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„Einen roten Faden gibt es in meinem Leben nicht“, lacht Dominik. Der Weitblick fehlt ihm dennoch nicht und ein genauer Plan würde wohl auch seinen vielseitigen Interessen nicht gerecht werden. Foto: Privat

„Einen roten Faden gibt es in meinem Leben nicht“, lacht Dominik. Der Weitblick fehlt ihm dennoch nicht und ein genauer Plan würde wohl auch seinen vielseitigen Interessen nicht gerecht werden. Foto: Privat

„Konzentriere dich auf die Dinge, die du ändern kannst…“

„…und mach dir dabei nicht zu viele Gedanken“, meint Dominik Huber im Heimweh-Interview. 

Das Nordtiroler Föhnwetter zeigt sich von seiner ungemütlichsten Seite und kündigt den bevorstehenden Schneefall an, als ich den gebürtigen Heinfelser Dominik Huber vor einem kleinen Café in Innsbruck treffe. Während ich mich – halb im Spaß, halb ernst gemeint – über den Sturm beschwere, lacht er und meint: „Ich hatte die ganze Zeit Rückenwind.“ 

Rückenwind passt zum Optimismus, den der 28-Jährige ausstrahlt. Die Worte sprudeln im Interview nur so aus ihm heraus – auch wenn er sie mit Bedacht wählt. In der Antwort auf die erste Interviewfrage gelingt es ihm gleich, geschickt den Bogen von seiner Vergangenheit über die Gegenwart bis zur Zukunft zu spannen. 

„Einen roten Faden gibt es in meinem Leben nicht“, meint Dominik lachend. Aufgewachsen auf einem Bergbauernhof in Heinfels, entschied er sich mit 15 Jahren dazu, die HTL in Lienz zu besuchen: „Ich bin relativ schnell draufgekommen, dass Mechatronik nichts für mich ist. Ich wusste aber auch nicht, was ich sonst machen soll, dann hab ich es eben durchgezogen.“

Im Anschluss absolvierte er seinen Zivildienst. Das Jahr habe ihm Zeit verschafft, zu entscheiden, welche Richtung er einschlagen möchte. Er habe zunächst überlegt, sich für ein Lehramtsstudium zu inskribieren, „da hab' ich aber die Frist für die Einschreibung verpasst“, erzählt Dominik. Durch Zufall hat er das Studium Rohstoff- und Lebensmitteltechnologie am MCI in Innsbruck entdeckt.

„Das war also eigentlich Plan B, hat im Endeffekt aber super gepasst“, meint der Osttiroler. Dennoch habe er während seines Studiums überlegt, sich auf einen anderen Bereich zu spezialisieren: „Auch Umwelt- und Verfahrenstechnik hätte mich interessiert. Schlussendlich habe ich den Studiengang aber nicht gewechselt, sondern mich im Rahmen meines Auslandssemesters in Dublin in die Thematik vertieft.“ 

Nach Abschluss des dreijährigen Bachelorstudiums entschied er sich dazu, dem vielseitigen Thema der Rohstoff- und Lebensmitteltechnologie treu zu bleiben und absolvierte den Master im selben Bereich. „Davor legte ich allerdings ein Jahr Lernpause ein, das habe ich gebraucht“, meint er schmunzelnd. In diesem Jahr verschlug es ihn zurück zu seinen Wurzeln nach Heinfels, wo er in der Firma Loacker als Assistent der Werksleitung einen umfassenden Einblick in die industrielle Produktion von Lebensmitteln bekam. 

