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Sonderlandtag: Heftige Kritik an TIWAG und LH Mattle

Das Vorgehen des Landesenergieanbieters stand am Dienstag auf dem Prüfstand. Die Kommunikation wurde heftig kritisiert.

Am Dienstag tagte der Tiroler Landtag in einer außerplanmäßigen Sitzung. Die FPÖ, Liste Fritz und die Grünen hatten den Sonderlandtag in Folge der Kündigungswelle von Kunden der TIWAG beantragt. Die TIWAG ist zu 100 Prozent im Eigentum des Landes Tirol. Während der rund fünfstündigen Sitzung übten ausnahmslos alle Parteien teils heftige Kritik am Vorgehen des Landesenergieversorgers. Während die TIWAG im Jahr 2022 ihren Umsatz im Vergleich zum Vorjahr auf rund drei Milliarden Euro verdoppeln konnte und den operativen Gewinn auf 128 Millionen Euro steigerte, wurden im vergangenen Jahr mehrfach Preissteigerungen kommuniziert und Kündigungen von Altverträgen postalisch verschickt. Etwa 100.000 Tiroler:innen sollen diese Kündigung vor Weihnachten erhalten haben, „um Rechtssicherheit zu haben“, meint Landeshauptmann Anton Mattle.

Grünen Klubobmann Gebi Mair machte gleich in mehreren Sprachen darauf aufmerksam was er von der TIWAG und der Rolle von LH Mattle hält. Fotos: Dolomitenstadt/Steger

„Die TIWAG rodelt mit der Landesregierung durchs Land“, fasste Grünen-Klubobmann Gebi Mair das Vorgehen der TIWAG zusammen. Von „selbstverschuldeten Kommunikationspannen“ und einem „Skandal“ sprach FPÖ-Klubobmann Markus Abwerzger. Während mehr als 300.000 Stromkunden bereits neue Verträge unterschrieben hätten, gab Mattle ein Versprechen ab, dass niemandem, dem der aktuelle Vertrag gekündigt wird, einfach der Strom abgedreht werde. Die TIWAG sei im Krisenmodus, gestand Landeshauptmann Anton Mattle dennoch ein: „Wir brauchen die TIWAG für die Energieautonomie. Die TIWAG hat aber das Vertrauen in der Bevölkerung verloren“, nahm der Landeshauptmann Bezug auf die Kommunikation von Preissteigerungen und Vertragskündigungen.

LA Elisabeth Blanik sparte nicht an Kritik am Landesenergieversorger.

Diesem Befund schloss sich neben der Opposition auch der Koalitionspartner an: „Bei der TIWAG läuft schon lange einiges falsch. Dieses Totalversagen bei einem Unternehmen, das wirtschaftlich so gut aufgestellt ist, betrübt mich zutiefst“, so SPÖ-Abgeordnete Elisabeth Blanik, die auch das Vorgehen des TIWAG-Vorstands im Beteiligungsausschuss kritisierte. So habe Blanik unter anderem auf ihre Frage nach dem TIWAG-Gewinn im Kalenderjahr 2023 nur die Antwort, „es wird ein gutes Ergebnis sein“, erhalten.

Im Gegensatz zu Blanik kritisierte die Opposition auch das generelle Schweigen des Landeshauptmanns als Eigentümervertreter. „Sie verteilen Katastrophennoten an die TIWAG und nehmen sich selbst aus. Herr Landeshauptmann, sie ducken sich vor einem Management weg, dass niemand anderer als die ÖVP eingesetzt hat“, meinte beispielsweise Markus Sint von der Liste Fritz. Er kritisierte bei der Gelegenheit auch den geplanten Kraftwerksausbau im Kaunertal. Dieser sei nicht für die Energiesicherheit notwendig, sondern lediglich für die Gewinnmaximierung der TIWAG.

„Dass der Vorstand eines Landesunternehmens politische Vertreter im Beteiligungsausschuss ‚abschasselt‘, ist ein Skandal."

