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Drogenkonsum von Jugendlichen steigt stark an

Verachtfachung intensivmedizinischer Behandlungen an der Innsbrucker Klinik. „Stiefmütterliche“ Beratung in Osttirol.

„Ich halte das alles einfach nicht mehr aus“ und „mir ist alles mittlerweile egal“, sind laut Kathrin Sevecke der Leiterin der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Hall in Tirol, oft getätigte Aussagen von Jugendlichen, die in Folge von Suchtmittelkonsum an der Kinder- und Jugendpsychiatrie behandelt werden. „Auffallend ist, dass die betroffenen Jugendlichen alle Substanzen einnehmen, die sie im Moment beschaffen können“, sieht Sevecke im Vorfeld eines Kongresses, der sich mit dem Substanzkonsum von Jugendlichen beschäftigt, eine eindeutige Entwicklung seit der Corona-Pandemie.

Benzodiazepine, die vor allem in Beruhigungstabletten vorkommen, gehören genauso zu den konsumierten Suchtmitteln wie Kokain, Cannabis und Ecstasy-Pillen. Diese Art des Mischkonsums hat zu einer dramatischen Entwicklung an der Kindernotfallambulanz geführt. „Zum Teil sehen wir eine Verachtfachung von intensivmedizinischen Behandlungen“, erklärt Klaus Kapelari, der Leiter der Kindernotfallambulanz an der Innsbrucker Klinik. Von 350 Notfallaufnahmen mit einer Intoxikation mussten im Jahr 2022 71 stationär behandelt werden. 2023 war diese Zahl mit 50 stationären Aufnahmen leicht rückläufig.

Kathrin Sevecke und Klaus Kapelari präsentieren alarmierende Zahlen. Immer mehr Jugendliche konsumieren eine gefährliche Mischung aus unterschiedlichen Drogen. Foto: Dolomitenstadt/Schlager

Während Mädchen häufiger in Folge von Suchtmittelkonsum behandelt werden, sind es vorwiegend Burschen, die intensivmedizinische Behandlung benötigen. „Meist handelt es sich um Reanimationssituationen nach Atem- oder Kreislaufstillständen ausgelöst durch Stubstanzenkonsum. Die Kinder sind zum Teil 12 oder 13 Jahre alt“, macht Kapelari außerdem darauf aufmerksam, dass der Suchtmittelkonsum immer früher beginnt.

Wie die beiden Mediziner:innen sieht auch Gerhard Jäger von der Jugend-Drogenberatung Z6 im Telefonat mit Dolomitenstadt die psychische Belastung der Jugendlichen als Grund für den Drogenkonsum. „Die Jugendlichen versuchen ihre Probleme mit Benzodiazepinen und Opioiden zu beruhigen. Während bei Cannabis-Konsum nicht zwangsläufig eine psychische Erkrankung für den Konsum verantwortlich ist, sind Konsument:innen von Benzodiazepinen und Opioiden fast zu 100 Prozent psychisch belastet“, so Jäger. Besonders der Konsum von Kokain habe zugenommen. Während der Preis anderer Suchtmittel gestiegen sei, ist der Kokainpreis seit 20 Jahren stabil. Auch das Darknet spiele beim Erwerb der Drogen eine wichtige Rolle und auch der Weiterverkauf von Beruhigungstabletten auf der Straße spiele eine gewichtige Rolle, sagt Kapelari.

„Nur wenn die Jugendlichen nach Innsbruck zum Ausgehen kommen, haben wir die Möglichkeit jene aus Osttirol zu erreichen“

Klaus Kapelari, Leiter Kindernotfallambulanz an der Innsbrucker Klinik.

Wie Kathrin Sevecke berichtet, sind die Betroffenen nicht in einzelnen sozialen Schichten anzutreffen. Wer kein gefestigtes soziales Umfeld hat, kippt einfacher in eine Spirale aus Ausweglosigkeit und dadurch zum Konsum von Suchtmitteln. Auch der Wohnort spielt beim Konsum keine Rolle. Das Angebot der Beratung hingegen schon. So sehen Kapelari, der auch regelmäßig Beratungen im Z6 anbietet, als auch Jäger Osttirol „stiefmütterlich“ behandelt. „Nur wenn die Jugendlichen nach Innsbruck zum Ausgehen kommen, haben wir die Möglichkeit jene aus Osttirol zu erreichen“, erklärt der Leiter der Kindernotfallambulanz. Laut ihm sei es für die Jugendlichen wichtig, dass Eltern den Kontakt zu ihren Kindern halten und auch im Fall einer Sucht Verständnis für die Sicht der Kinder haben.

„Viele der Eltern berichten uns, dass ihnen der Suchtmittelkonsum der eigenen Kinder gar nicht aufgefallen sei“, so Sevecke, die jährlich auch rund 20 Osttiroler Kinder betreut. Sie appelliert an die Eltern, mehr auf Verhaltensauffälligkeiten der Kinder zu achten. Nachlassende schulische Leistungen können genauso ein Indiz sein, wie verschwundenes Geld oder die plötzliche Missachtung der eigenen Körperhygiene. Betroffene, die aufgrund ihres Suchtmittelkonsums in die Ambulanz eingeliefert werden, können sich sowohl stationär als auch ambulant helfen lassen. Der stationäre Aufenthalt in Hall ist auf sechs Wochen begrenzt. Kinder ab 14 Jahren dürfen selbst entscheiden, ob sie sich in Behandlung begeben oder nicht. Während Dreiviertel der Jugendlichen das Angebot anfangs wahrnehmen würden, gäbe es unter diesen viele, die die Behandlung auch wieder abbrechen.