Wieder in Osttirol zu wohnen, sei eine Erfahrung gewesen, auf die er mit gemischten Gefühlen zurückblicke. „Aus meinem Freundeskreis haben zu diesem Zeitpunkt alle irgendwo auswärts studiert oder gearbeitet. Osttirol ist ein toller Urlaubs- und Pensionsort, es kann hier aber auch einsam werden.“ Und das, obwohl sich seine Hobbys auch gut mit der Osttiroler Bergwelt vereinbaren lassen würden: Sein Instagram-Profil zeigt einen lachenden Dominik vor Gipfelkreuzen, mit den Skiern im Pulverschnee sowie bei Sonnenaufgängen und Sonnenuntergängen am Berg. „Meine Freizeitaktivitäten lassen sich tatsächlich als Tiroler Klassiker zusammenfassen“, lacht er. 

Auch deshalb ist Innsbruck für ihn im Moment der perfekte Ort zum Arbeiten und Leben: „Für mich ist es die ideale Kombination aus Stadt und Land.“ Dass er nach seinem Master eine Stelle in Nordtirol annahm, habe sich aber wieder zufällig ergeben: „Ich hätte mir wieder mehrere Optionen gut vorstellen können.“ 

In Innsbruck findet Dominik die ideale Kombination aus Stadtleben und der Möglichkeit, dem Alltag in den Bergen zu entkommen. Foto: Tirol Shop/Mario Webhofer

Nach einer Anstellung bei einem großen industriellen Lebensmittelproduktionsunternehmen, hat er sich dazu entschieden, diesem Bereich vorerst den Rücken zu kehren. Beim Agrarmarketing Tirol hat er eine Stellenausschreibung entdeckt und ist dort mittlerweile seit zwei Jahren als Produkt- und Projektmanager tätig. 

„Unser Kernauftrag ist es, Tiroler Bäuerinnen und Bauern bei der Entwicklung und Vermarktung ihrer Produkte zu unterstützen und Kontakte zu Handelspartnern herzustellen“, erklärt er. Dominik ist dabei für die Produktgruppen Obst und Gemüse verantwortlich, kürzlich seien noch Fisch und Ei dazugekommen. Dass er selbst von einem Bauernhof komme, helfe ihm dabei nur bedingt. „Wir hatten einen reinen Milchviehbetrieb.“ Obst- und Gemüseanbau sei in Osttirol weit weniger verbreitet als im Inntal. 

Als Projektmanager beschäftigt er sich außerdem mit Innovationen im Lebensmittelbereich: „Kürzlich haben wir ein Projekt abgeschlossen, bei dem es darum ging, wie man auch im Winter in Tirol schnittfrisches Gemüse anbaut. Viele Pflanzen überstehen sogar bis zu minus 15 Grad problemlos, wir konnten 46 Sorten an Gemüse erfolgreich anbauen, darunter Radieschen, Karotten und Schnittsalate.“ Die Gemüsepflanzen wachsen dann bis November, „danach haben sie zu wenig Licht. Deshalb wird Winterfrischgemüse bereits im Spätsommer bzw. Anfang Herbst kultiviert, damit es im Winter erntereif ist.“

In einem weiteren Projekt beschäftigt sich der kreative Kopf damit, wie man in Tirol Getränke mit wenig oder keinem Alkoholanteil kreieren könnte, die den selben Genussmoment bieten wie ihn Bier, Wein und andere alkoholische Getränke oft versprechen. „No or low alcohol“ – kurz „NoLo“ – heißt dieser Trend aus der Gastronomie, der unter anderem von der „Generation Z“ geprägt wird. 

Vielleicht falle ich ja auch ganz klassisch in die Generation der Millennials hinein und mache alle fünf Jahre was anderes.

Dominik Huber

Was Dominik an seiner derzeitigen Anstellung besonders genießt, ist der Freiheitsaspekt, sich die Aufgaben und die Arbeitszeit selbstständig einteilen zu können, sowie ständig im Austausch mit den Produzent:innen und Betrieben zu stehen. Auf Messen erhält er Einblick in neue, spannende Bereiche und kann sich mit Innovationsideen auseinanderzusetzen. Der abwechslungsreiche Arbeitsalltag werde seinen unterschiedlichen Interessensbereichen gerecht.

