Stefan ist ein waschechter Lienzer und gemeinsam mit seinen Eltern und seinem jüngeren Bruder, der mittlerweile ebenfalls außerhalb Osttirols lebt, in der Sonnenstadt aufgewachsen. Nach der Matura am BORG Lienz und dem Absolvieren des Zivildienstes zog es Stefan für zwei Jahre nach Innsbruck. Seit 2013 lebt und arbeitet er in der steirischen Landeshauptstadt Graz.
Seit dem ersten Heimweh-Interview vor neun Jahren hat sich einiges getan. Nach dem Abschluss seines Bachelor-Studiums in Physiotherapie an der FH Joanneum Graz verschlug es Stefan direkt in die Praxis: „Mein Arbeitsweg hat 2017 im LKH Graz, genauer gesagt auf der Neuro-Chirurgie, begonnen und fünf Jahre angedauert“. Ein spannendes und spezielles Aufgabenfeld, das allerdings auch relativ enge Gestaltungsmöglichkeiten mit sich brachte, denn: „Als Physiotherapeut ist man natürlich sehr viel breiter ausgebildet, als es auf einer speziellen Station in Krankenhäusern etc. gefordert ist.“ Neben seiner Tätigkeit im LKH Graz war der Osttiroler selbst aktiver Fußballer – diese Karriere hat er mittlerweile beendet. Neben seiner aktiven Rolle als Spieler war Stefan damals bereits nebenbei als Therapeut in ebendiesem Verein tätig.
Ehemalige Studienkolleginnen inspirierten Stefan zu einem weiteren Schritt in Richtung Bildung: „Den Master in Sportphysiotherapie, der österreichweit nur in Salzburg angeboten wird, hatte ich immer schon im Hinterkopf. Zwei meiner Bachelor-Studienkolleginnen haben diesen Studiengang absolviert und mich unabhängig voneinander gefragt, ob das nicht etwas für mich wäre.“ Eine Bewerbung folgte. Da das Studium so beliebt ist und nur wenig Leute pro Jahrgang aufgenommen werden, gibt es laut Stefan eine Warteliste auf einer „first come, first serve“ Basis. „Die Wartezeit dafür betrug damals drei Jahre, mittlerweile sind es glaube ich schon vier oder fünf.“ Aufgrund einiger Absagen erhielt der Osttiroler schlussendlich bereits nach zwei Jahren Wartezeit den Studienplatz.
Auch, wenn sich die Masterarbeit laut Stefan „nicht von selbst schreibt (lacht)“, beschreibt er seinen bisherigen (Aus-)Bildungsweg als eine für ihn perfekte Entscheidung. „Ich kann mit Menschen arbeiten, ihnen helfen. Reich wird man in meinem Bereich nicht, aber das muss ja nicht die Voraussetzung sein. Ich habe einen Job, bei dem ich nicht arbeiten gehen MUSS, sondern DARF.“ Während der Master-Ausbildungszeit in Salzburg erfolgten ein Jahr Bildungskarenz und der Wechsel in ein Institut.
Seit September 2023 ist Stefan hauptberuflich bei einem Fußballverein als Physiotherapeut angestellt. Der Verein ist kein unbekannter in Österreich: „Ich bin bei Sturm Graz angestellt, einem der besten Fußballclubs Österreichs. Die Sportler dort spielen auf einem sehr hohen Niveau und verdienen auch ein gutes Geld.“ Er arbeitet in einem Team von drei Physiotherapeuten und drei Masseuren, die ausschließlich die Kampfmannschaft (ein Kader von ca. 30 Leuten) betreuen. Eine intensive Arbeit, denn: „Wochenends und abends sind natürlich Spiele, auch Dienstreisen stehen regelmäßig am Programm. 2023 waren wir in Polen, Portugal und Italien für internationale Spiele und Co.“. Die Freizeit kommt trotzdem nicht zu kurz, da sich das Betreuerteam Einsätze so aufteilt, dass ein bis zwei freie Tage pro Woche möglich sind.