SPÖ Landtagsabgeordnete Elisabeth Blanik

Dass die TIWAG 100.000 Verträge kündigt, ohne dass der Eigentümer, vertreten durch den Landeshauptmann, etwas davon weiß, stellte die Opposition ebenfalls infrage. „Wer schweigt, wird als jemand angesehen, der zustimmt - Qui tacet, conentire videtur“, lieferte Klubobmann Gebi Mair auch gleich die lateinische Übersetzung zum an den Landeshauptmann gerichteten Sprichwort. „Quidquid agis, prudenter agas - Was immer du tust, tue es klug“, entgegnete ihm ÖVP Klubobmann Jakob Wolf.

Landeshauptmann Mattle schien hingegen bei manchen Fragen mit seinem Latein am Ende, und blieb dank des Koalitionspartners zahlreiche Antworten schuldig. Die von der Opposition eingebrachte dringliche Anfragebeantwortung fand keine Mehrheit. Die Antwort, was der Landeshauptmann von den Kündigungsschreiben vorab wusste, wird somit erst in fünf Wochen schriftlich ergehen. Deutlich informativer gab er sich jedoch bei der Auskunft über die Zukunft des Landesenergieversorgers. Dieser werde neu aufgestellt. Zwei neue Vorstandsposten sind ausgeschrieben und auch in Sachen Kommunikation soll es Neuerungen geben.

Dank des Koalitionspartners musste der Landeshauptmann etliche unangenehme Fragen nicht beantworten.

Deutlich schneller ging es dann mit dem Versprechen des Landeshauptmanns bezüglich der Stromversorgung von Kunden ohne aufrechte Verträge. Der Gemeinderat stimmte mehrheitlich für eine Novelle des Tiroler Elektrizitätsgesetzes, die diese Versorgung sicherstellen soll. Lediglich die Grünen stimmten dagegen. Sie hätten das Gesetz aufgrund offener Fragen lieber im entsprechenden Ausschuss behandelt. Mit den Stimmen der beiden Regierungsparteien wurden hingegen jene Anträge, die den Strompreis auf 12 Cent brutto gedeckelt und die Kündigung von 100.000 TIWAG-Kunden rückgängig gemacht hätten, abgelehnt. Zustimmung fand aber ein Antrag der Opposition, der die TIWAG-Satzung anpasst. Das „Ja zu kostengünstiger und leistbarer Energieversorgung für die Bevölkerung“ soll nun verankert werden.

Dominik Oberhofer bleibt bei der Forderung der Neos nach einem Tiwag-Untersuchungsausschuss.

Als einzige Partei fordern die Neos weiterhin einen Untersuchungsausschuss in der Causa rund um die TIWAG-Kündigungen. „Wir haben mit der TIWAG ein Unternehmen, das sich nicht an die Gesetze hält“, stellte Klubobmann Dominik Oberhofer fest. Jene Leute, die sich die Kündigung nicht gefallen lassen, bekommen alle Recht. „Holen wir uns die Leute der TIWAG in den Landtag herein“, will Oberhofer auch Druck auf die Führungsetage aufbauen. Seine Parteikollegin Birgit Obermüller plädierte einmal mehr dafür, die TIWAG auch in Sachen Schwimmbadbetrieb in die Pflicht zu nehmen. Gemeinden könnten es sich unter anderem wegen hoher Energiekosten nicht mehr leisten, ein Bad zu betreiben. Ein Vorbild will sich Obermüller an der Hall AG, den Innsbrucker Kommunalbetrieben und den Ländern Salzburg und Vorarlberg nehmen, dort seien ähnliche Modelle mit Energieanbietern als Betreiber bereits umgesetzt.

Michael Steger hat Politikwissenschaft studiert und arbeitet als freier Journalist in Innsbruck. Der versierte Reporter berichtet für Dolomitenstadt über aktuelle Themen rund um die Stadt- und Landespolitik.

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iseline
vor 11 Monaten

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