Gleichzeitig könne er sich auch vorstellen, sich beruflich noch einmal in eine andere Richtung zu orientieren, erzählt Dominik: „Vielleicht falle ich ja auch ganz klassisch in die Generation der Millennials hinein und mache alle fünf Jahre was anderes.“ Dabei sei weder die Idee vom Unterrichten vom Tisch, noch eine Vertiefung in Richtung Psychologie. „Es kann aber auch etwas ganz anderes werden“, meint er. 

Das sei vorerst aber Zukunftsmusik und es bleibe ja auch neben dem Arbeiten Zeit dafür, sich weiterzubilden. Das gelingt ihm zum einen über das Lesen von Büchern und zum anderen durch das Erlernen von Fremdsprachen: Im Moment belegt Dominik einen Norwegisch-Sprachkurs: „Ich hab‘ mir überlegt, dass man die Zeit, die man ansonsten mit dem Schauen von Netflix-Serien verbringt, durchaus sinnvoller nutzen kann.“

Neue Sprachen lernen und Reisen: "Man kann die Zeit, die man ansonsten mit dem Schauen von Netflix-Serien verbringt, durchaus sinnvoller nutzen." Foto: Privat

Nebenbei ist das Lernen von Fremdsprachen etwas, das ihm auf seinen Reisen sehr gelegen kommt: „Wenn man sich beim Reisen mit den Menschen im jeweiligen Land unterhalten kann, ist die Erfahrung viel wertvoller.“ Besonders geprägt habe ihn seine Reise nach Japan im letzten Jahr. „Das Land ist von allen Aspekten her absolut empfehlenswert“, schwärmt er. 

In die Ferne ziehen wird es ihn auch in diesem Sommer wieder, wohin ist noch nicht ganz klar: „Türkei oder Marokko wären spannende Länder, aber auch der Norden Europas ist ein schönes Reiseziel.“

Wichtig ist, dass man sich auf die Sachen konzentriert, die man ändern kann und nicht auf die, die man nicht ändern kann.

Dominik Huber

Im Allgemeinen sei er jemand, der sich viele Gedanken über das Leben macht. Das merkt man auch an seiner ausführlichen Antwort auf die Frage, welchen Rat er seinem Ich aus dem Heimweh-Interview vor acht Jahren geben würde. Wenn ihn das Leben etwas gelehrt habe, dann sei das wohl, dass man sich gar nicht so viele Gedanken machen brauche, schmunzelt er, schließlich würde sich das meiste von selbst ergeben: „Wichtig ist, dass man sich auf die Sachen konzentriert, die man ändern kann und nicht auf die, die man nicht ändern kann.“ 

Wer das Leben mit dieser Einstellung betrachtet, kommt wohl auch besser mit dem Nordtiroler Föhn zurecht, denke ich mir, als wir das Café verlassen. Schließlich ist das auch eine Sache, die man nicht ändern kann. Dominik spaziert aber bestimmt mit Rückenwind nach Hause – und durchs Leben. 


Zwischen 2014 und 2016 befragten die Künstlerin Linda Steiner und das Redaktionsteam von Dolomitenstadt mehr als hundert Studierende mit Osttiroler Wurzeln nach ihren Zukunftsplänen und -träumen. Wir nannten die Interviewserie „Heimweh“. Jahre später laden wir die Gesprächspartner:innen von damals in der zweiten Staffel Heimweh 2.0 erneut zum Interview. Was hat sich seither getan in dieser besonders spannenden Phase des Lebens?

Anna Maria Huber schreibt als freie Autorin nicht nur für dolomitenstadt.at sondern auch für die Straßenzeitung 20er. Annas Stärken sind penible Recherchen und die Fähigkeit, komplexe Inhalte in klare und verständliche Artikel zu verwandeln.

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Dominik Huber studiert in Innsbruck und verbringt seine Wochenenden gern in Osttirol.

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