtiges Signal gegen die bisherige Blockade der Bundesländer. Das geplante Gesetz wäre ein riesiger Fortschritt für eine intakte Natur, sachlich betrachtet spricht alles dafür“, sagte WWF-Programmleiterin Hanna Simons in einer Aussendung.
4 Postings
Der Ludwig kann ja in Wien mit der Donau beginnen. Das Einleitungsbauwerk abtragen und die Donauinsel sich selbst überlassen und als zweiten Schritt sämtliche Uferbefestigungen einreißen und der Donau die möglichkeit geben sich bei Hochwasser auszubreiten wie es im 17. Jahrhundert immer wieder passiert ist.
... es würde ein Verzicht auf den depperten Tunnel ein guter Anfang sein, Fortsetzungsbeispiele gibt es in Wien mittlerweile genug ...
Sicher ein tolles Gesetz für die NGOs. Schließlich werden diese Organisationen auf eine sehr strikte Auslegung der Renaturierungsmaßnahmen, auch auf privaten Grundbesitzen, drängen. Nicht ohne Grund hat man große Bedenken wegen der Realisierbarkeit.
Endlich, zumindest zwei! Hoffentlich gibt es doch noch ein Umdenken.
Sie müssen angemeldet sein, um ein Posting zu verfassen.
Anmelden oder Registrieren