„Es gibt einen sehr umfangreichen Trainingsplan, der je nach Spielplan unterschiedlich gestaltet ist.“ Das Betreuerteam ist bei Trainings und Spielen vorher, währenddessen und danach anwesend. Manchmal wird an jedem Tag der Woche trainiert oder gespielt, da kommt man mit dem klassischen 40-Stunden System nicht aus. Allgemeine Urlaubszeiten für das Team gibt es, diese seien logischerweise an der Fußballmeisterschaft orientiert. „Wir hatten bis Mitte Dezember Bewerbe und ich habe eine Woche länger mit einem unserer verletzten Spieler gearbeitet. Nach einer kurzen Weihnachtspause beginnt das Training Anfang Januar. Anschließend geht es bis zum vorletzten Mai-Wochenende weiter, bevor wir nach der kurzen Sommerpause Mitte/Ende Juni wieder starten.“ Fix vorgegebene Urlaubszeiten seien in diesem Bereich gang und gäbe.
„Mit meiner aktuellen beruflichen Situation bin ich sehr zufrieden, ich finde die neue Aufgabe, mit motivierten jungen Leuten zu arbeiten, wirklich spannend.“ Stefans Ziel im Spitzensport zu arbeiten hat er somit erreicht.
„(…) wenn mich jemand fragt, woher ich komme, sage ich immer, dass ich ein Osttiroler bin.“
Stefan Karré
Der Freizeitsport habe ihn ebenfalls nie verlassen: „Wenn ich Zeit finde, bewege ich mich gerne und schaue, dass ich unterwegs bin. Auch, wenn sich das im Vergleich zur Studienzeit schon reduziert hat.“
Eine Heimkehr nach Osttirol hat Stefan nie ausgeschlossen und ab und zu bereits in Erwägung gezogen. „Es wären sicher berufliche Möglichkeiten gegeben. Ich glaube, wenn man als Physiotherapeut weiß was man tut und kann, kann man überall arbeiten und Klient:innen finden.“ Bisher habe sich das jedoch für ihn nicht ergeben und „ich war noch nie jemand, der die Zukunft streng plant“, erzählt der Lienzer.
Eine dauerhafte Tätigkeit im Spitzensport ist für Stefan nicht in Stein gemeißelt. „Ich weiß nicht, ob ich das für immer machen werde, da es natürlich mit viel Aufwand, Zeit und verplanten Wochenenden verbunden ist. Ich bin aber derzeit sehr zufrieden und würde dem Job in der näheren Zukunft gerne weiterhin treu bleiben.“ Privat und beruflich aufkommende Möglichkeiten lasse er auf sich zukommen. „Ich bin wie gesagt nicht der große ‚Pläne-Schmieder‘ – bisher ist es immer so gekommen, wie es kommen sollte.“
Der Bezug zu seiner Osttiroler Heimat hat sich definitiv verändert. „Ich kann nicht mehr so oft daheim sein, wie ich es früher war. Wenn mich aber jemand fragt, woher ich komme, sage ich immer, dass ich ein Osttiroler bin. Das wird auch immer so bleiben.“ Derzeit kommt Stefan fix an Weihnachten heim, ansonsten aber eher zu bestimmten, wichtigen Terminen wie unter anderem an Geburtstagen und zu Hochzeiten.
„Nimm das Leben nicht zu ernst und schau‘, dass du an dem, was du tust Spaß hast!“
Stefan Karré
Wenn Stefan die vergangenen neun Jahre Revue passieren lässt, zeigt er sich dankbar. „Mein Studium war nicht leicht und ich bin im Nachhinein wirklich froh, dass ich es durchgezogen habe. Auch mit meinen beruflichen Entscheidungen bin ich zufrieden und ich bereue nichts. Ich kann nicht klagen und bin gespannt, was in Zukunft noch kommen wird!“
Über Ratschläge, die er seinem 23-Jährigen Ich geben würde, meint er abschließend: „Schwierig – ich akzeptiere viele Sachen und versuche, aus den jeweiligen Situationen immer das Beste zu machen, egal ob gut oder schlecht. Ich probiere, positiv zu sein und das Gute in allem zu sehen.“ Abschließend verrät er seinen wichtigsten Leitsatz: „Mache das gern, was du tust, dann machst du es gut!“
Zwischen 2014 und 2016 befragten die Künstlerin Linda Steiner und das Redaktionsteam von Dolomitenstadt mehr als hundert Studierende mit Osttiroler Wurzeln nach ihren Zukunftsplänen und -träumen. Wir nannten die Interviewserie „Heimweh“. Jahre später laden wir die Gesprächspartner:innen von damals in der zweiten Staffel Heimweh 2.0 erneut zum Interview. Was hat sich seither getan in dieser besonders spannenden Phase des Lebens?
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