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Susanne Resl, Evelin Gander und Marlen Resinger (von links) sprechen in einem Dolomitenstadt-Podcast über Trauer. Foto: Dolomitenstadt

Susanne Resl, Evelin Gander und Marlen Resinger (von links) sprechen in einem Dolomitenstadt-Podcast über Trauer. Foto: Dolomitenstadt

„Trauern ist nicht das Problem, sondern die Lösung!“

Über die „ver-rückte“ Welt der Trauernden und wie wir trauernden Menschen begegnen können.

Wenn ein Mensch stirbt, bleibt die Welt stehen. Auch wenn alles weiter läuft wie bisher, für die nahen Angehörigen ist nichts mehr, wie es war. Alles liegt in Trümmern und man selbst liegt darunter begraben. Die Verbindung zum eigenen Körper scheint gekappt, gleichzeitig schmerzt das gebrochene Herz unendlich. Anstatt dem Ich ist da nur noch eine einzige, offene, große Wunde. 

Traurigkeit, Wut, Dankbarkeit, Angst, Schuldgefühle, Sehnsucht, Scham, aber auch Freude können einen nacheinander wie Wellen überschwappen – oder als ein einziger Tsunami überschwemmen. Es kann aber auch vollkommen anders sein. Jeder Mensch trauert auf seine ganz individuelle Art und Weise, es gibt kein richtig und kein falsch. Auch Männer und Frauen trauern oft unterschiedlich, was eine Partnerschaft zusätzlich belasten kann. 

Viele Menschen fühlen sich in ihrer Trauer nicht verstanden, nicht wahr- und ernst genommen. Der tiefe Schmerz und das Ausmaß der Gefühle sind für Außenstehende kaum nachvollziehbar. Dem Betroffenen erscheinen das Umfeld und die Wirklichkeit manchmal im wahrsten Sinne „ver-rückt“. Aber besonders dann, wenn der Boden unter den Füßen wegbricht und man sich im freien Fall befindet, braucht man dringend Menschen die Halt geben. 

Wir teilen alle eine große Unsicherheit im Umgang mit Sterben, Tod und Trauer. In der Begegnung mit einem trauernden Menschen begegnen wir auch immer unserer eigenen Verlustangst und der Hilflosigkeit unserer eigenen Vergänglichkeit gegenüber.  „Viele Menschen haben große Hemmungen, auf trauernde Menschen zuzugehen. Sterben, Tod und Trauer zu enttabuisieren, mehr in die Gesellschaft zu bringen, das ist mit ein Grund dafür, dass ich mich für diese Themen engagiere“, sagt Marlen Resinger von der Tiroler Hospizgemeinschaft im Podcast Gespräch.  

„Viele Menschen haben große Hemmungen, auf trauernde Menschen zuzugehen.“ 

Marlen Resinger, Tiroler Hospizgemeinschaft

Aber angesichts dieses Leids, wie soll man trauernden Menschen begegnen, was kann man ihnen Gutes tun? Marlen Resinger und Susanne Resl sind Trauerbegleiterinnen. Im Gespräch erfahren wir mehr über die Gefühlswelt trauernder Menschen, wir sprechen über Trauerphasen, machen gemeinsam eine Körperübung und erfahren, was Menschen in ihrem Verlustschmerz guttun kann, oder aber auch nicht.

Das Wichtigste ist, mit Achtsamkeit auf den trauernden Menschen zuzugehen und auszuhalten, dass wir seinen Schmerz nicht nehmen können. Ehrlich sagen, dass man sprachlos ist, oder ein aufrichtiger Blick in die Augen, sei viel besser als mancher Spruch aus Verlegenheit. „Das schaffst du schon“, „Die Zeit heilt alle Wunden“, oder „Es wird schon wieder werden“, kann Trauernde sogar verletzen, weiß Susanne Resl aus ihrer jahrelangen Erfahrung: „Es wird nimmer! Weil es wird nie mehr wie es war. Die Verbindung zum verstorbenen Menschen wird aber immer bleiben – es geht nichts verloren, was war – sie wird nur anders.“

Trauern ist keine Krankheit, aber ein schmerzhafter Prozess, der notwendig ist, damit Heilung und Wandlung geschehen. 

