Ob Jugendliche mit ihrer Lehrstelle zufrieden sind, hängt stark von der gewählten Branche ab. Zufrieden mit den betrieblichen Rahmenbedingungen sind vor allem Lehrlinge in der Industrie in den Bereichen Metallbearbeitung, Hochbau und Kunststofftechnik, aber auch in Banken oder in der Verwaltung, zeigt eine Befragung von Arbeiterkammer und Gewerkschaftsbund (ÖGB) unter rund 4.700 Lehrlingen. Unzufriedenheit herrsche hingegen in den „Problemberufen“ in Tourismus, Gastgewerbe und Hotellerie.
In diesen Branchen seien Lehrlinge auch häufiger mit Mobbing konfrontiert und würden direkt nach dem Lehrabschluss aussteigen, erklärte Norbert Lachmayr vom Österreichischen Institut für Berufsbildungsforschung am Mittwoch, 7. März, bei einem Pressegespräch. AK und ÖGB sehen in der Qualität der Lehrausbildung auch den Grund für den Personalmangel in bestimmten Branchen.
„Die Betriebe müssen selbst erkennen, dass sie etwas tun müssen, wenn sie zu wenig Fachkräfte haben.“
Wolfgang Katzian, ÖGB-Präsident
„Die Betriebe müssen selbst erkennen, dass sie etwas tun müssen, wenn sie zu wenig Fachkräfte haben“, sagte ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian. Es sei keine Lösung, die Liste der Mangelberufe ständig anzuheben. AK-Präsidentin Renate Anderl zeigte sich bestürzt, dass ein Drittel der befragten Lehrlinge angab, zumindest einmal beleidigt, belästigt, bedroht oder bloßgestellt worden zu sein. Bei Frauen waren es sogar 40 Prozent. Ungerechtfertigte Kritik, schreien oder schimpfen sowie die Zuteilung von unbeliebten Arbeitsaufgaben standen laut der Umfrage ganz oben. Zwölf Prozent berichteten zudem von sexueller Belästigung und zehn Prozent von der Androhung von Gewalt.
Besonders betroffen von all diesen Dingen seien Lehrlinge im Tourismus, Gastgewerbe und der Hotellerie, in den Sparten Gesundheit, Medizin und Pflege sowie in den Bereichen Lebensmittel, Genussmittel und Ernährung. Für Richard Tiefenbacher, Vorsitzender der Gewerkschaftsjugend (ÖGJ), sei der aktuelle Lehrlingsmonitor „alarmierend“. Junge Leute würden nicht die Wertschätzung und Sicherheit bekommen, die ihnen zustehe.
Katzian kritisierte, dass eine regelmäßige Dokumentation der Ausbildung oder regelmäßige Besprechungen des Ausbildungsfortschrittes bei vielen der befragten Lehrlinge fehlten. Zudem gab ein Drittel an, ausbildungsfremde Tätigkeiten leisten zu müssen. „Dass wir heute noch darüber diskutieren müssen, ob ein Lehrling das Auto vom Chef putzen soll oder für andere Jause holen soll, ist schon längst nicht mehr zeitgemäß“, sagte Anderl.
Jeder vierte Lehrling absolviert regelmäßig Überstunden, nicht alle freiwillig. Zwölf Prozent gaben an, Überstunden nicht bezahlt oder zeitlich abgegolten zu bekommen. Tiefenbacher forderte 1.000 Euro Lehrlingsentschädigung im ersten Lehrjahr – unabhängig von der Branche. Anderl erneuerte die Forderung nach einem Ausbildungsfonds. Betriebe, die Lehrlinge ausbilden, sollen so gefördert werden.
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