Im Rahmen des Kongresses will Sevecke die Zusammenarbeit zwischen den Kliniken und den externen Beratungsstellen weiter forcieren. Sie sieht das Thema zwar bei der Politik angekommen, es brauche aber noch deutlich mehr Engagement. In der Kinder- und Jugendpsychiatrie fehlen etwa 50 Prozent der notwendigen Kapazitäten. Aktuell brauche es für Betroffene 15 bis 20 Telefonate, um überhaupt ein Erstgespräch zu erhalten. „Das ist nicht niederschwellig“, schließt Kapelari.

Michael Steger hat Politikwissenschaft studiert und arbeitet als freier Journalist in Innsbruck. Der versierte Reporter berichtet für Dolomitenstadt über aktuelle Themen rund um die Stadt- und Landespolitik.

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7 Postings

ErnstL
vor 11 Monaten

Im Stadtkeller, im Beck's, beim Lagerhaus Silo und am Bahnhof wird offen gedealt und konsumiert. Aber Lienz hat kein Drogenproblem... nein.

 
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isnitwahr
vor 11 Monaten

Früher war alles besser! Dieser Satz stimmt für mich in einem sicher: als ich noch ein Kind war, war unsere Mutter (als Hauptbetreuungsperson, der Papa war ja arbeiten) da, wenn wir von der Schule nach Hause kamen. Es gab unvorstellbar viel zu erzählen. Sorgen, Ängste und auch ganz tolles konnten wir Mama erzählen und wir wurden getröstet, Probleme besprochen oder wir haben gemeinsam gelacht, unsere Freizeit verbrachten wir mit unseren Freunden, wir haben gelernt zu streiten und haben uns wieder vertragen. Wir brauchten keine Nachmittagsbetreuung und schon gar keine "Mittel", um unsere Probleme zu "verdecken", denn verarbeiten kann man sie mit Substanzen sowieso nicht. Heute ist angesagt, dass die Mütter möglichst nach Verlassen des Kreisszimmers ihr Baby in Fremdbetreuung geben und wieder in Vollzeit arbeiten gehen. Dass Kinder hier Sorgen, Probleme aber auch Freude nicht mit Vertrauensperson besprechen und verarbeiten können, wenn die Eltern am Abend genervt mit einem Fertiggericht ( noch dazu vollgestopft mit Chemie), nach Hause kommen, liegt doch auf der Hand. Den Rest besorgt dann noch Social Media! Wenn hier kein Umdenken stattfindet, wird das Ganze noch Auswüchse annehmen, die wir uns heute gar nicht vorstellen können. Es spielt sicher noch viel anderes mit, aber ich bin überzeugt, dass das den Ausgangspunkt ganz vieler solcher Suchtprobleme darstellt.

 
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    mathilde1711
    vor 11 Monaten

    Gefällt mir sehr gut 👍 dieses Schreiben....so ist es nämlich! Leider 🥲

     
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didecik
vor 11 Monaten

Erstaunlich, naja eigentlich nicht.. Seit Jahrzenten sehr schlechte wenn nicht grauenhafte und unverantwortungsvolle Drogenpolitik gemischt mit Scheinheiligkeit und Realitätsfremden Einstellungen von den spezialisierten und angeblich informierten und sensibilisierten Politikern führt zu solchen Ergebnissen.

Wenn es leichter ist gestrecktes Zeug von einem 15 Jährigem zu kaufen als gute Zukunftsperspektiven zu haben ist das Problem doch Hausgemacht.

Da hilft auch nicht die ganz Tolle aufklärungsarbeit vom Land...

Es sollte doch ernsthaft über eine Regulierung und einer kontrollierten Abgabe von jeglichen Drogen an Personen ab 21 Jahren nachgedacht werden anstatt den Kopf in den Sand zu stecken und schlechte aufklärungsarbeit zu leisten und im gleichen Moment den Schwarzmarkt (wo es keine Qualitätskontrollen geben kann und wird) zu förden weil man eben niemals alle ach so Bösen Drogenringe sprengt. Besser wäre es die Polizei zu entlastn und eine Vernünftige Rechtsgrundlage zu schaffen und mit den Einnahmen gescheite Aufklärungsarbeit und den vernünftigen Umgang mit Suchterkrankten Personen zu schaffen. Leider wird bei uns Alkohol ja nicht einmal als Droge angesehen und im gleichen Verhältnis betrachtet als Cannabis Kokain oder LSD untereinander und ist damit nur ein weiters Zeugnis von Realitätsfremden Einstellungen und versagen der Politik.

 
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    lia
    vor 11 Monaten

    mehr straßen bedeutet mehr verkehr. leichtere verfügbarkeit von drogen bedeutet mehr abhängige.

     
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      didecik
      vor 11 Monaten

      Verstehe deine Ansicht. Meiner Meinung nach ist die Verfügbarkeit speziell für Kinder und Jugendliche doch höher und gefährlicher wenn die Drogen ohne Regulierung (Alterskontrollen und Qualitätskontrollen auf noch giftigere Streckmittel als die eigentliche Droge) am Schwarzmarkt von meist zwielichtigen Personen verkauft werden.

       
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arth
vor 11 Monaten

Habe mal ein kurzes Gespräch mit einem Beamten gehabt, der mir ziemlich forsch erklärte dass: wenn es keine Anzeigen bzw. Meldungen gibt, es somit auch keine Probleme mit Suchtmittel in Lienz gibt und aus!

 
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