„Es führt kein Weg an der Trauer vorbei, nur durch sie hindurch.“

Jorges Canacakis

Wir können der Verzweiflung, Angst und Hoffnungslosigkeit nichts entgegensetzen. Aber wir können uns ihnen zur Seite stellen und Mitgefühl zeigen, zuhören, da sein und aushalten. In der ersten Zeit geht es vielfach nur ums pure Überleben, Tag für Tag. Da sind es ganz einfache praktische Hilfen, die guttun. 

Anstatt: „Wie geht es dir?“, kann man fragen: „Wie kommst du zurecht?“ Das alles gilt natürlich auch im Umgang mit trauernden Kindern. Kinder spüren, wenn man sie schonen will, und haben ein Recht auf die Wahrheit – in kindgerechter Sprache. Wenn die Kinder es möchten, sollte man ihnen die Begegnung mit sterbenden oder verstorbenen Bezugspersonen ermöglichen. Gegen die Sprachlosigkeit der Erwachsenen gibt es sehr hilfreiche Bücher für Kinder und Jugendliche, für erwachsene Trauernde und für Menschen, die Trauernden begegnen möchten.  

Auch das Treffen mit Menschen die Ähnliches erfahren, kann guttun. Susanne Resl begleitet die Selbsthilfe-Trauergruppe „Vom Dunkel durchs Licht“. Jeden Monat treffen sich trauernde Menschen im geschützten Raum der Selbsthilfe Osttirol, manchmal auch bei einem Spaziergang. „Wir weinen, wir lachen, jeder darf so sein, wie er gerade ist. Niemand muss sich erklären.“

Marlen Resinger lädt hier mit ihrer Kollegin Maria Linder zum Trauercafé, eine Initiative der Tiroler Hospizgemeinschaft. Ein offener Ort der Begegnung für Menschen in unterschiedlichen Trauersituationen, jeden zweiten Montag in den Monaten Jänner, März, Mai, Juli, September und November, von 14:30 bis 16:00 Uhr.

Dort gibt es auch mehrere hilfreiche Broschüren von der Tiroler Hospizgemeinschaft zu diesem Thema. In einer steht geschrieben: „Trauernde brauchen Raum, Zeit und die Möglichkeit, ihre Trauer und die damit einhergehenden Gefühle anzunehmen und zu durchleben. Dann kann sich die Trauer mit der Zeit wandeln und sogar zu einer Chance werden, unsere eigene Lebendigkeit, Beziehungs- und Liebesfähigkeit neu zu erfahren.“

Zu diesem Wandel kann jeder Mensch im Umfeld des Trauernden wesentlich beitragen, durch eine achtsame, ehrliche Begegnung mit offenem Herzen. So, wie eigentlich jede Begegnung sein sollte. Das kann jeder, man muss nur etwas üben.  


Alle Treffen inkl. dem Trauercafé finden im Selbsthilfetreff, Rechter Iselweg 5a, 9900 Lienz, statt.

TRAUER…vom Dunkel durchs Licht …
Susanne Resl: 0680/2261689

SUIZID - Zurückgelassen?! Hilfe für Hinterbliebene
Barbara Kunzer 0650/9506060

STERNENKINDER und ihre Eltern
0676/3254540

VERWAISTE ELTERN
0676/4365717

Auch Einzelgespräche möglich!
Näheres auf Selbsthilfe Osttirol

TRAUERCAFÉ:
Die Tiroler Hospizgemeinschaft ermöglicht auch kostenlose Einzelgespräche mit qualifizierten Trauerbegleiterinnen: 05223 43700 33600


In der Serie „Reden hilft“ stellen Evelin Gander und Sabine Buchberger die unterschiedlichen Angebote und Gruppierungen der Selbsthilfe Osttirol vor, die mit mehr als 40 aktiven Gruppen ein breites Auffangnetz für all jene anbietet, die sich mit einem Problem, einer Krankheit oder einem sozialen Anliegen alleine oder auch allein gelassen fühlen.

Evelin Gander ist nicht nur Stadtführerin und Biobäuerin, sondern auch Ideenlieferantin und Geschichtenerzählerin mit viel Einfühlungsvermögen. Thema ihrer Reportagen und Podcasts ist das Leben in all seinen Facetten.

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