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Evelin Gander beim Interview im „Demenzcafé“ mit Barbara Krall, Manuela Kraner und Monika Pichler. Foto: Dolomitenstadt/Wagner

Evelin Gander beim Interview im „Demenzcafé“ mit Barbara Krall, Manuela Kraner und Monika Pichler. Foto: Dolomitenstadt/Wagner

„Komm und schau in meine Welt“ – Es geht um Demenz … 

... eine Krankheit, die alle interessieren sollte. Wir besuchen das „Demenzcafé“ und reden über Wege der Bewältigung.

In Österreich leben an die 130.000 Menschen mit Demenz. Bis 2050 wird sich diese Zahl voraussichtlich verdoppeln. Demenz ist ein Sammelbegriff für unterschiedliche Krankheiten des Gehirns. Sie ist trotz intensiver Forschung nicht heilbar und chronisch fortschreitend. Durch Medikamente und andere Therapieformen lässt sich der Verlauf der Erkrankung zumindest verlangsamen und die Symptome können gelindert werden. Deshalb sollte schon bei Verdacht auf Demenz die Ärztin oder der Arzt aufgesucht werden, um so bald wie möglich mit der Behandlung zu beginnen. 

Demenz ist zwar kein Tabuthema mehr, aber der Wissensstand um die Erkrankung und deren Behandlungsmöglichkeiten sowie die Möglichkeiten zum Gedankenaustausch unter Angehörigen sind sehr dürftig. Barbara Krall, Manuela Kraner und Monika Pichler wollen das ändern: „Uns ist es wichtig, dass Menschen mit Demenz nicht an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden, sondern Teil des sozialen Miteinander sind und auch bleiben. Hier ist das Schaffen von Verständnis für die Erkrankung von zentraler Bedeutung.“

Das Trio hat die Plattform „Komm und schau in meine Welt“ geschaffen, zur Beratung und Unterstützung von Menschen mit Demenz und deren Angehörigen sowie allen Interessierten. In der Bücherei in Dölsach findet vierteljährlich unter Leitung der drei Frauen das „Demenzcafé“ statt. Es ist eine Möglichkeit zum Gedankenaustausch unter Betroffenen und Angehörigen. Umfangreiche Fachliteratur gibt es zum Ausleihen und regelmäßig werden Fachvorträge organisiert. 

„Uns ist es wichtig, dass Menschen mit Demenz nicht an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden, sondern Teil des sozialen Miteinander sind und auch bleiben.“

Barbara Krall und Manuela Kraner sind DGKP mit Zusatzausbildung in Pflege bei Demenz, Monika Pichler ist zertifizierte Demenz- und SelbA Trainerin. Die drei Expertinnen stellen ihre Zeit und ihr Engagement ehrenamtlich zur Verfügung.

In Österreich werden noch rund 70 Prozent der Betreuung und Pflege von an Demenz erkrankten Personen von Angehörigen erbracht. Das kostet viel Kraft und Zeit und stellt die Betroffenen vor schwer zu bewältigende Herausforderungen. Barbara Krall empfiehlt deshalb in unserem Podcast, so früh wie möglich professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen und das Betreuungssystem auf mehrere Personen zu verteilen. „Das ganze Umfeld sollte Bescheid wissen über die Erkrankung und man sollte sich nicht scheuen auch den Nachbar mal zu fragen, ob er zur Entlastung zum Kartenspielen vorbeikommt.“  

Viele Fragen zur Entstehung von Veränderungen im Gehirn, die zu einer Demenzerkrankung führen, sind bisher nicht geklärt. Aber es gibt bekannte Risikofaktoren, die ein frühes Auftreten solcher Veränderungen begünstigen können. Laut LIV Koordinationsstelle Demenz sind etwa 30 bis 50 Prozent aller Alzheimererkrankungen – die weitaus häufigste Ursache für Demenz – auf beeinflussbare Faktoren zurückzuführen. 

Es handelt sich um die gleichen Faktoren, die Herzinfarkte und Schlaganfälle verursachen. Dazu zählen unter anderem hoher Blutdruck, erhöhte Blutfette, Übergewicht, übermäßiger Nikotin- und Alkoholkonsum, aber auch mangelnde soziale Kontakte. Forschungsergebnisse zeigen, dass sich Demenzerkrankungen schon 30 Jahre vor dem Auftreten erster Symptome entwickeln. Dies bedeutet, dass die Umsetzung präventiver Maßnahmen schon im mittleren Erwachsenenalter erfolgen sollte, um die höchste Wirksamkeit zu erzielen.

Maßnahmen, die zur „Begeisterung“ führen, umfassen unter anderem eine gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung, Pflege sozialer Beziehungen und vielfältiges Körper- und Gedächtnistraining. Diese wirken nicht nur präventiv gegen Demenz, sondern auch gegen viele andere Erkrankungen wie Depressionen, wie unsere aufmerksamen Leser:innen und Hörer:innen von dolomitenstadt.at bereits wissen. Man kann also nie früh genug damit beginnen, es ist aber auch nie zu spät.

„SelbA“- Selbständig und Aktiv, nennt sich das abwechslungsreiche Trainingsprogramm des Katholischen Bildungswerks für Menschen ab 60 Jahren, die aktiv etwas für ihre geistige und körperliche Gesundheit tun möchten. Monika Pichler ist zertifizierte Demenz- und SelbA-Trainerin. Sie leitet drei von den zehn SelbA-Gruppen in Osttirol und gibt im Podcast ein paar Tipps zum Fit bleiben. Zahlreiche Übungen für zu Hause gibt es auf der Website des Bildungswerks. Bei den SelbA-Gruppentreffen wird auch sehr viel gelacht, denn es geht nicht nur um die Erhaltung der körperlichen und geistigen Fitness. Das Training in der Gemeinschaft ermöglicht neue Kontakte mit Gleichgesinnten und führt dadurch zu mehr Lebensqualität und Freude im Alltag.

Aufgrund seiner positiven Wirkung unterstützt das Land Tirol das Projekt im Sinne einer Kosten reduzierenden Altersvorsorge. Projekte zur Prävention gewinnen zunehmend an Bedeutung, denn wir werden immer älter. Jeder fünfte Mensch in Österreich ist über 65 Jahre alt. Laut Statistik Austria wird es bis 2080 jeder Dritte sein. Die Haushalte werden zunehmend kleiner, viele Menschen wohnen jetzt schon alleine oder nur zu zweit. Schon heute sind wir mit den Herausforderungen der Pflege von alten und demenzkranken Menschen oft überfordert.

Wie stellen wir uns die Zukunft vor? Wie können wir als Gesellschaft Voraussetzungen schaffen, die trotz dieser Prognosen ein würdevolles Altern in Zukunft ermöglichen, ohne verheerenden Generationskonflikt? Demenz geht uns alle an, schon jetzt. 


Selbsthilfe Osttirol, Telefon: 04852 606-290, 0664/3856606

„Komm und schau in meine Welt“:
Demenzcafé in der Bücherei in Dölsach, Information und Beratung
Barbara Krall 0676 545 8598, Manuela Kraner 0676 706 1938, Monika Pichler 0664 153 1023

SelbA: Information und Anmeldung bei Anita Klocker im Bildungshaus Osttirol, Telefon 04852/65133-14.
SelbA ist überparteilich und überkonfessionell. Alle sind herzlich eingeladen mitzumachen.

Evelin Gander ist nicht nur Stadtführerin und Biobäuerin, sondern auch Ideenlieferantin und Geschichtenerzählerin mit viel Einfühlungsvermögen. Thema ihrer Reportagen und Podcasts ist das Leben in all seinen Facetten.

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